Architekt Carl James Bühring ging mit der Schule an der Bernkasteler Straße neue Wege

Die Schule an der Bernkasteler Straße entstand Anfang des vorigen Jahrhunderts. | Foto: Sammlung des Vereins Weißenseer Heimatfreunde
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Das Gebäude Bernkasteler Straße 78 hat eine bewegte Geschichte. Seit elf Jahren kennt man es als Kultur- und Bildungszentrum (KuBiZ) „Raoul Wallenberg“. Zuvor war es jedoch eine der größten Schulen Weißensees.

Baubeginn für das Schulhaus war am 1. Dezember 1908 an der damaligen Straße 28. Diese erhielt etwa zwei Jahre später den Namen Bernkasteler Straße. Benannt wurde sie nach der Weinstadt Bernkastel-Kues am Mittellauf der Mosel. Architekt des Schulhauses war der Gemeindebaurat Carl James Bühring. Dieser hatte bereits eine Vielzahl von Bauten für Weißensee entworfen, darunter die damalige Stadthalle an der Pistoriusstraße und das Gymnasium am Kreuzpfuhl.

Bemerkenswert an Bührings Architektur bei dieser Schule war die Abkehr von den an Kasernen erinnernden Schulbauten, die in den Jahren zuvor in Neu-Weißensee entstanden waren. Bührings Neubau entsprach somit nicht den üblichen Normen für Gemeindeschulen, die den „unteren Schichten“ vorbehalten waren. Er arbeitete mit Rundungen und Vorsprüngen und legte ein als verspieltes Türmchen gestaltetes Treppenhaus an. Es war für damalige Verhältnisse wohl recht aufwendig gebaut worden.

Auf jeden Fall wurde der Wunsch der Gemeinde und des Architekten deutlich, auch von der Architektur her mehr auf die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen einzugehen. Bereits 1915 mussten die Schüler aber wieder aus ihrem neuen Schulhaus ausziehen. Bis zum Februar 1919 belegte ein Teil der Weißenseer Kriegsgarnison das Gebäude. Danach befand sich dort ein Depot der republikanischen Reichswehr. Erst 1920 konnte der Schulbetrieb wieder aufgenommen werden.

Eine weitere Zäsur in der Schulgeschichte folgte 1944 mit der Beschlagnahme des Gebäudes durch die Wehrmacht sowie durch die Belegung des Hauses als Durchgangslager für befreite Zwangsarbeiter und die nachfolgende Einquartierung von Rotarmisten unmittelbar nach Kriegsende. Erst im Herbst 1945 wurde das Haus wieder freigegeben, sodass erneut Unterricht beginnen konnte.

Zu DDR-Zeiten hatte dort die 5. Polytechnische Oberschule „Hans Grundig“ ihr Domizil, und nach der Schulreform Anfang der 90er-Jahre war dort die Raoul-Wallenberg-Oberschule beheimatet. Wegen des Rückgangs der Schülerzahlen in Weißensee wurde diese aber zum 31. Juli 2006 geschlossen.

Im darauffolgenden Jahr entschied das Bezirksamt, aus dem Haus ein Kultur- und Bildungszentrum zu machen. Dazu schloss es mit dem Verein trägerwerk einen Erbbaurechtsvertrag ab, der bis 2049 läuft. Heute haben im KuBiZ Vereine ihre Büros, es gibt den Jugendclub Bunte Kuh, eine offene Bühne, Selbsthilfewerkstätten, einen Umsonstladen, eine Bibliothek, ein Nachbarschaftscafé und Angeboten für Geflüchtete. Im Haus befinden sich des Weiteren Ateliers, und am Haus ein großer offener Garten.

Die Fassade ist inzwischen so bunt wie die Angebote im Haus. Nicht alle Nachbarn sind davon angetan. Für manchen ist das KuBiZ noch immer „gewöhnungsbedürftig“. Und natürlich habe es dort viel ordentlicher ausgesehen, als das Gebäude noch eine Schule war, sagen sie. Doch die heutigen Nutzer zeigen sich offen für alle, die mit ihnen ins Gespräch kommen möchten. Deshalb finden zum Beispiel immer wieder öffentliche Veranstaltungen und Tage der offenen Tür statt. Und Nachbarn können über das KuBiZ auch mehr im Internet auf www.kubiz-wallenberg.de erfahren.

Die Schule an der Bernkasteler Straße entstand Anfang des vorigen Jahrhunderts. | Foto: Sammlung des Vereins Weißenseer Heimatfreunde
Im Haus an der Bernkasteler Straße hat heute das KuBiZ seinen Sitz. Es sind überwiegend junge Leute, die es nutzen. | Foto: Bernd Wähner
Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

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