100 Jahre Groß-Berlin - wo alles begann
Stadtführung am 3. Januar 2020 in die Niederkirchnerstraße und ins Abgeordnetenhaus

Zu meinem 180. monatlichen Stadtspaziergang lade ich Sie an die Niederkirchnerstraße und in den Preußischen Landtag, Sitz des Berliner Abgeordnetenhauses ein, wo vor 100 Jahren die Gemeinde Groß-Berlin beschlossen wurde.

Mit dem 9. November 1918 kamen die Zeiten ins Rollen. Im Abgeordnetenhaus tagte drei Tage darauf der gewählte „Vollzugsrat des Arbeiter- und Soldatenrates Groß-Berlin“. Im Dezember beschloss hier der „Allgemeine Kongreß der Arbeiter- und Soldatenräte“ nach kontroversen Reden die Einführung der parlamentarischen Demokratie in Deutschland. Um die Jahreswende gründete sich am selben Ort die Kommunistische Partei. Ernst Reuter, 20 Jahre später sozialdemokratischer Oberbürgermeister in Berlin, nahm dort als Beobachter der Kommunistischen Internationale teil. Preußen blieb in den Stürmen der Geschichte erst einmal erhalten, wurde zum Freistaat. Seine Verfassungsgebende Versammlung beschloss hier im Haus das Groß-Berlin-Gesetz. Es trat am 1. Oktober 1920 in Kraft – ein Paukenschlag: Die Stadt verdreizehnfachte über Nacht ihre Fläche von rund 66 auf 878 Quadratkilometer, die Einwohnerzahl verdoppelte sich auf über 3,8 Millionen. Nach New York und London wurde Berlin damals drittgrößte Stadt der Welt. Die Kernstadt wurde in sechs Bezirke, die hinzugekommenen Gebiete mit Städte, Gemeinden und Gutsbezirke in 14 Bezirke gegliedert.

Auch danach blieb der Preußische Landtag politischer Ort. Er geriet schon vor der NS-Zeit unter die Botmäßigkeit Görings. 1934 tagte hier erstmals Hitlers Sondergericht Volksgerichtshof. Das Haus wurde schließlich zum Offiziersklub „Haus der Flieger“. Bald nach der Zerstörung ist es unter Regie der sowjetischen Besatzungsmacht wieder aufgebaut worden, nahm deutsche Zonenbehörden auf. Ab 1949 war hier der erste Sitz des DDR-Ministerpräsidenten, später der zentralen Planungsbehörden. Bei der Restaurierung in den frühen 90er-Jahren wurden Spuren aus allen Zeiten des Hauses freigelegt. Vor dem Portal steht das hierher versetzte Standbild des Freiherrn vom Stein und das kleinere, erneuerte Hardenbergs – Denkmäler jener beiden Reformer, die vor über 200 Jahren die preußische Selbstverwaltung begründeten.

Der Spaziergang beginnt am Freitag, 3. Januar 2020, um 11 Uhr. Treffpunkt ist Niederkirchnerstraße 5 in der Eingangshalle (Foyer) des Abgeordnetenhauses. Beim Betreten des Hauses findet eine Sicherheitskontrolle statt. Die Führung ist für Leser der Berliner Woche kostenlos. Allerdings ist eine Anmeldung erforderlich: am Freitag, 2. Januar 2020, von 10 bis 12 Uhr anrufen unter 887 27 74 14.

Autor:

Bernd S. Meyer aus Mitte

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