Vom Softwareentwickler zum Stadtrat
Martin Federlein blickt auf das Jahr 1990 zurück

Für Martin Federlein war 1990 ein turbulentes Jahr, das er als Politik-Neuling zu bewältigen hatte. | Foto: Bernd Wähner
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Er war eine ganze Weile der dienstälteste Stadtrat Berlins: Martin Federlein.

Dass er einmal zwanzig Jahre dem Pankower Bezirksamt angehören würde, hätte er 1990 nicht gedacht. Dabei kam er in diesem turbulenten Jahr eher zufällig ins Amt. „Ich leitete seinerzeit ein Softwareentwickler-Kollektiv im Zentrum für Organisation im Bauwesen“, berichtet Martin Federlein. Im Jahr 1989 begann er sich politisch zu engagieren. Das sei vor allem seiner Frau und seinen Söhnen zu verdanken, sagt er heute. Seine Söhne wollten ausreisen. „Meine Frau sagte: ‚Unsere beiden Kinder wollen hier raus, und du tust nichts.‘ Das hat mich motiviert, politisch aktiv zu werden.“ Seine politische Heimat war zunächst das Neue Forum.

In der Wendezeit entschied Martin Federlein, sich in der Pankower CDU stärker zu engagieren. Nach den ersten freien Kommunalwahlen in Ost-Berlin im Mai 1990 kam es in Pankow zu Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, SPD und Neuem Forum. Vor allem das Neue Forum stieß sich daran, dass die CDU jemanden als Stadtrat vorschlug, der schon zu DDR-Zeiten Stadtbezirksrat für Finanzen war. Als Alternative gab man den Tipp: Wie wäre es denn mit Martin Federlein. Der hatte bei uns mitgearbeitet, den kennen wir. Und der leistet solide Arbeit. „So rief mich eines Tages der damalige Pankower CDU-Vorsitzende Ulrich Eichler an und fragte: Willst du Stadtrat werden. Ich beriet mich mit meiner Frau. Außerdem wollte ich wissen, was mein Betriebsleiter dazu sagt. Mein Chef sagte: Mach das!“

Dank Schlips zum stellvertrenden
Bürgermeister gewählt

So wurde Martin Federlein zum Stadtrat für Wirtschaft, Finanzen und Wohnungswesen in Pankow gewählt. Aber zusätzlich musste noch ein CDU-Bezirksamtsmitglied zum stellvertretenden Bürgermeister gewählt werden. „Weil ich an diesem Tag einen Schlips trug und der andere Stadtrat nicht, wurde ich dann auch noch stellvertretender Bürgermeister“, sagt Federlein schmunzelnd. „So war das vor 30 Jahren eben.“

Doch dann begannen für den Politik-Neuling Monate harter Arbeit. „Vor allem mit der Währungsunion im Sommer 90 bekamen wir viel Arbeit auf den Tisch“, erinnert sich der inzwischen 74-Jährige. Da sei finanztechnisch vieles umzustellen gewesen. Auch die Immobilien, die er als Stadtrat mit seinen Mitarbeitern zu verwalten hatte, machten viel Arbeit. „Dazu gehörten zum Beispiel etliche Stasi-Objekte, wie die vom Bereich kommerzielle Koordinierung unter Führung von Alexander Schalck-Golodkowski.“ In diesem Zusammenhang erinnert sich Martin Federlein noch an einen besonderen Coup im Pankower Zentrum. „In der Nähe des Rathauses gab es seinerzeit ein Studentenwohnheim der Humboldt-Universität. Das war total heruntergekommen. Ich sah mir das seinerzeit mit dem damaligen Innenstadtrat Ost-Berlins, Thomas Krüger von der SPD, an. Gleich daneben stand ein Gebäude, das zu Schalck-Golodkowskis Bereich gehörte und super in Schuss war. Wir entschieden seinerzeit einfach, dass die Studenten in das bessere Gebäude umziehen, und das passierte dann auch.“

Familie wiedervereint

Auch der Tag der Deutschen Einheit brachte für den damaligen Stadtrat und seine Verwaltung wieder viel Arbeit. Denn nun waren alle Entscheidungen nach bundesdeutscher Gesetzgebung zu treffen. „Aber darauf konnten wir uns schon etwas vorbereiten“, sagt Federlein. Er könne sich auch noch gut an den Festakt zur Deutschen Einheit am 3. Oktober 1990 erinnern, den er daheim am Fernsehapparat verfolgte. „Im Hintergrund der Zeremonie waren Trillerpfeifen zu hören. Die Typen konnte ich nicht verstehen. Wir waren nun ein geeintes demokratisches Deutschland und die pfiffen dagegen.“

Bis zur Bezirksfusion blieb Martin Federlein Stadtrat. Nach kurzer Unterbrechung ist er dann erneut ins Bezirksamt gewählt worden. Er war zunächst für die Bereiche Stadtentwicklung und Verkehr zuständig, zuletzt für Bürgerdienste verantwortlich. Bis 2011 blieb Martin Federlein Stadtrat. Dann verabschiedete er sich mit 65 Jahren in den Ruhestand. Aber noch heute ist der frühere Stadtrat aktiv. Er ist zum Beispiel Präsident der SG Bergmann Borsig, einem der größten Sportvereine im Bezirk. Und auch im Förderverein Schloss und Garten Schönhausen engagiert er sich als Beisitzer im Vorstand.

Die Deutsche Einheit führte übrigens auch dazu, dass Federleins Familie wieder in einem gemeinsamen Land lebt. Er hat sieben Geschwister. Vier davon lebten in der Bundesrepublik, die anderen in der DDR. Seit dem Mauerfall konnte sich die Familie wieder problemlos treffen, nach dem 3. Oktober in einem wiedervereinten Deutschland.

Für Martin Federlein war 1990 ein turbulentes Jahr, das er als Politik-Neuling zu bewältigen hatte. | Foto: Bernd Wähner
Martin Federlein war am 3. Oktober 1990 Stadtrat. Es war ein turbulentes Jahr, dass er als Politik-Neuling zu bewältigen hatte.  | Foto: Bernd Wähner
Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

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