Vollständiges Zugangsrecht
Trotz Gerichtsentscheidung geht der Streit um das Baerwaldbad weiter

Seit 2017 gibt es im Baerwaldbad keinen Badebetrieb mehr. | Foto: Thomas Frey
  • Seit 2017 gibt es im Baerwaldbad keinen Badebetrieb mehr.
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Das Urteil wurde später nachgereicht. Wie es ausfallen würde, darüber machte der Richter schon bei der Verhandlung am 25. Oktober im Landgericht am Tegeler Weg aber kein großes Geheimnis: Das Land Berlin, respektive der Bezirk, müsse als Eigentümer vollständiges Zugangs- und Nutzungsrecht im Baerwaldbad bekommen

Das war ein ziemlich eindeutiges Votum und damit ein Erfolg für das Bezirksamt, das durch Rechtsamtsleiter Heinrich Baasen nebst Anwalt vertreten war. Ein zumindest schnelles Ende der Causa Baerwaldbad wird es wahrscheinlich nicht bedeuten.

Das Gebäude an der Baerwaldstraße ist seit ungefähr zwei Jahren, nein, nicht besetzt, vielmehr werde dort ein "Zurückhaltungsrecht" ausgeübt. Zumindest in der Wahrnehmung von Matthias Schütze. Er ist seit März 2018 Vorsitzender des insolventen Vereins TSB Berlin, dem einstigen Erbbaunehmer der Immobilie. Das Objekt ist inzwischen per sogenanntem Heimfall wieder vollständig im Bezirksbesitz, was auch Schütze nicht bestreitet. Er sieht aber nicht stringentes und undurchsichtiges Verwaltungshandeln am Werk. Und nicht zuletzt geht es um entsprechenden finanziellen Ausgleich.

Für den Richter war das aber nicht der entscheidende Punkt in der vorliegenden Auseinandersetzung. Es gehe um die Frage, ob der Eigentümer wieder uneingeschränkt über das Gebäude verfügen könne. Vielleicht, so hakte er mehrmals nach, könne das gleich an Ort und Stelle so verabredet werden. Was nicht passierte. Deshalb musste eine richterliche Entscheidung fallen. Er erkenne in diesem Fall wenig Spielraum für ein anderes Auslegen der Rechtslage, erklärte der Richter.

Matthias Schütze sah das anders und reagierte bereits während der Verhandlung teilweise sehr emotional. Er will sein "Zurückhaltungsrecht" in einen breiteren Kontext gestellt sehen.

Schwimmen und Events geplant

Schütze hatte mit anderen einst das ehemalige Stadtbad Wedding als Eventlocation betrieben. Nach dem Insolvenzantrag des TSB im Jahr 2017 seien er und seine Mitstreiter nach eigenen Angaben von den Bäder-Betrieben auf das Baerwaldbad angesprochen worden. Sie hätten dann den Vorsitz des TSB übernommen und ein Konzept für die Sanierung und künftige Nutzung ausgearbeitet. Als private Betreiber wollten sie den Schwimmbetrieb gerade auch für die Schulen ermöglichen, gleichzeitig die Immobilie zu einem Veranstaltungsort machen.

Das Konzept habe er auch dem Bezirksamt, namentlich Bürgermeisterin Monika Herrmann, Finanzstadträtin Clara Herrmann (beide Bündnis90/Grüne) und dem direkt verantwortlichen Schul- und Sportstadtrat Andy Hehmke (SPD), vorgetragen und dabei nach eigener Einschätzung positive Resonanz bekommen. Auf die schriftliche Version habe Hehmke dann aber nicht mehr reagiert.

Der Bezirk verfolgte sehr schnell nach der Insolvenz eine andere Linie. Die hieß und heißt bis heute: Rücknahme des Objekts und Sanierung mit dem Ziel des Wiederbetriebs als Schwimmhalle – am liebsten unter der Ägide der Berliner Bäder-Betriebe. Eine Event-Location soll dort nicht entstehen, höchstens weitere sportnahe Angebote.

Entscheidend bei dieser Frontstellung war, in welcher Form Schütze und/oder der TSB überhaupt Mitspieler waren und es jetzt noch sind. Eigentlich gar nicht mehr, suggerierte auch der Richter. Mit dem Insolvenzverfahren sei die Verantwortung auf den Insol-venzverwalter übergegangen. Der und der Bezirk seien jetzt die entscheidenden Partner. Das bezog sich vor allem auf die Frage der Entschädigung. Im Erbbaurechtsvertrag war ausgehandelt, dass der TSB bei einem möglich Heimfall einen finanziellen Ausgleich bekommen kann. Den gibt es auch, allerdings nur 15 000 Euro.

Vorwurf: Immobilienwert kleingerechnet

Schütze will entscheidend mehr. Dieser Betrag sei ohne nachvollziehbare Unterfütterung festgesetzt worden, ist seine Meinung. Etwa dadurch, dass der Wert der Immobilie niedriggerechnet worden sei. Zudem seien die umfangreichen Vermarktungsmöglichkeiten nicht berücksichtigt worden, durch die sich die Kosten selbst einer umfassenden Sanierung schnell amortisieren würden. Schützes Quintessenz: Dadurch wurden auch die Gläubiger geschädigt. Unter anderem er selbst. Nach Erlös von deren Forderungen solle das Geld außerdem dem Bezirkssportbund zugute kommen, betonte Schütze ebenfalls.

In einer Stellungnahme vor dem Gerichtstermin hatte er von „skandalösen Vorgehensweisen und Verhältnissen in der Berliner Verwaltung und Justiz“ geschrieben und eine Strafanzeige angekündigt. Er werde weiter vom "Zurückhaltungsrecht" Gebrauch machen, was sich in seinen Augen auch durch entsprechende Urteile begründen lasse. Davon ging er auch vor Gericht nicht ab. "Falls wir noch parteifähig sein sollten, behalten wir auch den Besitz", erklärte er.

Der geringe Rückzahlungsbetrag basiert nach Darstellung des Bezirks vor allem darauf, dass im Gegenzug noch Zahlungen ausstehen, etwa Strom- und Wasserkosten und beim Erbbauzins. Der Richter machte wiederum deutlich, dass diese Fragen nicht in das aktuelle Verfahren gehörte. Die Abmachungen seien vom Insolvenzverwalter ausgehandelt worden. Schütze müsse dann gegen den juristisch vorgehen. In diesem Verfahren gehe es um die Verfügungsgewalt über das Baerwaldbad.

Gegen den Spruch des Landgerichts kann Berufung beim Kammergericht eingelegt werden. Und selbst wenn alles rechtssicher ist, bräuchte es danach eine Aufforderung zur Räumung, vielleicht einen Räumungstermin mit Gerichtsvollzieher. Das kann dauern. Ebenso wie die Sanierung und eine mögliche Wiederinbetriebnahme des Bads.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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