"Ein Anfang, der wachsen darf"
Ins steinerne Kulturforum ist eine Baumschule eingezogen
Wenig Grün, kaum Schatten und viel Stein: Das Kulturforum gilt städtebaulich als „Problemkind“ unter Berlins Kulturorten. Das ändert sich jetzt. Eine Baumschule zieht auf das Gelände unweit vom Potsdamer Platz. Die ersten 80 Bäume stehen schon.
Auf der steinernen Piazetta staut sich die Hitze. Kaum Grün, das Schatten spendet, und gegenüber die Baustelle für das neue Museum des 20. Jahrhunderts. Wie viel reizvoller und luftiger es in der Architekturödnis namens Kulturforum aussehen könnte, merkt man erst, wenn die Bäume endlich da sind. Selbst wenn sie nur in Kübeln wachsen.
Die sind dafür aber riesig und stehen jetzt auf der Piazetta vor dem Café Estrade. In den Töpfen voller Erde wurzeln die ersten 80 jungen Bäume, rund 200 sollen es den Sommer über werden. Zusammen bilden die drei grünen Inseln aus Baumhainen die „Baumschule Kulturforum“. Die frei zugängliche künstlerisch-gärtnerische Rauminstallation entsteht zwischen Neuer Nationalgalerie, Gemäldegalerie, Kupferstichkabinett, Kunstbibliothek, Musikinstrumenten-Museum, Philharmonie und der St. Matthäus-Kirche. Zum künftigen Ensemble aus 21 verschiedenen Baumarten gehören auch schattige Sitzmöbel aus Holz und grüne Laubengänge.
Die Idee, die verbaute und unbelebte Architektureinöde zu begrünen, hatten die Stiftung St. Matthäus, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und die Neue Nationalgalerie. Die künstlerische Leitung hat Klaus Biesenbach, Direktor der Nationalgalerie, zusammen mit dem renommierten Berliner Landschaftsarchitekturbüro Atelier le balto übernommen. „Die große Vision hat begonnen“, sagte Hannes Langbein, Direktor der Stiftung St. Matthäus und Pfarrer der gleichnamigen Kirche zur Eröffnung. „Die Baumschule ist ein wunderbares Signal für ein grüneres und lebenswerteres Kulturforum“ und „eine große Einladung aller Nachbarinstitutionen.“ Und sie bringe den benachbarten Tiergarten ins Kulturforum. So, wie es einst angedacht war. Historisches Vorbild ist Mies van der Rohe. Der Architekt der Neuen Nationalgalerie wollte das Museum ursprünglich in eine grüne Insel stellen. Mit der Mini-Oase auf der Piazetta ist nun, 55 Jahre später, ein Anfang gemacht, "der wachsen darf", so Klaus Biesenbach.
Angekommen sind die jungen Bäume im Tieflader aus der Baumschule Lorberg im brandenburgischen Tremmen. „Wir haben sie dann erstmal ein bisschen zurückgeschnitten, damit sie besser wachsen“, erklärte Landschaftsarchitekt Marc Pouzol. Viel höher als jetzt werden die Bäumchen aber nicht. „Sie gehen eher in die Breite.“ Studenten der Universität der Künste (UdK) haben beim Anpflanzen geholfen. Die Pflege der Ahorne, Silber- und Trauerweiden, der Ulmen, Erlen, Zitterpappeln, der Honigbäume, Traubenkirsche und der vielen anderen robusten Baumsorten übernimmt eine Profifirma.
Die Bäume, finanziert von Stadt und Bund, bleiben bis Ende 2024 erstmal in den Kübeln. Bis dahin wollen alle Beteiligten über die langfristige Gestaltung des Kulturforums entscheiden. Berliner können die Baumschule bis Mitte September bei mehreren Gratisveranstaltungen näher kennenlernen. Erster Termin ist der 3. August. „Die Reise unter Bäumen“ startet um 17.30 Uhr am Kulturforum und dauert zwei Stunden.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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