Flüchtlinge im Porträt: Alaa aus Syrien startet ein neues Leben in Berlin

Alaa weiß, wo es langgeht an der Technischen Universität Berlin. | Foto: Angelika Ludwig
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Alaa, ein 27-jähriger Mann aus Syrien, hatte Glück im Unglück. Seine Fluchtgeschichte ist anders als die der meisten Syrer. Ihm blieb die Balkanroute oder der Seeweg nach Europa erspart. Jetzt sitzt der sympathische Syrer in der TU-Mensa am Ernst-Reuter-Platz.

„Am Ende wurde mir meine Musikleidenschaft zum Verhängnis“, bemerkt Alaa nachdenklich. In einer Musikerfamilie groß geworden, wollte auch er Musik studieren. Doch sein Vater riet ihm von dieser „brotlosen Kunst“ ab. So startete der auch an Naturwissenschaften interessierte Abiturient ein Studium der Geotechnologie in Damaskus. Die Musik gab er nie ganz auf. Die Oud, eine arabische Laute, wurde auch während des Studiums seine ständige Begleiterin. In der Freizeit musizierte er in einer Band. Einige Videos des Quintetts tauchten dann plötzlich in YouTube auf. Die Musiker hatten regimekritische Songtexte produziert, weshalb sich jetzt der junge Mann nicht mehr in die Universität traute. Er versteckte sich bei seiner Familie in der syrischen Stadt as-Suwaida. Nachdem auch das Orient TV, ein Sender aus Dubai, die Videos in ihrem Programm zeigte, blieb die Reaktion der syrischen Stasi nicht lange aus: Die Sängerin der Band musste Rede und Antwort stehen. Sie kam mit dem Schrecken davon und Alaa entschloss sich danach, sein Land und seine Familie zu verlassen, bevor auch er in die Fänge der Behörde geriet.

Im Taxi über die Grenze

Mit Hilfe seines Taxi fahrenden Onkels schaffte er es über die Grenze in den Libanon zur deutschen Botschaft. Studenten werden während des Studiums in Syrien nicht zum Militärdienst eingezogen und so gab es an der Grenze keinen Anlass, Alaa aufzuhalten und als Fahnenflüchtigen zu verdächtigen. Die Zigaretten, die der Onkel immer für die Grenzer in der Tasche hatte, gestalteten dann die Fahrt problemlos. Nach mehrmaligen Reisen nach Beirut und Diskussionen mit den deutschen Behörden flog Alaa endlich im November 2015 von Beirut nach Berlin, mit einem Visum für drei Monate in der Tasche. Dafür mussten 8700 Euro auf einem Konto nachgewiesen werden. „Mein Vater hat alles verkauft, was Geld brachte, und die Summe zusammenbekommen.“ So konnte Alaa die ersten Monate hier in Berlin überbrücken, bezahlte davon einen Deutschkurs, Miete, Lebenshaltungskosten und konnte sich um einen Studienplatz in Berlin kümmern.

"Es war wie im Traum"

„Es war wie im Traum, die noch vor Kurzem bewunderten TV-Bilder von Deutschland waren auf einmal real.“ Durch einen Asylantrag konnte der junge Syrer seinen Aufenthaltstitel erst einmal auf acht Monate erweitern. Alaa schrieb sich in das TU-Studienkolleg-Programm ein, lernte in kurzer Zeit Deutsch und bestand den Test Ende 2016. „Mein Bachelorabschluss wurde anerkannt und ich kann hier meinen Master machen.“ Alaa ist glücklich: „In Berlin kann ich in Frieden leben, Musik machen und studieren. Mein Leben hat eigentlich erst hier und jetzt richtig angefangen.“

Zum Verständnis beitragen

Alaa lebt in einer WG in Prenzlauer Berg und kann bleiben, um sein Studium abzuschließen. Auch in Berlin sieht man ihn in seiner Freizeit mit der Oud. Er spielt in verschiedenen Bands und ist stellvertretender Leiter eines Chors. „Ich finde es toll, der arabisch-klassischen Musik einen modernen Anstrich zu geben. So werden musikalische Brücken zwischen verschiedenen Stilrichtungen gebaut und ich kann hier in Berlin etwas zum Verständnis der Musik meiner Heimat beitragen.“ Doch die Wissenschaft ist deshalb nicht vergessen: Alaa freut sich auf seinen Masterabschluss und auf den Einsatz als Geotechniker – gerne auch in Deutschland.

Autor:

Angelika Ludwig aus Weißensee

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