Manuela Miethe gestaltet mit viel Herzblut das Kinoprogramm

Weißensee. Am 9. November 1989 wurde die Berliner Mauer geöffnet. Seitdem entwickelte sich nicht nur die Stadt rasant, in den vergangenen 25 Jahren veränderte sich auch das Leben vieler Menschen radikal. In den kommenden Ausgaben stellt die Berliner Woche einige von ihnen vor.

Es ist das älteste Kino in der Stadt, das ununterbrochen in Betrieb ist: das Kino Toni am Antonplatz. Eröffnet wurde es 1919. Geleitet wird es seit 1986 von Manuela Miethe. "Ich studierte Anfang der 80er-Jahre Kulturwissenschaften. Mein Traum war es, mal ein Kulturhaus zu übernehmen", gesteht sie. "Am liebsten wäre mir das ,Peter Edel‘ an der Berliner Allee gewesen." Weil dort aber alle Stellen besetzt waren, landete sie erst einmal im Lichtenberger Kulturamt. Unter anderem organisierte sie Veranstaltungen, Stadtbezirksfeste und zeigte auch Kinofilme in Altenheimen. "Vor allem dadurch hatte ich einen guten Draht zur Bezirksfilmdirektion", erinnert sie sich.

Dann kam 1985 das Angebot, das Premieren-Kino Toni in Weißensee zu übernehmen. "Das ist nicht weit weg vom ,Peter Edel‘ - und Kino gehört ja auch zur Kultur, sagte ich mir damals. So begann ich am 1. Januar 1986", sagt Manuela Miethe. "Damals hatte das Kino nur einen Saal. Aber der hatte eine Bühne. Die wollte ich mehr nutzen. Deshalb zeigte ich nicht nur Filme, sondern holte Konzerte, Kabarett und Puppentheater ins Haus."

Außerdem organisierte die Kinoleiterin eine Film-Gesprächsreihe. "Ich zeigte kritische Filme, lud die Regisseure ein, und die erzählten die Geschichten zwischen den Zeilen. Die Reihe hatte eine riesige Resonanz. Sie war für die Zuschauer so etwas wie ein Ventil zum Luftablassen."

Die Nacht des Mauerfalls verpasste Manuela Miethe regelrecht. "Ich war auf einer Familienfeier. Da gab es kein Fernsehen. Ich habe das erst am nächsten Tag mitbekommen, als ich auf Arbeit kam", erinnert sie sich. "Mir war aber sofort klar, dass sich das Land und die Kino-Landschaft verändern werden." Die Bezirksfilmdirektion, die den Kinobetrieb im Osten Berlins organisierte, wurde aufgelöst. Ihre Filmtheater gingen an die Treuhandanstalt, die sie verkaufte. Etliche wurden geschlossen, manche sogar abrissen.

"Wir hatten das Glück, dass sich das Kino in einem Privathaus befand", erklärt Manuela Miethe. "Es gab noch drei ähnliche Kinos in Ost-Berlin. Man sagte uns, wir könnten die Kinos pachten, müssten aber sehen, wie wir mit den Hauseigentümern klarkommen." Das mit dem Pachten klappte allerdings nicht. Als DDR-Bürger ohne große Sicherheiten waren die Kinoleiter für die Banken nicht kreditwürdig. Deshalb schlug die Senatsverwaltung für Wirtschaft, die für diese vier Kinos nach der Vereinigung Berlins zuständig war, vor, die Filmtheater auszuschreiben und einen Käufer zu suchen. Allerdings sollte der Bezirk ein Mitspracherecht bei der Auswahl des Eigentümers haben.

Unter denen, die sich für das Kino Toni interessierten, war auch der Regisseur Michael Verhoeven. Manuela Miethe traf Verhoeven, und beide merkten sofort, dass auf gleicher Wellenlänge waren. Sie wollten keinen Mainstream zeigen, sondern ein Programm mit Anspruch gestalten. Am 1. Juli 1992 kaufte Michael Verhoeven das Haus nebst Kino von der damaligen Kommunalen Wohnungsverwaltung (KWV). Seitdem ist viel passiert. Bei fast pausenlosem Spielbetrieb wurde das Kino umgebaut. 1997 konnte mit dem Tonino ein zweiter Saal eröffnet werden.

Bei der Programmgestaltung lässt Verhoeven seiner Kinochefin freie Hand. Neben aktuellen Kino-Filmen zeigt sie auch Defa-Filme. "Unter dem Titel ,Der verbotene Film‘ präsentierten wir zum Beispiel DDR-Filme, die nach Fertigstellung verboten wurden" so Miethe. Des Weiteren finden Filmfestivals im Toni statt. Seit einigen Jahren ist das Filmtheater auch Berlinale-Außenstelle. Auch Lesungen, Vorträge und Diskussionen stehen auf dem Programm. So ist Manuela Miethe heute im besten Sinne eine Kulturhausleiterin, so wie sie sich das einst gewünscht hatte.

Bernd Wähner / BW
Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

83 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Spezialitätenrestaurant "Yummy Kitchen" in der Zossener Straße ist imer einen Besuch wert.
6 Bilder

Yummy Kitchen
Köstlichkeiten aus der südindischen und sri-lankischen Küche

Seit 2021 existiert das Spezialitätenrestaurant "Yummy Kitchen" im angesagten Kreuzberger Kiez und lädt Liebhaber der südindischen und sri-lankischen Küche zum ausgiebigen Schlemmen und Genießen ein. So wundert es nicht, dass sich die Location, die über Innenplätze auf zwei Ebenen sowie einen gemütlichen Außenbereich verfügt, zu einem geschätzten Treffpunkt gemausert hat, der zahlreiche Berliner Stammgäste, aber auch Touristen aus dem In- und Ausland regelmäßig begrüßt. Verkehrsgünstig und...

  • Kreuzberg
  • 26.04.24
  • 123× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Vernachlässigen Sie nicht Ihre Füße. Dieses wichtige Körperteil trägt uns durchs Leben.

Probleme und ihre Lösungen
Probleme rund um den ganzen Fuß

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Sobald Beschwerden auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen Einblicke in die Anatomie des Fußes und behandeln gezielt Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen. Erfahren Sie mehr über Fußprobleme wie Achillessehnenbeschwerden,...

  • Hermsdorf
  • 25.04.24
  • 239× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Veggie & Vega in der Gneisenaustraße 5.
6 Bilder

Veggie & Vega Restaurant
Gesundes Essen mit exzellentem Geschmack

Seit Frühjahr 2023 existiert das Restaurant Veggie & Vega in Kreuzberg, das eine Vielzahl an vegetarischen sowie veganen Speisen aus der (süd)indischen Küche anbietet. "Gesund" lautet hier dementsprechend das Motto, wobei alle Gerichte durch die spezielle Komposition von frischen Zutaten und den ganz passenden Gewürzen zu einem wahren Gaumenschmaus fusionieren. Die vegetarische oder vegane Ernährungsform ist seit Langem nicht nur ein Trend, sondern vielmehr eine Lebenseinstellung, der immer...

  • Kreuzberg
  • 25.04.24
  • 227× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Hüftschmerzen beeinträchtigen Ihr Leben? Lassen Sie sich nicht länger quälen! | Foto: milangucic@gmail.com

Schonende OP-Methode
Patienteninfo: Wenn die Hüfte schmerzt

Hüftschmerzen beeinträchtigen Ihr Leben? Lassen Sie sich nicht länger quälen! Entdecken Sie die neuesten Wege zur Befreiung von Hüftschmerzen auf unserem Infoabend. Unser renommierter Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums, Tariq Qodceiah, führt Sie durch die modernsten Methoden bei Hüftoperationen. Erfahren Sie, wie die schonende AMIS-Methode eine minimalinvasive Implantation von Hüftprothesen ermöglicht und die Fast-Track-Behandlung eine rasche...

  • Hermsdorf
  • 26.04.24
  • 76× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 285× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 635× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.