Synagoge im Untergrund: Auf dem Tacheles-Areal stand bis 1945 ein Tempel der Jüdischen Reformgemeinde

Gedenktafel vor dem Bauzaun. Seit 2006 erinnert in der Johannisstraße die Tafel an die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Synagoge der Jüdischen Reformgemeinde. | Foto: Dirk Jericho
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Mitte. Auf der riesigen Brache an der Johannisstraße, auf der in den kommenden Jahren ein Wohn- und Geschäftsviertel aus dem Boden gestampft wird, stand die historisch bedeutsame Synagoge der Jüdischen Reformgemeinde.

Archäologen graben derzeit auf dem Tacheles-Areal, um mögliche Siedlungsspuren aus dem 17. und 18. Jahrhundert zu dokumentieren, bevor die Bagger das Gelände für die zweigeschossige Tiefgarage ausheben. Das Landesdenkmalamt hat die Untersuchung für die ehemaligen Hofbereiche angeordnet. An der Oranienburger Straße und Johannisstraße, wo die nach dem Krieg abgerissenen Gründerzeithäuser standen, werden keine Funde erwartet.

Gedenktafel erinnert

Allerdings befand sich bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg an der Johannisstraße 16 ein historisches Bauwerk. Nach Plänen des Architekten Gustav Stier wurde hier 1854 die Synagoge der Jüdischen Reformgemeinde eingeweiht. Neu in diesem „Tempel“ war unter anderem der Gottesdienst am Sonntag, die stärkere Verwendung der deutschen Sprache oder der Verzicht auf getrennte Sitzordnung sowie Kopfbedeckung. Seit 2006 erinnert eine Gedenktafel mit Text und Fotos an das frühere Gotteshaus, das in der Pogromnacht 1938 von SA-Leuten verwüstet, wieder instandgesetzt und von 1940 bis 1942 als Ersatz für die geschlossene Neue Synagoge in der Oranienburger Straße genutzt wurde. Im Zeiten Weltkrieg wurde der „Tempel“ zerstört, die Ruinen später abgetragen. 60 Jahre erinnerte nichts an das Gotteshaus. Auf dem Gelände war bisher ein Parkplatz.

Die Gedenktafel wurde auf Initiative der Chefin des Reisebüros milk&honey tours, Gabriele Noa Lerner, aufgestellt. Das Unternehmen organisiert spezielle Stadttouren in ganz Europa zu Orten des jüdischen Lebens und der jüdischen Geschichte. Bei der Einweihung 2006 waren auch der damalige Bürgermeister Joachim Zeller und Rabbiner Andreas Nachama dabei.

Öffentlicher Erinnerungsort?

Der Historiker Eberhard Elfert sorgt sich, dass mögliche Reste im Untergrund durch den Bau der Eigentumswohnungen zerstört werden. „Dort liegen eventuell noch für die jüdische Gemeinde bedeutsame rituelle Gegenstände oder der Grundstein des Gebäudes“, so Elfert. Er fordert, dass nach Untersuchung und Bergung der Funde „an gleicher Stelle ein öffentlich zugänglicher Erinnerungsort eingerichtet wird“. Auch soll die Gedenktafel für die Synagoge wieder angebracht werden. Wie eine Sprecherin des Bauherren PWR Development gegenüber der Berliner Woche sagte, sei man wegen der Synagoge „im engen Austausch mit dem Landesdenkmalamt“. Auf das Areal, auf dem die Synagoge stand, lege man besonderes Augenmerk. Die Gedenktafel soll später im neuen Wohngebiet wieder angebracht werden. DJ

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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