Google lässt Asylsuchende surfen: Flüchtlinge erhalten Laptops
Wilmersdorf. 5 Millionen Dollar und 25 000 Chromebooks – diese Großspende bringt ein „Reconnect“-Projekt ins Rollen, das in ganz Deutschland Flüchtlingen durch technischen Fortschritt beim Neuanfang hilft. Nethope und Google.org starteten das Vorhaben nun im Rathaus Wilmersdorf.
Es ist wirklich nicht so, dass Ahmed bis heute offline gewesen wäre. Das Smartphone – es war für den Softwareentwickler mehr als für jeden anderen Kriegsflüchtling das Werkzeug der Verständigung. Das Sprachrohr in die irakische Heimat. Das Instrument zum Fußfassen in Deutschland. Jetzt aber fahren Ahmeds Finger über die Tasten des neuen Chromebooks. „Funktioniert prima“, beurteilt er die Technik. Das erste, was ihm in den Sinn kam: die Geschwindigkeit des Laptops testen. Er läuft schnell genug. „Man kann damit alles machen“, urteilt der Nutzer. „Es hat alles, was ich brauche. Und zwar von dem Moment an, wenn ich guten Morgen sage – bis zum Schlafengehen.“
Internetcafé eröffnet
Fast rund um die Uhr können nun alle Bewohner des Flüchtlingsheims im früheren Rathaus Wilmersdorf kostenlos durch die Weiten der digitalen Welt surfen. 25 Chromebooks im neu geschaffenen Internetcafé der Unterkunft, dies bedeutet den Anfang einer viel größeren Sache. Denn das Projekt „Reconnect“ soll dafür sorgen, dass weitere Heime des Arbeiter-Samariter-Bundes und anderer Hilfsorganisationen technologisch vorwärts kommen. Rechenleistung für Integration.
Damit „Reconnect“ tatsächlich 25 000 speziell für Neuankömmlinge ausgerüstete Computer in die Unterkünfte bringt, dafür tritt ein Bollwerk von Sponsoren ein. Nethope, Google.org, Deutsche Telekom und Arbeiter-Samariter-Bund – das sind die Partner. „Wir kümmern uns hier um die größte humanitäre Herausforderung unserer Zeit“, begründet Nethope-Geschäftsführer Frank Scott sein Engagement. Zum Projektstart kam er aus Seattle nach Wilmersdorf geflogen. Und nannte dort die Reihenfolge der Hilfen: Erst komme Verpflegung, Wasser und Behausung. Gleich danach die Hoffnung.
Die Hoffnung konnte Wieland Holfelder, Engineering Director bei Google Deutschland, natürlich nicht auf Laptops vorinstallieren lassen. Dafür das, was es braucht, um sie zu schöpfen. Vom einfachen Vorauswählen der Sprache über unkomplizierte Surffunktionen bis hin zur Navigations- und Übersetzungsangeboten. „Wir haben den Translator extra für das Projekt verbessern lassen“, sagte Holfelder zum Start.
Sieben Sekunden braucht es ab dem Einschalten, dann sind die Computer nutzbar. Schnell, robust, sicher. Das waren die Schlagworte bei der Entwicklung. Und die Möglichkeit des Datenklaus? Sie hält der Google-Mann für ausgeschlossen. „Beim Ausloggen werden alle persönlichen Daten gelöscht.“
Sprachkurs und Youtube
Was Flüchtlinge im Internet treiben, ist so individuell wie ihre Geschichte. Ein Blick auf die Bildschirme im Computerraum des Rathauses zeigt: Hier laufen syrische Nachrichten, dort lehrt eine Software Deutsch. Und daneben schmettert Whitney Houston bei Youtube ihre Hits. Hoffnung hat viele Webadressen, eine weibliche Stimme und einen kurzen Ladebalken. Ahmed hat es gecheckt. tsc
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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