Arbeitslose porträtieren erfolgreiche Migrantinnen
Fast unbemerkt, hoch oben über dem Ernst-Reuter-Platz, arbeitet gerade ein achtköpfiges Team an der Broschüre „Angekommen“. In einem Gemeinschaftsprojekt des Vereins Yopic und des Jobcenters beleuchtet es darin die Erfolgsgeschichte von Migrantinnen im Bezirk.
Yopic führt als freier sozialer Träger Projekte durch, die vom Jobcenter finanziert werden. Ziel ist es, langzeitarbeitslose Menschen dem ersten Arbeitsmarkt wieder näher zu bringen. In diesem Zusammenhang entwickelt der Verein Konzepte, die zum einen gesellschaftspolitisch von Interesse sind und zum anderen den Projektmitarbeitern durch die Tätigkeit und das Arbeitsergebnis Erfolgserlebnisse verschaffen.
Broschüre "Starke Frauen"
Das Thema Chancengleichheit hat sich der Verein dick auf die Fahnen geschrieben. Dazu hat er im vergangenen Jahr das Projekt „Starke Frauen – was sie nach 1945 in Charlottenburg und Wilmersdorf bewegten“ beendet. Die Idee war, über Portraits die Bedeutung von Frauen für den Bezirk fassbar zu machen, um so das Bewusstsein für die Notwendigkeit der Chancengleichheit von Männern und Frauen zu erweitern. „20 Frauen werden darin portraitiert, Künstlerinnen, Journalistinnen und Politikerinnen, um nur einige zu nennen. Darüber hinaus wurden vier Frauen aufgenommen, die im Widerstand gegen Hitler sehr jung ihr Leben lassen mussten“, erklärt Doris Habermann, Vorstandsvorsitzende von Yopic. Mit spannenden Lebensgeschichten wird gleichzeitig ein Stück Bezirksgeschichte aus weiblicher Sicht transparent. Einige der vorgestellten Frauen haben einen Migrationshintergrund, und so erwuchs aus der ersten Broschüre die Idee für das Nachfolgeprojekt „Angekommen“.
Anderen Mut machen
Die Geschichte erfolgreicher Migrantinnen zu beleuchten, niederzuschreiben und damit anderen zugewanderten Frauen und sich selbst Mut zu machen – das ist das Ziel. Zur Aufgabe zählte es auch, passende Interview-Partner zu finden. Und die haben die acht Teilnehmer, die vom Jobcenter die Maßnahme genehmigt bekommen haben, schon einmal mit Bravour gelöst. Elf Frauen sagten zu, sich in der neuen Broschüre vorstellen zu lassen: etwa eine Dirigentin aus Brasilien, eine Restaurant-Besitzerin aus Kamerun, eine französische Künstlerin oder die Leiterin einer Italienisch-Werkstatt.
Im vierten Stock der Bismarckstraße 5, der Yopic-Zweigstelle im Bezirk, arbeiten die Schreiberlinge nun nach dem Redaktionsplan an der Wand an ihrem Werk, das erneut vom Jobcenter und der Gleichstellungsbeauftragten des Bezirks, Katrin Lück, unterstützt wird. Den Hut hat Projektleiterin Christiane Oehlmann auf. „Ich redigiere die Texte und bringe das in Form, alles andere machen die Teilnehmer selbst“, sagt die Soziologin und Journalistin. Sie freut sich über das Projekt vor allem deshalb, weil Autoren und Leser gleichermaßen von ihm profitieren. Die Broschüre dient als Zeigefinger, wie man es schaffen kann. Sowohl anderen Migrantinnen, die bislang noch nicht den Mut gefunden haben etwas aufzubauen, als auch den Teilnehmern. Im Team befindet sich ein Programmierer, er hat das Cover des Hefts entworfen und umgesetzt, die anderen Teilnehmer haben einst im Verkauf gearbeitet. „Aber es ist nicht entscheidend, aus welcher Ecke sie kommen. Alle sind interessiert und das finde ich toll. Das Interesse wird geweckt, sie werden motiviert, sie schreiben was, sie haben Erfolgserlebnisse, ihr Selbstbewusstsein wächst“, fasst Oehlmann zusammen.
Eine Idee für die nächste Broschüre hat Oehlmann bereits angestoßen, dann soll es um Traditionsunternehmen im Bezirk gehen. Zwei Autoren aus dem aktuellen Team haben bereits Interesse am erneuten Mitwirken gezeigt. Sie würden sie gerne weitermachen, die erste Schritte auf dem Weg zurück ins Arbeitsleben.
Autor:Matthias Vogel aus Charlottenburg |
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