Jetzt hat der Senat den Stress: Land prüft Rückkauf des SEZ-Geländes

Im März 1981 wurde das SEZ eingeweiht. Zu DDR-Zeiten war es ein gut besuchtes Vorzeigeobjekt mit zahlreichen Sportangeboten. Daran erinnert heute nur noch wenig. | Foto: Thomas Frey
  • Im März 1981 wurde das SEZ eingeweiht. Zu DDR-Zeiten war es ein gut besuchtes Vorzeigeobjekt mit zahlreichen Sportangeboten. Daran erinnert heute nur noch wenig.
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Friedrichshain. 2003 hat das Land Berlin das Sport- und Erholungszentrum (SEZ) an der Landsberger Allee samt Grundstück für einen Euro an den heutigen Betreiber Rainer Löhnitz verkauft. Jetzt will es das Areal wieder in seinen Besitz bringen.

"Wir sondieren einen Rückkauf", bestätigt Eva Henkel, Sprecherin von Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD). Wobei das wahrscheinlich nicht ganz einfach wird. Schon deshalb, weil der Eigentümer bisher anscheinend wenig Verkaufsinteresse zeigt. Es geht aber vor allem um den Preis.

Die rund fünf Hektar große Fläche hat einen geschätzten Marktwert von weit über 20 Millionen Euro. So viel Geld zu bezahlen für ein Grundstück, das vor 13 Jahren quasi vergeschenkt wurde, wäre nicht unbedingt ein nachvollziehbarer Deal. Ein Ansatz, den Rückkauf zumindest um Einiges günstiger abzuwickeln, könnte aber der damalige Vertrag sein.

Schwammige Definition

Wie mehrfach berichtet, war die Ein-Euro-Vereinbarung mit einigen Auflagen verbunden. Diese verpflichteten Löhnitz vor allem, viele der einstigen Sportangebote im SEZ nach und nach zu reaktivieren. Ein Herzstück war dabei die Wiedereröffnung des Hallenbades. Das ist aber nie passiert, auch wenn der Betreiber auf mehrere kleine Wasserbereiche verwies, die es in dem Gebäude gibt. Zupass kam ihm dabei die schwammige Definition, was unter einem Hallenbad zu verstehen ist.

Der setzte das Berliner Landgericht in einem Urteil vom September 2015 eine gewisse Klärung entgegen. Löhnitz hatte dort gegen den Bund der Steuerzahler geklagt, der ebenfalls das fehlende Hallenbad monierte, es aber mit dem Begriff "Spaßbad" versehen hatte. Die Richter wiesen die Klage ab und steuerten gleichzeitig ihr Verständnis eines Hallenbades bei: Darunter könnte nur der Betrieb eines großen Schwimmbeckens verstanden werden. Aber das gebe es, selbst nach den Ausführungen des Klägers, bis heute nicht.

Das Urteil sei selbstverständlich bekannt, sagt Eva Henkel, ohne sich darauf einzulassen, welche Schlussfolgerungen der Senat daraus zieht. Aber sie liegen auch so nahe. Mit der Hallenbad-Definition im Rücken könnte das Land nicht erfüllte Verpflichtungen ins Feld führen. Was eventuell eine Handhabe für einen einigermaßen günstigen Rückkauf wäre. Entschieden wird das aber wahrscheinlich ebenfalls auf dem Klageweg.

Schon deshalb ist ein Erfolg nicht sicher. Auch frühere Aussagen der Senatsverwaltung für Finanzen können sich jetzt negativ auswirken. Sie hatte Löhnitz nämlich 2008 bescheinigt, er hätte die Auflagen erfüllt.

Mit Bezirk im Clinch

Der Versuch eines Rückkaufs war in der Vergangenheit mehrfach von Mitgliedern der BVV Friedrichshain-Kreuzberg gefordert worden. Mit Löhnitz lag die Bezirkspolitik auch deshalb im Clinch, weil er das SEZ abreißen und dort ein neues Quartier mit Wohnungen, Sport und Gesundheitsangeboten bauen möchte. Umsetzen will er das mit dem Paragrafen 34 des Baugesetzbuchs, der Neubauten ohne größeres Planverfahren vorsieht, wenn sie sich am umliegenden Bestand orientieren.

Der Bezirk wollte dieses Vorgehen mit einer Veränderungssperre verhindern, weshalb die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung im November eingriff und das Verfahren an sich zog. Ihre Pläne sehen auf dem Gelände rund 600 Wohnungen, dazu entsprechende Einrichtungen der sozialen Infrastruktur wie Kitas und eine Schule vor. Ein Viertel der Wohnungen soll im preisgünstigen Bereich angeboten werden. Für das Vorhaben wird ein Bebauungsplan festgesetzt. Für das SEZ-Gebäude wäre auch hier kein Platz mehr und es würde abgerissen.

Schon weil es dort eigene Ziele verfolgt, hat das Land Interesse, dass das Grundstück wieder in seine Hände kommt. Fragt sich nur, ob das gelingt und zu welchen Bedingungen. Fakt ist nur, dass sich der Stress um das SEZ jetzt von der Bezirks- auf die Senatsebene verlagert hat. tf

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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