Helden des Alltags fordern mehr Unterstützung
Die Freiwillige Feuerwehr kämpft mit maroder Infrastruktur und schlechter finanzieller Ausstattung
Sie sind die Helden des Alltags: die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr. Kein anderes Ehrenamt genießt in allen Gesellschaftsschichten ein wohl so herausragendes Ansehen. Sanierungsbedürftige Gebäude und eine oft mangelhafte, veraltete und ausgedünnte Fahrzeugflotte machen der Einsatzfähigkeit der Freiwilligen Feuerwehr zu schaffen.
„Wir verwalten einen kaum mehr tragbaren Zustand“, sagt Sascha Guzy, Landesverbandsvorsitzender der Freiwilligen Feuerwehr in Berlin. Der gebürtige Blankenburger ist seit seiner Jugend mit der Feuerwehr verbunden und leitet die Feuerwache Alt-Blankenburg. In die hat der Vater einst den 12-Jährigen mitgenommen. Der junge Sascha war beeindruckt: „Hier habe ich Blut geleckt und schnell gemerkt, dass Freiwillige Feuerwehr mehr bedeutet als Dienst nach Vorschrift.
Für 3,50 Euro pro Stunde Menschenleben retten
In Berlin bringen sich derzeit insgesamt 1489 Freiwillige mit Herzblut, privatem Einsatz, ihrer Freizeit und sehr viel Eigenleistung ein. Und wo gibt es das noch, dass man für eine offizielle Aufwandsentschädigung von 3,50 Euro pro Einsatzstunde seine Gesundheit riskiert?“ Umso frustrierter waren Guzy und sein 28-köpfiges Team im letzten Jahr über den Berliner Nachtragshaushalt: „Da stand eine Null bei den Investitionen, das konnten wir nicht fassen.“
Nach Protesten, Brandbriefen und einem Marathon durch die Ämter, bei dem den Verantwortlichen die dramatische Lage der Berliner Feuerwehren klargemacht wurde, folgte eine kurzfristige Aufstockung der Investitionen. Bis Ende 2019 sollen aus dem Sondervermögen Infrastruktur, Wachsende Stadt und Nachhaltigkeitsfonds (SIWANA) 39 Millionen Euro in Gebäudesanierung und technische Infrastruktur fließen. „Ein erster Schritt, aber lange nicht genug“, sagt Sascha Guzy. Nach seiner Kalkulation werden alleine jährlich 23 Millionen Euro benötigt, um den veralteten Fahrzeugpark zu erhalten. Um die Mängel abzubauen und einen guten Zustand wieder herzustellen, brauche man bis 2025 jährlich mindestens weitere 40 Millionen Euro. Der Haushaltsentwurf für 2020 sieht für Investitionen in Fahrzeuge aber gerade mal knapp 17 Millionen Euro vor.
Von Seiten des Innensenats wird derweil der hohe Stellenwert der Freiwilligen Feuerwehr unterstrichen: Die Einsatzkräfte seien „eine wichtige Stütze für die Sicherheit unserer Stadt, die Respekt und Anerkennung verdienen“. Für Sascha Guzy müssen diesen Lippenbekenntnissen Taten folgen: „Die Bemühungen des Senats sind durchaus erkennbar, aber bei den Investitionen muss mehr kommen.“
Immerhin gab es für seine Feuerwache Alt-Blankenburg im vergangenen Jahr neue Fahrzeughallentore – die alten waren verrostet, mussten sogar teils gesperrt werden. In diesem Jahr startet die längst überfällige Renovierung des Sanitärbereichs. „Bald werden wir nach Einsätzen endlich duschen können“, freut sich Sascha Guzy.
Aufwand ist in Zahlen nicht zu fassen
Immerhin 150 mal rückte das Team 2018 aus, Tendenz steigend. „Wir müssen vier Minuten nach der Alarmierung einsatzbereit sein“, erklärt Sascha Guzy. Dieses Tempo will geübt sein, jeden ersten und dritten Donnerstag im Monat kommt man zu Übungen zusammen. Der Einstieg beginnt in der Regel in der Jungfeuerwehr mit ersten Einblicken in die Praxis. Später folgt für die Anwärter an unzähligen Abenden und Wochenenden eine zweijährige Ausbildung mit Prüfung, meist gefolgt von Weiterbildungen und Fachausbildungen in den verschiedenen technischen Bereichen. „ Der Aufwand ist in Zahlen kaum zu bemessen“, resümiert Guzy. Umso mehr freut er sich über den Nachwuchs. In Alt-Blankenburg sind momentan 20 Kinder und Jugendliche in der Jungfeuerwehr aktiv.
„Interessierte sollten einfach mal in der nächsten Wache vorbeischauen oder dieses Wochenende zu unserem Tag der offenen Tür am 31. August und 1. September nach Blankenburg kommen", empfiehlt Sascha Guzy.
Eine Liste mit den Standorten der Berliner Wachen findet man zum Beispiel im Internet unter www.berliner-feuerwehr.de
Autor:Michael Vogt aus Prenzlauer Berg |
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