Schonungslose Einblicke in die Großsiedlung
Diana Lehmann hat eine Fortsetzung ihres Romans „Berlin.Plattenbau“ geschrieben

Nach ihrem Debütroman von 2019 hat Diana Lehmann nun einen Nachfolger geschrieben: „Berlin.Plattenbau Charly“ . | Foto:  Philipp Hartmann
  • Nach ihrem Debütroman von 2019 hat Diana Lehmann nun einen Nachfolger geschrieben: „Berlin.Plattenbau Charly“ .
  • Foto: Philipp Hartmann
  • hochgeladen von Philipp Hartmann

Zwei Jahre nach ihrem Debütroman über die Arbeit im Jugendamt Marzahn-Hellersdorf hat die Autorin Diana Lehmann den Fortsetzungsroman „Berlin.Plattenbau Charly“ veröffentlicht. Wieder geht es um die harte Realität der Kinder in der Großsiedlung und den Berufsalltag im Jugendamt.

„Das Jugendamt wird meist viel zu spät gerufen“, sagt Diana Lehmann (39). Da seien die Kinder schon zusammengeschlagen worden oder verwahrlost. Die Mitarbeiterin des bezirklichen Jugendamtes muss in solchen Fällen entscheiden, wie es für das Kind weitergeht, selbst wenn es trotz aller Umstände bei den Eltern bleiben will.

Seit sechs Jahren arbeitet die Sozialarbeiterin im Regionalen Sozialpädagogischen Dienst im Jugendamt Marzahn-Hellersdorf. Die Erlebnisse aus ihrem Berufsalltag und Bemerkungen ihrer Kollegen und Kolleginnen bewogen die zweifache Mutter, die schon einen Burn-out hinter sich hat, einen Roman über die Arbeit des Jugendamtes zu schreiben. Sachbücher zu schreiben, liege ihr nicht. Deshalb habe sie sich für Romane entschieden. „Ich wollte aufzeigen, wie das wirklich abläuft.“

Im Dezember 2019 veröffentlichte die Sozialarbeiterin ihren viel beachteten Debütroman „Berlin.Plattenbau“. Ungeschönt schildert sie darin das Leben in der Plattenbausiedlung und das Schicksal mancher Kinder. Im Mittelpunkt steht die 15-jährige Leni und ihre tragische Geschichte. Nachdem Leser fragten, was aus den Geschwistern wurde, entschied sie sich, eine Fortsetzung zu schreiben. Darin geht es um die gewalttätige Schwester Charly, die bei einer Konfrontation gern mal das Messer zückt. Die Figur soll bewusst polarisieren. Auch fallen reichlich Schimpfwörter. Ihren Schreibstil bezeichnet sie als schonungslos. „Das ist authentisch“, sagt sie.

Für die Hauptperson in ihrem zweiten Roman, die zwölfjährige Charly, zum Beispiel habe es im realen Leben kein Vorbild gegeben, aber ihr Verhalten sei sehr typisch. In diesem Zusammenhang verweist Diana Lehmann auf den preisgekrönten deutschen Film „Systemsprenger“ mit Helena Zengel. Die Kinderdarstellerin spielt darin ein neunjähriges Mädchen, das durch unkontrollierte Wutanfälle durch alle Raster der deutschen Kinder- und Jugendhilfe fällt. „Solche Kinder kenne ich auch von meiner Arbeit. Jeder hat so zwei bis drei Systemsprenger.“ Nicht erfunden sei die Darstellung ihres Arbeitsalltags. „Die Passagen, die im Jugendamt spielen, laufen eins zu eins so ab.“

Die Reaktionen auf ihren Debütroman waren sehr positiv. Ihr Arbeitgeber begegne ihrem Buchprojekt ganz offen. „Ich musste nur unterschreiben, dass ich keine echten Namen verwende.“ Ihre Chefin sei von dem Roman gefesselt gewesen. Die damalige Bürgermeisterin Dagmar Pohle (Linke) habe privat zehn Bücher bei ihr bestellt. „Sie wollte das Thema in die Politik übertragen“, sagt Diana Lehmann. Auch ihre Arbeitskollegen hätten das Buch gelobt.

In ihren Büchern finden sich auch einige autobiografische Elemente wieder. „Ich komme aus einer Familie, die ich heute betreuen würde.“ Diana Lehmann ist in Sachsen-Anhalt in einer Plattenbausiedlung aufgewachsen ist. Ihre Eltern seien arbeits- und antriebslos gewesen. Sie könne deshalb nicht auf eine schöne Kindheit zurückblicken. 2005 zog sie nach Marzahn. Auch dort wohnte sie zwei Jahre lang in der Platte. Von dem Leben dort hatte sie aber bald genug. Ihr Schlüsselerlebnis: „Ich musste mit meinem Säugling im Treppenhaus über meinen besoffenen Nachbarn steigen.“

Heute lebt sie mit ihrer Familie östlich von Berlin und plant schon einen dritten Roman. Geschrieben sei zwar noch kein einziges Wort, doch die Handlung habe sie bereits im Kopf.

Die Bücher von Diana Lehmann kosten jeweils 16,66 Euro und können online auf ihrer Internetseite berlin-punkt-plattenbau.de bestellt werden.

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

49 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 76× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 878× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 559× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.056× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 1.945× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.