Mütter kämpfen um ihren Treffpunkt
Unbesetzte Stelle und Unsicherheiten bei den Honorarmittel sorgen im Shehrazad für Unruhe

Die Mütter fordern eine sichere Finanzierung ihres Familienzentrums. | Foto:  Theresa
  • Die Mütter fordern eine sichere Finanzierung ihres Familienzentrums.
  • Foto: Theresa
  • hochgeladen von Susanne Schilp

Die Mütter vom Familienzentrum Shehrazad in der Roseggerstraße 9 schlagen Alarm. Die Koordinatorin hat zu Ende Februar gekündigt, eine neue ist noch nicht eingestellt. Außerdem steht anscheinend eine empfindliche Kürzung der Honorarmittel in Aussicht.

Das Sherazad ist das einzige kommunale Familienzentrum in Neukölln und daneben das einzige, das sich ausschließlich an Frauen mit Kindern bis zu sechs Jahren wendet. Ein Schutz- und Freiraum, der dringend gebraucht wird, wie Gisela Fahlbusch, eine der Mütter, sagt. Das Haus ist täglich von 9.30 bis 17.30 Uhr geöffnet, auch am Wochenende. Mindestens 40 Frauen mit Kindern sowie Schwangere kommen jeden Tag vorbei, viele spontan. Sie tauschen sich aus, knüpfen Kontakte. „Manche treffen sich dreimal in der Woche zur Krabbelgruppe. Das ist wie ein zweites Wohnzimmer“, so Besucherin Antonia Restemeier. „Früher hatte man vielleicht eine große Familie, heute braucht es Zentren. Mir gibt das hier ganz viel“, ergänzt Gisela Fahlbusch.

Ob das alles so bleibt, ist fraglich. Denn die festangestellte Koordinatorin war im wahrsten Sinne des Wortes eine Schlüsselfigur. Sie ließ Besucherinnen auch dann ein, wenn gerade keine der Honorarkräfte da war. „Nun kann es sein, dass Frauen vor der Tür stehen“, so Fahlbusch. Die Mütter selbst und auch ehrenamtliche Helferinnen täten ihr Möglichstes, um Ausfälle aufzufangen. Das hätten sie auch in der Vergangenheit schon getan, aber das reiche nicht.

Ausschreibung läuft

Das Ausschreibungsverfahren für die Stelle laufe, es lägen auch Bewerbungen vor, so Bezirksamtssprecher Christian Berg. Nun müsse das Besetzungsverfahren abgewartet werden. Damit sind die Mütter nicht zufrieden. Sie fordern weniger Bürokratie und eine schnelle Lösung oder zumindest eine Zwischenlösung. Geeignete Interessentinnen für den Posten gebe es genügend. Allerdings fehlten den meisten die staatliche Anerkennung als Sozialarbeiterin, auf die der Bezirk beharre. „Wir wollen aber, dass das Shehrazad weiterhin wie gewohnt öffnen kann, mit oder ohne staatliche Anerkennung“, so Fahlbusch.

Christian Berg hingegen hält eine Qualifikation als Sozialarbeiterin oder Sozialpädagogin für notwendig, um den Aufgaben in dem „interkulturell und feministisch ausgerichteten Familienzentrum mit hohem Beratungsanteil“ gerecht zu werden, wie er sagt. Die Einstellung einer Quereinsteigerin sei darüber hinaus verwaltungstechnisch sehr schwierig. Ein solches Prozedere könne ein Jahr lang dauern.

Doch die Stellenbesetzung ist nicht das einzige Problem im Shehrazad. Die Einrichtung lebt von den rund zehn Honorarkräften. Sie bieten Kurse an, in denen gespielt, sich bewegt und entspannt, musiziert und gesungen wird. Fachfrauen beraten zum Stillen, zu Gesundheits- und Entwicklungsfragen und empfehlen den Müttern weitere Anlaufstellen. Und sie fangen sie bei Problemen auf. Denn die gibt es in den meisten Fällen, wenn aus einem Paar eine Familie wird.

Ausweichen nicht möglich

Nun ist den Besucherinnen zu Ohren gekommen, dass die Honorarmittel um 15.000 Euro gekürzt werden sollen. In ihren Augen eine Katastrophe. „Rein rechnerisch müsste das Shehrazad dann Ende September für den Rest des Jahres schließen“, so Antonia Restemeier. Das Geld sei schon heute sehr knapp. Ein Ausweichen auf andere Einrichtungen komme ebenfalls nicht infrage. Das Familienzentrum am Körnerpark sei beispielsweise so überfüllt, dass sogar schon die Wartelisten für Kurse geschlossen werden mussten.

Bezirksamtssprecher Berg betont, dass von "Kürzungen" keine Rede sein könne. Allerdings habe das Shehrazad in den vergangenen zwei Jahren jeweils zusätzlich 15.000 Euro bekommen, die in anderen Bereichen abgezweigt werden konnten. Ob das wieder möglich ist, sei derzeit nicht absehbar. Immerhin könne er versichern, dass das Familienzentrum nicht geschlossen werde und der Betrieb aufrechterhalten bleibe.

Auch das ist keine Selbstverständlichkeit. Im vergangenen Sommer hatte der Neuköllner Bürgermeister Martin Hikel (SPD) angesichts drohender Haushaltskürzungen für den Bezirk eine Streichliste vorgelegt. Auch das Shehrazad stand zur Diskussion. Die Mütter protestierten lautstark und mit Erfolg. Der Mietvertrag wurde bis Herbst 2025 verlängert. Danach könnte sich allerdings einiges verändern. Laut Bildungsstadträtin Karin Korte (SPD) ist es beispielsweise möglich, dass sich das Shehrazad in Zukunft Räume mit anderen Projekten teilen muss.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

25 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Spezialitätenrestaurant "Yummy Kitchen" in der Zossener Straße ist imer einen Besuch wert.
6 Bilder

Yummy Kitchen
Köstlichkeiten aus der südindischen und sri-lankischen Küche

Seit 2021 existiert das Spezialitätenrestaurant "Yummy Kitchen" im angesagten Kreuzberger Kiez und lädt Liebhaber der südindischen und sri-lankischen Küche zum ausgiebigen Schlemmen und Genießen ein. So wundert es nicht, dass sich die Location, die über Innenplätze auf zwei Ebenen sowie einen gemütlichen Außenbereich verfügt, zu einem geschätzten Treffpunkt gemausert hat, der zahlreiche Berliner Stammgäste, aber auch Touristen aus dem In- und Ausland regelmäßig begrüßt. Verkehrsgünstig und...

  • Kreuzberg
  • 26.04.24
  • 782× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Vernachlässigen Sie nicht Ihre Füße. Dieses wichtige Körperteil trägt uns durchs Leben.

Probleme und ihre Lösungen
Probleme rund um den ganzen Fuß

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Sobald Beschwerden auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen Einblicke in die Anatomie des Fußes und behandeln gezielt Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen. Erfahren Sie mehr über Fußprobleme wie Achillessehnenbeschwerden,...

  • Hermsdorf
  • 25.04.24
  • 779× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Veggie & Vega in der Gneisenaustraße 5.
6 Bilder

Veggie & Vega Restaurant
Gesundes Essen mit exzellentem Geschmack

Seit Frühjahr 2023 existiert das Restaurant Veggie & Vega in Kreuzberg, das eine Vielzahl an vegetarischen sowie veganen Speisen aus der (süd)indischen Küche anbietet. "Gesund" lautet hier dementsprechend das Motto, wobei alle Gerichte durch die spezielle Komposition von frischen Zutaten und den ganz passenden Gewürzen zu einem wahren Gaumenschmaus fusionieren. Die vegetarische oder vegane Ernährungsform ist seit Langem nicht nur ein Trend, sondern vielmehr eine Lebenseinstellung, der immer...

  • Kreuzberg
  • 25.04.24
  • 733× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Hüftschmerzen beeinträchtigen Ihr Leben? Lassen Sie sich nicht länger quälen! | Foto: milangucic@gmail.com

Schonende OP-Methode
Patienteninfo: Wenn die Hüfte schmerzt

Hüftschmerzen beeinträchtigen Ihr Leben? Lassen Sie sich nicht länger quälen! Entdecken Sie die neuesten Wege zur Befreiung von Hüftschmerzen auf unserem Infoabend. Unser renommierter Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums, Tariq Qodceiah, führt Sie durch die modernsten Methoden bei Hüftoperationen. Erfahren Sie, wie die schonende AMIS-Methode eine minimalinvasive Implantation von Hüftprothesen ermöglicht und die Fast-Track-Behandlung eine rasche...

  • Hermsdorf
  • 26.04.24
  • 577× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 727× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 1.028× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.