100 Jahre Groß-Berlin
Die Synagoge zeugt noch heute vom quirligen jüdischen Leben in Prenzlauer Berg um 1920
Noch heute erinnern Bauwerke und der Jüdische Friedhof an der Schönhauser Allee daran, dass es rund um die Rykestraße eine große jüdische Siedlung gab, als Prenzlauer Berg ein Bezirk von Groß-Berlin wurde.
Markantestes Bauwerk, das an die jüdische Geschichte im Ortsteil erinnert, ist die Synagoge in der Rykestraße 53. Mit dem Bau der Synagoge und einer Schule auf demselben Grundstück reagierte die Gemeinde Anfang des vorigen Jahrhunderts auf das starke Anwachsen der jüdischen Bevölkerung im Nordosten Berlins. Die Mehrheit waren Zuwanderer, die Arbeit in der preußischen Hauptstadt suchten. Und viele von ihnen wohnten in diesem Kiez.
1902 erwarb die jüdische Gemeinde zu Berlin deshalb das Grundstück an der Rykestraße. Nach den Plänen von Gemeindebaumeister Johann Hoeniger wurde nach nur zwei Jahren Bauzeit 1904 die Synagoge eingeweiht. 2000 Menschen fanden in ihr Platz. Vor der Synagoge wurde außerdem ein Schulgebäude errichtet. Dort zog zunächst die VI. Religionsschule der Jüdischen Gemeinde ein. Als Prenzlauer Berg 1920 ein eigenständiger Berliner Bezirk wurde, avancierte sie zu einer der meist besuchten Schulen ihrer Art. Letztlich wurde sie 1926 zur staatlich anerkannten III. Jüdischen Volksschule in Berlin. In dieser wurden, was seinerzeit noch ungewöhnlich war, Mädchen und Jungen gemeinsam in einer Klasse unterrichtet. 1940 enteignete die Heeresstandortverwaltung I Berlin die Gemeinde und richtete später in der Synagoge und im Schulgebäude ein Textillager der Wehrmacht ein.
Am 30. August 1953 weihte der Rabbiner Martin Riesenburger die Synagoge erneut. Sie wurde zum Zentrum der Ostberliner Jüdischen Gemeinde und spielt bis heute eine wichtige Rolle in der Stadt.
Unweit der Synagoge erinnert außerdem der jüdische Friedhof an der Schönhauser Allee daran, dass in diesem Gebiet viele Menschen jüdischen Glaubens lebten. Eröffnet wurde er 1827. Auf dem Friedhofsareal befinden sich etwa 22 800 Einzelgräber und 750 Erbbegräbnisstätten, beispielsweise der Familie Liebermann. Etliche Gräber wurden während der NS-Zeit verwüstet. Seit etwa 30 Jahren werden sie nach und nach restauriert. Und mehr über die jüdischen Trauer- und Begräbnisrituale erfahren Besucher in einer kleinen Ausstellung im 450 Quadratmeter großen Lapidarium am Friedhof, das 2005 eröffnete.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.