„Ehrenamt ist Ehrensache“
Seit 70 Jahren ist Heribert Rosenberg ehrenamtlich tätig und damit dienstältester Malteser

Für sein Engagement wurde Heribert Rosenberg mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit der Bundesverdienstmedaille (1985), dem Bundesverdienstkreuz am Bande (1992) und der Berliner Ehrennadel für besonderes soziales Engagement (2012). | Foto: Malteser Berlin/Diana Bade
  • Für sein Engagement wurde Heribert Rosenberg mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit der Bundesverdienstmedaille (1985), dem Bundesverdienstkreuz am Bande (1992) und der Berliner Ehrennadel für besonderes soziales Engagement (2012).
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Unsere Gastautorin Diana Bade ist Pressereferentin des Malteser Hilfsdienst e. V.

Er versorgte Flüchtlinge beim Ungarnaufstand 1956, half 1997 bei der Flutkatastrophe an der Oder und war bei vielen Großeinsätzen als Sanitäter zur Stelle: Seit 70 Jahren steht Heribert Rosenberg als Malteser Menschen zur Seite, die in Not sind. Auch heute noch ist der 86-jährige Berliner ehrenamtlich aktiv.

Es ist wie ein Wiedersehen mit einem alten Freund. Heribert Rosenbergs Augen glänzen, als er ihn im Fuhrpark entdeckt. Das eierschalenfarbene Fahrzeug steht auf dem Hof der Rettungswache der Berliner Malteser in Charlottenburg, gleich neben den hochmodernen Rettungswagen. Der 86-Jährige läuft zielsicher auf den vertrauten Gefährten zu, einen Kommandowagen für Katastrophenschutz. „In solchen Fahrzeugen saß ich früher auch und hab Einsätze geleitet“, sagt er. Seit 70 Jahren engagiert sich Heribert Rosenberg für die Berliner Malteser – immer ehrenamtlich, immer einsatzbereit, aktiv bis heute. Bundesweit ist er damit das dienstälteste Mitglied der katholischen Hilfsorganisation.

Sein Engagement begann nach einem Erste-Hilfe-Kurs bei den Pfadfindern. Die Liebe zu einer Frau führte ihn 1952 zu den Berliner Maltesern, damals noch organisiert im „Johanniter-Samariter-Bund – Katholischer Sanitätsdienst Groß Berlin“, der sich später dem 1953 gegründeten Bundesverband Malteser Hilfsdienst anschloss. „Meld’ Dich an, dann gehe ich mit dir aus“, sagte sie. Das ließ sich Rosenberg nicht zweimal sagen. Die Liebe zu der Frau endete nach einiger Zeit, doch seiner anderen großen Liebe blieb er bis heute treu.

Akkurat dokumentiert

„Die Malteser sind mein Leben“, sagt Rosenberg. Dieses Leben, prall gefüllt mit ehrenamtlichem Engagement, hat er in einem roten Aktenordner dokumentiert, den er jetzt auf seinem Schreibtisch in der vierten Etage der Malteser- Geschäftsstelle ausbreitet. In seiner „Malteser Chronik“, wie er sie nennt, hat der Rentner sieben Jahrzehnte Zeitungsausschnitte, Urkunden und Erinnerungen akkurat in Klarsichthüllen abgeheftet. Die Sammlung dokumentiert das bewegte Ehrenamtsleben des Berliners, der 1935 zwischen den beiden Weltkriegen in Ostpreußen geboren wurde.

1952 mit 16 Jahren war er erstmals als ehrenamtlicher Sanitäter beim Katholikentag in Berlin aktiv. Vier Jahre später im November und Dezember hatte er seinen ersten Auslandseinsatz in Ungarn, versorgte Verletzte und Flüchtlinge während des Volksaufstandes. „Saukalt war das damals, als wir die Flüchtlinge aufgesammelt haben“, erinnert er sich. Auch 1960 beim Weltkongress in München, 1968 beim Deutschen Turnfest in Berlin, 1996 beim Papstbesuch leistete er Erste Hilfe. Später engagierte er sich lange als Bezirksbeauftragter in Tiergarten. Von 1984 bis 2005 war er ehrenamtlicher Diözesanreferent für Katastrophenschutz in Berlin. Was den Berliner über sieben Jahrzehnte antreibt, sich ehrenamtlich für die Malteser zu engagieren? „Ich brauchte kein Geld, für mich stand immer im Vordergrund, anderen Menschen zu helfen. Ehrenamt ist Ehrensache,“ sagt der pensionierte Postbeamte.

Schrecken des Krieges

Die große Hilfsbereitschaft für die Ukraine imponiert dem Rentner. Die Berichte über Krieg und Zerstörung machen Rosenberg große Sorgen. „Ich habe die Schrecken des Krieges in meiner Jugend und später als Malteser 1956 im Kriegsgebiet in Ungarn selber erlebt. Dass wir heute nach 50 Jahren Frieden in Europa im Nachbarland wieder einen Krieg haben, belastet mich. Ich verstehe die Welt nicht mehr.“ Wenn heute ukrainische Frauen im U-Bahnschacht ihr Kind zur Welt bringen müssen, ruft das bei dem früheren Einsatzsanitäter Erinnerungen wach: Vor 66 Jahren, bei der großen Fluchtbewegung an der österreichisch-ungarischen Grenze wurde der damals junge Mann Zeuge eines berührenden Moments. Er und seine Kollegen versorgten damals eine hochschwangere Frau auf der Flucht und der junge Rosenberg leistete zum ersten Mal in seinem Leben Geburtshilfe. „Als ich den kleinen Wurm in der Hand hielt, sind bei mir die Freudentränen geflossen“, erzählt er.

Am liebsten würde er bei der Ukraine-Hilfe wieder mit anpacken, müsse sich jedoch bei Vor-Ort-Einsätzen zurückhalten. „Die Kraft ist nicht mehr da“, sagt der 86-Jährige fast entschuldigend. Ehrenamtlich aktiv ist Rosenberg trotzdem noch bei den Maltesern: Von seinem Zuhause, in einer von den Maltesern betreuten Wohneinrichtung in Tempelhof, fährt er noch immer einmal in der Woche mit dem eigenen Auto nach Charlottenburg in die Malteser-Schaltzentrale. Meist zwei, drei Stunden arbeitet er dann in seinem Büro, das er sich mit anderen Ehrenamtlichen teilt. Denn auch mit 86 gebe es noch immer etwas zu tun, womit er seine jungen Kolleginnen und Kollegen unterstützen könne, sagt Rosenberg.

Heute zum Beispiel waren es die Fahrtenbücher, die er überprüft hat. Rosenberg schaut auf die Uhr. Es ist 15 Uhr. Der muntere, ältere Herr steht auf und streift sein graues Jackett über, die Mitgliederehrennadel wie immer im Revers. Draußen auf dem Schild an der Bürotür steht sein Name: Heribert Rosenberg. Nächsten Mittwoch findet man ihn dort wieder.

Text/Foto: Diana Bade

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Lokalredaktion aus Mitte

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