Gefahr für die Gesundheit
Freibeuter-Besetzung in der Rummelsburger Bucht birgt viele Risiken

Der Freibeuter ankert in verseuchtem Gewässer. | Foto: Thomas Frey
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Felix Just gehört zur BVV-Fraktion der Spaßpartei "die Partei". Was er aber jetzt vortrage, wäre überhaupt nicht witzig, sondern sehr ernst gemeint, erklärte er bei der Sitzung am 28. November.

Sein Thema: das besetzte ehemalige Jugendfreizeitschiff "Freibeuter" in der Rummelsburger Bucht. Viele der dortigen Okkupanten und ihrer Gäste wären sich anscheinend der Gefahren nicht bewusst, die von dieser Piraterie ausgingen, hat Ex-Piratenpartei-Mitglied Just bei Vor-Ort-Besuchen festgestellt.

Bei der Rummelsburger Bucht handle es sich um ein komplett verseuchtes Gewässer. Nicht nur vom Baden, sondern allein vom Kontakt mit dem Wasser sei dringend abzuraten. Den gäbe es aber, auch bei Kindern. Dass seine Warnungen nicht als Hysterie durchgehen können, würden auch andere Beobachtungen zeigen. Er habe Menschen getroffen, deren Wunden nicht heilten. Für solche Phänomene gehe inzwischen sogar ein Begriff um: "Bucht-Aids".

Die Gesundheitsrisiken sind ein Thema, das die Bezirkspolitik im Zusammenhang mit der Freibeuter-Besetzung beschäftigt. Oder besser noch mehr beschäftigen soll. Etwa durch einem Dringlichkeitsantrag, den die SPD-Fraktion nach Felix Justs Ausführungen gestellt hat. Darin wird unter anderem gefordert, sicherzustellen, dass die ab Januar geplante Sedimentsanierung in der Rummelsburger Bucht auf jeden Fall stattfinden muss.Das vorgesehene Ausbaggern und Abtragen im Wasser sowie am Ufer setzt Schadstoffe frei. Deshalb dürfen sich keine Menschen in der Nähe befinden. Die Besetzer müsste deshalb vom Schiff. Was deren Sprecherin Sarah Waterfeld zwar nicht definitiv ausschloss. Allerdings wäre selbst dann nach ihrer Meinung das Problem nicht gelöst, sondern nur verlagert. Den Freibeuter würden in diesem Fall Obdachlose entern, erklärte sie. Schon jetzt werde der Druck aus dieser Richtung jeden Tag größer. Verhindert werden könnte das höchstens mit einem Wachschutz. Aber wie soll das funktionieren, wenn keine Personen vor Ort sein sollen?

Das Installieren von Sicherheitspersonal wird vom Bezirk bereits aus finanziellen Gründen abgelehnt. Ohnehin sind die Kosten ein weiterer Aufreger in der gesamten Causa. Finanzstadträtin Clara Herrmann (Bündnis90/Grüne) hat im Haushaltsausschuss am 27. November eine Auflistung bereits getätigter oder prognostizierter Summen vorgelegt. Letztere würden anfallen, sollte der Freibeuter wirklich wieder flott gemacht werden.

Kosten von mehreren Hunderttausend Euro

Für dieses Jahr sind Infrastrukturkosten in Höhe von knapp 100 000 Euro verzeichnet. Bei einer Instandhaltung wäre ein weiterer Betrag in nur geringerer Größenordnung nötig. Was aber für eine vollständige Nutzbarkeit nicht ausreichen würde. Um die herzustellen müssten noch einmal zwischen 200 000 und 400 000 Euro aufgewendet werden. Dem vorgeschaltet wäre ein sogenannter "Schiffs-TÜV", der mit rund 253 000 Euro beziffert wird. Das sind Summen, die nicht nur deshalb als virtuell anzusehen sind, weil der Bezirk bei solchen Beträgen abwinkt. Sondern auch, weil die Voraussetzungen für einen Betrieb auf dem Schiff so gut wie nicht gegeben sind. Es hat einzig eine Genehmigung als Jugendfreizeitstätte. Die wird aber seit 2012 nicht mehr genutzt. Wohnen ist insgesamt in der Rummelsburger Bucht untersagt. Auch wenn es dort auf manchen Booten stattfindet. Der Freibeuter steht außerdem den Belangen des Naturschutzes entgegen, weil er einen Eingriff im einzig noch unverbauten Uferabschnitt bedeutet. Klar sei deshalb, "dass ein dauerhafter Liegeplatz dort nicht möglich ist", konstatierte auch der Linke-Fraktionsvorsitzende Oliver Nöll als Einstieg für eine Große Anfrage seiner Partei. Aber was bedeutet das vor dem Hintergrund der aktuellen Besetzung?

Dass Schiff räumen will eine Mehrheit nicht. Lediglich CDU und FDP plädierten als Ultima Ratio für diesen Weg. Unterhalb dieser Schwelle gibt es aber ebenfalls unterschiedliche Einschätzungen. Während Clara Hermann auch durch ihre Liste sehr deutlich machte, dass jede Art von Freibeuter-Betrieb eigentlich ein absolutes No-Go ist, klingt das bei Baustadtrat Florian Schmidt (Bündnis90/Grüne) etwas anders. Natürlich seien die Voraussetzungen dafür kaum erfüllbar, findet auch er. Aber wenn es die Besetzer irgendwie hinbekommen, das Schiff innerhalb des noch Möglichen zu bespielen und alle Kosten für Sanierung und Unterhalt selbst aufbringen, dann wäre das ja wieder eine etwas andere Situation.

Die Okkupanten, die sich seit Oktober an Bord befinden, sehen im Freibeuter einen dringend benötigten Raum für kulturelle und soziale Aktivitäten vieler Art. Sie plädieren für eine Chance, das zumindest einmal auszuprobieren – trotz aller Hindernisse und Risiken, auch der von Felix Just angemahnten für die Gesundheit. An seinen Aussagen entzündete sich auch deshalb eine kurze heftige Debatte, weil sie Stadtrat Schmidt zunächst mit dem lapidaren Hinweis gekontert hatte, Gefahren würden an vielen Stellen lauern. Auch beim Gang über die Straße.

Bürgermeisterin Monika Herrmann (Bündnis90/Grüne) bemühte sich danach um Beruhigung der Gemüter. Natürlich werde das Thema sehr ernst genommen. Auch bei einem Gespräch mit den Freibeuter-Okkupanten.

Nicht nur bei diesem Termin soll es auch darum gehen, wie die Sedimentsanierung sichergestellt werden kann. Sie kostet rund 45 Millionen Euro, bezahlt vom Senat. Kann das Vorhaben im Januar nicht starten, gibt es so schnell keinen Ersatztermin. Denn diese Arbeiten können nur in den Wintermonaten erfolgen. Das Geld würde erst einmal verfallen und etwas mehr Umweltschutz in der Rummelsburger Bucht entfallen.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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