Vanessa Arend-Martin kam über Kassel nach Berlin und baute sich in Teltow eine Existenz auf
„Mein Leben wäre ein anderes gewesen“
Für Menschen wie Vanessa Arend-Martin bedeutete die Deutsche Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 die Chance auf etwas Neues. Von Kassel zog sie nach der Wende nach Berlin, später mit ihrem Mann in den Speckgürtel, gründete eine Familie und baute sich eine Existenz auf, die es ohne Wiedervereinigung so nicht gegeben hätte.
Die Mauer war für Vanessa Arend-Martin irgendwie immer präsent. 1975 geboren, wuchs sie in Kassel auf. Ganz in der Nähe der sogenannten „Zonengrenze“. Obwohl das Zonenrandgebiet kein besonderes Thema war, fand sie es erschreckend, dass durch den Harz ein Zaun verlief und es nicht mehr weiterging.
Berlin als geteilte Stadt war für sie als Mädchen schon spannend. Dass sie aber einmal im Ostteil der Stadt studieren würde, hätte sie nicht gedacht. 1996 war es dennoch soweit. Sie begann ein Studium im Textil- und Flächendesign an der Kunsthochschule Weißensee. Nebenbei jobbte sie in einer großen Buchhandlung. Das gefielt ihr so gut, dass sie entschied, auch weiter im Buchhandel zu arbeiten. „Als mein Mann und ich dann 2000 ein Haus in Teltow ganz in der Nähe des Mauerweges kauften und ich feststellte, dass es im Ort seit Jahren keine Buchhandlung gibt, wollte ich meine eigene Buchhandlung eröffnen“.
2012 war es soweit: Sie wurde Inhaberin ihrer eigenen kleinen Buchhandlung „Buchkontor Teltow“. Ohne die „Deutsche Einheit“ hätte sie sicher keine Buchhandlung eröffnet. „Ich hätte Kunst studiert und wäre wahrscheinlich nach Berlin gezogen. Jetzt lebe ich im Speckgürtel von Berlin.“
Inzwischen fühlt sie sich im ehemaligen Osten heimisch. „Es hat sich auch viel getan“, findet sie und erwähnt Städte wie Schierke und Wernigerode im Harz, die sie kurz nach der Wende und Jahrzehnte später besucht hatte. Erst kürzlich war sie mit ihrem Mann Richard und ihren beiden Söhnen in Bautzen und Görlitz – „wunderschöne Städte“, schwärmt sie.
Aber auch in Teltow und der unmittelbaren Umgebung gibt es viele Veränderungen. Zum Positiven. Das Berliner Umland kennt sie zwar nicht aus DDR-Zeiten oder der Zeit unmittelbar nach der Wiedervereinigung. Aber viele Zeitzeugen haben ihre Erinnerungen in Bild und Wort festgehalten und in dem kleinen Verlag „Buchkontor Teltow“ veröffentlicht. Diesen Verlag hat Vanessa Arend-Martin gemeinsam mit ihrem Mann Richard gegründet.
„Wir verlegen vorwiegend Regionalia“. Viele Bücher des Repertoires befassen sich mit der Geschichte von Teltow, Stahnsdorf und Kleinmachnow während der Teilung und danach. Die Bilddokumentationen gepaart mit persönlichen Erinnerungen und Erlebnissen sei ein großer Erfolg gewesen. Im 30. Jahr der Deutschen Einheit gewähren sie Einblicke in die deutsche Zeitgeschichte.
Seit vier Jahren gibt der Verlag außerdem einen Fotokalender über das Teltower Land heraus und auch das Heimat-Magazin „Das Teltower Land“ zeigt anschaulich, die Entwicklung der ehemaligen ostdeutschen Gemeinde nach der Wiedervereinigung. Zwei bis drei Publikationen im Jahr werden über den kleinen Verlag veröffentlicht. „Die Autoren kommen auf uns zu“, freut sich Arend-Martin.
Zwischen Alteingesessenen und Zugezogenen gibt es also keine Grenzen mehr. Zumal die Arend-Martins inzwischen zu den „alten Zugezogenen“ zählen. „Wir sind inzwischen eingemeindet und fühlen uns wohl hier.“
Kontakt zum Verlag und zur Buchhandlung www.buchkontor-teltow.de.
Autor:Karla Rabe aus Steglitz |
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