Kaum neue Schulplätze
Senat kürzt Dringlichkeitslisten zusammen
Der Senat hat den angemeldeten Baubeginn von Schulprojekten um Jahre nach hinten verschoben. Somit fallen in Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg viele neue, dringend nötige Schulplätze weg – in Mitte betrifft das 16 Schulen, in Friedrichshain-Kreuzberg elf Schulen.
Die Senatsfinanzverwaltung hat den Entwurf für das Investitionsprogramm von 2022 bis 2026 vorgelegt. Demnach sollen Vorhaben „mit niedriger Priorität“ auf Jahre später verschoben werden. In den Bezirken, die gegen das neue Investitionsprogramm Einsprüche erhoben haben, trifft das vor allem Schulsanierungen.
Vorhaben bis nach 2027 verschoben
Stimmt das Abgeordnetenhaus dem „Revisionsergebnis“ des Senats zu, sieht es für Mitte dramatisch aus. 25 Schulbauvorhaben – von der Sanierung über Erweiterung bis hin zur neuen Sporthalle – hatte der Bezirk für die Investitionsplanung bis 2026 angemeldet mit einem Finanzvolumen von 464 Millionen Euro. Nach der Bearbeitung vom Senat ist auf der Prioritätenliste nicht mehr viel übrig geblieben. 16 Projekte für rund 280 Millionen Euro sollen jetzt erst ab 2027 beginnen. Laut Mittes Schulstadträtin Stefanie Remlinger (Grüne) betrifft das zum einen Standorte, „die wir reaktivieren wollten, um zusätzliche Schulplätze zu schaffen“. Dazu gehören das ehemalige Diesterweg-Gymnasium an der Putbusser Straße oder die Levetzowstraße 3. „Es trifft aber auch sehr sanierungsbedürftige Schulen wie etwa die Gottfried-Röhl-Grundschule oder so überlastete Schulen wie die Heinrich-von-Stephan Gemeinschaftsschule.“ Letztere war einst als Grundschule für rund 300 Schüler gebaut worden und ist jetzt eine Gemeinschaftsschule mit über 800 Schülern – ohne das die Infrastruktur entsprechend mitgewachsen wäre, so die Stadträtin. „Dass wir ihr keine neue Sporthalle und Mensa bauen dürfen, das schmerzt schon sehr.“ Sie hoffe, dass der Entwurf „noch nicht das letzte Wort ist“.
Ausnahme ist der Großschadensfall Anna-Lindh-Grundschule in Wedding. Sie ist das einzige Vorhaben, das neu in die Investitionsplanung aufgenommen wurde und die Streichungen überstanden hat. Für die Sanierung von Mittes größter Grundschule stehen nun 60 Millionen Euro bereit. Baustart ist 2024. „Die Schule hat schon so viel leiden müssen“, sagt die Stadträtin. „Nun ist Licht am Ende des Tunnels.“
Viele Schulen sind überfüllt
Schlimm aber seien die Kürzungen für die vielen Schulen, die schon so lange darauf warten würden, endlich wieder richtig auf Vordermann gebracht zu werden. „Für die Schulen, die Familien und auch für die Mitarbeiter im Schulamt sind die Verschiebungen der Maßnahmen dramatisch.“ Denn sie hätten für mehr Schulplätze gesorgt. „Viele Schulen sind überfüllt und besonders schmerzt mich, dass ich der Grundschule am Brandenburger Tor sowie dem Diesterweg-Gymnasium am Ende noch je zwei Klassen ins Gebäude drücken musste, für die da eigentlich kein Platz mehr war.“
163 Millionen gekürzt
Hart trifft es auch Friedrichshain-Kreuzberg. An elf Schulen sollen es hier erst zwei oder drei Jahre später losgehen. Rund 163 Millionen Euro wurden dem Bezirk aus der I-Planung gekürzt. Kastastrophale Folgen hat unter anderem die Verschiebung des Sporthallenstandorts Fredersdorfer Straße. Das neue Heinrich-Hertz-Gymnasium, das die Howoge bist 2026 am Ostbahnhof bauen will, würde seine Sporthalle damit erst Jahre nach seiner Eröffnung bekommen. Laut Bezirksamt sei das gar nicht zulässig. Verschieben soll sich auch die Sanierung des Gymnasiums am jetzigen Standort. Das Schulhaus an der Rigaer Straße soll als Grundschule neu eröffnen, denn der Samariterkiez ist mit Plätzen unterversorgt. Nun aber droht die Schule über Jahre leer zu stehen. An der Charlotte-Salomon-Grundschule müsste die feuchte Außenfassade dringend saniert werden, da Schimmel droht. Und auch die Filiale der Heinrich-Zille-Grundschule wartet dringend auf die Schadstoffsanierung. Weil die Sanierung und der Umbau der „Blumen-Weerth-Gemeinschaftsschule“ zur inklusiven Gemeinschaftsschule (Temple-Grandin-Schule) verschoben werden soll, entstehen an der Eckertstraße 2/3 erst mal keine zusätzliche Züge für die Sekundarstufe I, ebenso wie zwei Grundschulzüge an der Eckertstraße und an der Lasdehner Straße. Auch der Bau zweier neuer Gemeinschaftsschulen ist auf Eis gelegt. Und der Gustav-Meyer-Schule droht mit der verschobenen Sanierung die Teilschließung des Schulgebäudes und damit der Wegfall von Schulplätzen am Förderzentrum.
Schulplatzsituation verschärft sich
Die Folge: „Es wird in den kommenden Jahren in Friedrichshain-Kreuzberg nicht ein einziger neuer Schulplatz im Bereich der Sekundarstufe I geschaffen“, sagt Schulstadtrat Andy Hemke (SPD). „Damit droht ein Notstand, weil wir viele Schüler nicht mehr in den Oberschulen anderer Bezirke versorgen können.“ Damit verschärfe sich das Kapazitätsdefizit in den Friedrichshainer Grundschulen, wo mehr als 1000 Plätze fehlen, bis zur Mitte des Jahrzehnt. „Hinzu kommt ein drohender Wegfall von Schulkapazität“, so der Stadtrat weiter, „weil Teilschließungen von Gebäuden nicht abzuwenden sind.“ Betroffen seien die Gustav-Meyer-Schule, die Heinrich-Zille-Grundschule und die Charlotte-Salomon-Grundschule.
Auf der Dringlichkeitsliste steht auch die Komplettsanierung des Rathauses in der Yorckstraße, die der Bezirk für 2025 angemeldet hatte und die sich nun auf 2028 verschiebt. Der rund 87 Millionen Euro teure Neubau des Rathauses am Ostbahnhof soll erst 2030 statt 2027 beginnen. Gleiches blühen der Sanierung des Stadtteilzentrums Friedrichstraße und der geplanten Neugestaltung der Bergmannstraße. Beide Vorhaben hat der Senat um drei Jahre nach 2028 verrückt.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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