Der Horror im Außendienst
Mitarbeiter des Ordnungsamtes erleben teils extreme Gewalt
Auf ihrer Sitzung am 6. Juli hat die BVV einstimmig eine von fast allen Fraktion gemeinsam eingebrachte dringliche Resolution verabschiedet. Darin wird jede Form der Gewalt gegenüber Beschäftigten im öffentlichen Dienst verurteilt.
Kein Mensch müsse Übergriffe – egal ob verbal oder körperlich – und gewalttätiges Verhalten im Dienst für das Gemeinwohl hinnehmen, heißt es in dem Text.
Das kling wie eine Binsenweisheit, hat aber einen ernsten Hintergrund. Wenige Tage zuvor hatte Ordnungsstadträtin Julia Schrod-Thiel (CDU) im zuständigen Ausschuss von zunehmenden und teilweise extremen Attacken berichtet, denen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Außendienst ausgesetzt sind.
Bereits die nackten Zahlen machen das deutlich. Bis Ende Juni hat es in diesem Jahr 44 verbale und neun körperliche Angriffe gegen die Kiezstreifen gegeben. 2021 waren es insgesamt 58 Beleidigungen, Beschimpfungen, Drohungen und 14 tätliche Angriffe.
Die Liste besonders schwerer Delikte reiche von bewusstem Anfahren der Mitarbeiter mit einem Auto, über Umzingeln und Einkesseln von Kolleginnen und Kollegen, Androhung von Schusswaffengebrauch oder Einsatz von Pfefferspray, nannte Julia Schrod-Thiel auf Nachfrage der Berliner Woche einige besonders schwere Fälle. Der CDU-Bezirksverordnete Julian Radeker berichtete in der BVV von einer Beschäftigten, vor der ein Mann in eine Flasche urinierte und den Inhalt danach auf ihrem Kopf auskippte.
Solche und weitere Taten kämen auch anlasslos vor, erklärte die Ordnungsstadträtin. Häufig würden sich unbeteiligte Dritte gegen die Ordnungskräfte solidarisieren. Renitenz nach eigenem Fehlverhalten sei inzwischen fast durchgehend zu beobachten. Dies habe sie selbst vor Kurzem bei einem Schwerpunkteinsatz mit der Polizei in der Heinsestraße erlebt. "Radfahrer, die beim unerlaubten Benutzen des Gehwegs erwischt wurden, reagierten mit der Frage, ob das Ordnungsamt nichts Besseres zu tun habe."
Die Übergriffe werden angezeigt, betont Julia Schrod-Thiel. Aktuell liefen fünf Verfahren. Eine angemessene Verurteilung wäre ein Schritt, um sich gegen solche Taten zu stellen. Auch der Opferschutz müsse deutlich erhöht werden. Im Amt gebe es psychologische Beratung und auch das Thema Nachsorge werde sehr ernst genommen.
Ganz wichtig, so meint die Stadträtin, wäre aber ein Umdenken und eine größere Sensibilität in der Gesellschaft. "Dienstkräfte müssen als normale Menschen wahrgenommen werden. Sie haben, genau wie jeder andere auch, Familie, Hobbys, Freunde, Sorgen, Ängste, Freuden und Nöte."
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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