28 Stolpersteine verlegt
Gedenken an die jüdischen Opfer der Nazis

Die handgefertigten „Stolpersteine“ sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig. Sie liegen überall in der Stadt.  | Foto: Ulrike Kiefert
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In Friedrichshain-Kreuzberg erinnern 28 neue Stolpersteine an jüdische Berliner, die von den Nazis ermordet wurden. Der Bezirk hat damit jetzt fast 1000 solcher Gedenktafeln im Gehwegpflaster.

In der Kopernikusstraße 5 erinnert seit Anfang April ein Stolperstein an Alfred Zitrin. Er kam 1905 in Berlin zur Welt und absolvierte eine Uhrmacherlehre. Dank seiner Heirat mit der nicht-jüdischen Martha Müller blieb er zunächst vor einer Deportation bewahrt, musste jedoch Zwangsarbeit bei der Reichsbahn leisten. Das Ehepaar lebte zuletzt in der Kopernikusstraße 5. Im Rahmen der sogenannten “Fabrikaktion” im Februar 1943 wurde Alfred Zitrin von der Gestapo verhaftet und in das Arbeitserziehungslager Großbeeren bei Berlin verschleppt. Aufgrund mangelhafter Ernährung, Misshandlung, Erschöpfung und Zwangsarbeit fanden dort mindestens 1197 Gefangene den Tod, darunter auch Alfred Zitrin. Seinen Gedenkstein hat ein engagierte Nachbar initiiert.

Gestorben mit nur 36 Jahren

Am Annemirl-Bauer-Platz lebte Alfred Braun. 1939 wohnte er bei dem Ehepaar Pieper in der Simplonstraße 77 in Friedrichshain. Dieses Haus existiert heute nicht mehr. Alfred Braun wurde am 29. Oktober 1941 vom Bahnhof Grunewald mit dem sogenannten "3. Osttransport" in das Ghetto Lodz deportiert. In dem Ghetto mussten die Insassen Zwangsarbeit leisten, litten an Unterernährung, starben an Krankheiten oder erfroren im Winter. Alfred Braun kam dort am 7. November 1942 im Alter von 36 Jahren ums Leben. Angehörige engagierten sich für seinen Stolperstein.

Vor der Taborstraße 11 liegen jetzt ebenfalls zwei Stolpersteine im Gehweg. Sie gedenken Eduard und Betty Zeiner. Das Ehepaar Zeiner wohnte zunächst in Prenzlauer Berg. 1909 zog es in das Haus Taborstraße 11 um, wo beide über 30 Jahre lang wohnten. Sie betrieben ein Herrenmoden-Geschäft in der Wrangelstraße. Betty und Eduard Zeiner wurden wegen ihrer jüdischen Religionszugehörigkeit am 3. Oktober 1942 mit dem "3. großen Alterstransport" nach Theresienstadt deportiert. Eduard Zeiner überlebte dort keine vier Wochen. Er starb am 29. Oktober 1942 im Alter von 73 Jahren. Betty Zeiner kam am 8. Februar 1943 ums Leben. Sie starb an einer im Ghetto grassierenden Darmerkrankung.

Tod in der Gaskammer

In der Manteuffelstraße hat nun auch Joseph Abraham einen Stolperstein. Um 1934 zog er mit seiner Ehefrau Rosa Kiwi in die Manteuffelstraße 21. Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen das jüdische Ehepaar Abraham. 1939 mussten die Abrahams ihre Wohnung in der Manteuffelstraße verlassen und in ein Zimmer zur Untermiete in der Köpenicker Straße ziehen. Joseph Abraham wurde zur Zwangsarbeit als Polsterer in einer Matratzenfabrik verpflichtet. Seine Frau war bei Siemens & Halske in Charlottenburg zwangsverpflichtet. Am 3. März 1943 deportierten die Nazis Joseph Abraham nach Auschwitz. Seine Frau Rosa wurde bereits zwei Tage vorher dorthin verschleppt. Beide starben kurz nach ihrer Ankunft in einer der Gaskammern des Lagers. Die Patin für den Stolperstein für Joseph Abraham ist eine engagierte Nachbarin. Seine Ehefrau hat bereits einen Stolperstein.

Weitere Gedenksteine wurden in der Naunynstraße 69 und 51, in der Bergfriedstraße 6, am Fraenkelufer 40, in der Wilhelmstraße 15, in der Alten Jakobstraße, in der Oranienstraße 129, am Erkelenzdamm 11, in der Skalitzer Straße 141a und am Kottbusser Damm 5 verlegt. In der Großbeerenstraße 5 ließ das Bezirksamt den beschädigten Stolperstein für Carl Jachmann ersetzen.

"Mit den Stolpersteinen gedenken wir derer, die von den Nazis verfolgt und ermordet wurden. Die Stolpersteine erinnern uns alle jeden Tag vor unseren Haustüren daran, dass sich dies nie wiederholen darf“, so Bürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne).

Das Bezirksamt finanziert seit 2017 die Stolpersteine. Meist werden sie von Angehörigen oder Nachfahren der Opfern des Nationalsozialismus initiiert.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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