"Es ist höchste Zeit zu handeln"
Schimmel an der Anna-Lindh-Grundschule

Schimmel, Raumnot, unsanierte Klassenzimmer, maroder Hort: Es reicht. Anke Erler (r.) und die anderen Eltern wollen die Schule ihrer Kinder endlich komplett saniert haben.  | Foto: Ulrike Kiefert
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  • Schimmel, Raumnot, unsanierte Klassenzimmer, maroder Hort: Es reicht. Anke Erler (r.) und die anderen Eltern wollen die Schule ihrer Kinder endlich komplett saniert haben.
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Zwölf Klassen der Anna-Lindh-Grundschule in der Guineastraße 17 mussten nach den Osterferien zu Hause bleiben wegen Schimmels im Schulhaus. Nachbarschulen haben Räume angeboten. Bis Ende April sollen alle Klassen wieder zurück in den Präsenzunterricht. Doch der Schimmel ist kein neues und auch nicht das einzige Problem.

Es war der Freitag, kurz vor dem Ende der Osterferien, als Mathias Hörold eine E-Mail aus dem Bezirksamt erreichte. Darin gab das Schulamt dem Schulleiter die letzten Messdaten bekannt. Das Ergebnis: Trotz spezieller Reinigung fand sich in einem bereits geschlossenen Gebäudeteil (Trakt B) immer noch eine zu hohe Konzentration von Schimmelsporen in der Raumluft. Auch in Fluren eines weiteren Gebäudes auf dem Schulcampus wurden Sporen gemessen.

Mit den Ergebnissen allein gelassen

Niederschmetternde Nachrichten also. Doch was aus den Messergebnissen für Konsequenzen zu ziehen sind, teilte das Bezirksamt als Schulträger dem Schulleiter drei Tage vor Unterrichtsbeginn nicht mit. Also hängte sich Mathias Hörold ans Telefon und beriet sich noch am selben Tag mit einer Fachkraft für Arbeitssicherheit. Die empfahl, die kontaminierten Bereiche für den Schulbetrieb zu sperren, was der Schulleiter tat. Zwölf Klassen, rund 250 Schüler, mussten somit nach den Osterferien ungeplant zu Hause bleiben.

Ausweichräume an anderen Schulen

Inzwischen hat sich die Lage etwas entspannt. Die Ernst-Schering-Oberschule und das Lessing-Gymnasium haben der Anna-Lindh-Grundschule Ausweichräume bis zum Schuljahresende angeboten. Auch im Kinder- und Jugendclub „Aktionsraum“ kommen Schüler unter. Damit sei die Schule nun in der Lage, „den zwölf Klassen im Homeschooling sukzessiv wieder ein Präsenzangebot zu machen“, informierte Mathias Hörold die Eltern. Momentan sind nur noch die beiden Willkommensklassen und drei weitere Klassen im Homeschooling. Die werden aber demnächst in die Oberschule und den „Aktionsraum“ umziehen. Sofern nicht alle Schulen coronabedingt geschlossen werden, könnten ab Ende April wieder alle Klassen am Präsenzunterricht teilnehmen, hofft der Schulleiter, der alles selbst organisieren musste.

Ursachen des Schimmelbefalls
müssen beseitigt werden

Wegen des Schimmelbefalls hat das Bezirksamt Gutachten beauftragt und Luftreiniger aufstellen lassen. Im gesperrten Keller werden die Zugänge versiegelt oder mit Schleusen versehen. Und eine Abluftanlage soll Unterdruck erzeugen, damit saubere Außenluft nachströmen kann. Damit lassen sich aber erst mal nur die Symptome beheben, räumte Schulstadtrat Carsten Spallek (CDU) auf der letzten Sitzung des Schulausschusses ein. Langfristige Maßnahmen zur Ursachenbekämpfung seien dagegen aufwendig und teuer. So müsste beispielsweise der Keller als Schimmelquelle trockengelegt und zum Erdgeschoss hin baulich abgeschottet werden. Die Kellerräume seien im Gebäudescan der Schulbauoffensive aber gar nicht erfasst worden, so Spallek. Der Scan sei 2016 von knapp elf Millionen Euro für die Schulsanierung ausgegangen. „Wir liegen jetzt aber schon bei sieben Millionen Euro.“ An der Grundschule wurden seit 2015 Stränge und WCs erneuert. Die Dachsanierung läuft seit 2018. Als nächstes sind die zwei übereinanderliegenden Turnhallen dran.

Die untere Turnhalle ist allerdings schon seit 2015 wegen Schimmels gesperrt. Der Hausmeister hatte dort seit 2010 immer wieder Schimmelflecken entdeckt. Der Schwamm sitzt also schon länger im Gemäuer. Der aktuelle Befall wurde laut Hochbauamtsleiterin Claudia Zirra jedoch erst im September 2020 bei Leitungsarbeiten im Keller festgestellt. Trotz Akutmaßnahmen breitete sich der Schimmel von dort offenbar ins Erdgeschoss aus.

"Die gesamte bauliche Situation
ist dramatisch schlecht"

Für Schulleiter Mathias Hörold ist der Schimmelbefall derzeit zwar das „herausforderndste Problem“, längst aber nicht das einzige: „Die gesamte bauliche Situation an der Schule ist dramatisch schlecht“, betonte Hörold im Schulausschuss. Und er nannte Beispiele: Heizungsausfälle, Raumnot, unsanierte Klassenzimmer, Wasserschaden im Hort, gesperrte Turnhalle, Containerlösung statt zweiter richtiger Mensa. „Lehrer und Eltern ertragen das seit Jahren, ihre Belastungsgrenze ist erreicht.“ Hörold forderte darum vom Stadtrat, endlich die Komplettsanierung der Grundschule anzugehen. „Kein Klein-Klein mehr, sondern eine Sanierung von oben bis unten.“ Einen Umzug an Ausweichstandorte während der Bauzeit würden auch alle mitmachen – Hauptsache, „danach ist alles schön“. So aber fürchte er um den Ruf der Schule, die mit über 800 Schülern Berlins größte Grundschule ist und ein spezielles Konzept für Hochbegabte hat. „Wenn wir nicht Rütli Zwei werden wollen, ist es höchste Zeit zu handeln.“

Eltern gehen auf die Barrikaden

Das sehen die leidgeprüften Eltern genauso. „Wir haben so manches verständnisvoll mitgemacht“, sagt Anke Erler vom Vorstand der Gesamtelternvertretung. Mittlerweile aber sei die Stimmung gekippt. „Die Eltern sind wütend und bereit, auf die Barrikaden zu gehen. Wir brauchen eine Gesamtstrategie für diesen Schulstandort und kein Flickwerk.“ Wie problematisch die bauliche Situation der Schule ist, weiß Anke Erler, seit ihre älteste Tochter vor sechs Jahren eingeschult wurde. Und nun auch noch der Schimmel. „Die Schule nutzt gerade alle Räume für den Unterricht, die Mensa, die Aula, ja selbst die Leseecke. Das ist unerträglich und kann kein Dauerzustand sein.“ Auch wüssten Eltern und Lehrer gar nicht, in welchen Räumen es vielleicht noch schimmelt. „Es gibt immer noch Flure und Flächen, in denen nach unserer Kenntnis nicht gemessen wurde.“ Wegen der gesundheitlichen Risiken würden viele Eltern ihre Kinder mit großer Sorge in die Schule schicken.

Betroffen vom Schimmelbefall ist auch Danny, im Kiez nur unter seinem Künstlernamen „BB65“ bekannt. Der Musiker hat in der Grundschule sein Tonstudio, arbeitet mit Profis und macht ehrenamtlich Musik für die Schüler. Seit Ende 2020 ist sein Studio dicht. „Rein darf ich erst seit anderthalb Wochen wieder“, erzählt Danny, obwohl schon im Februar fest gestanden habe, dass die Sporenbelastung hier nur gering sei. Jetzt will der Musiker sein Online-Musikangebot für die Schüler wieder anschieben.

Dringlichkeitsantrag verabschiedet

Für die SPD-Fraktion ist der Schimmel an der Anna-Lindh-Grundschule die „Neverending-Story“ schlechthin. „Immer wieder fallen Schul- und Sporträume aufgrund von Schadstoffbelastung weg. Weiteres Stückwerk mit kleinen Maßnahmen darf es nicht geben“, sagt Daniel Schwarz. Seine Fraktion werde alles unterstützen, was zu einer schnellen Rückkehr in den normalen Schulbetrieb nötig sei.

Der Schulausschuss verabschiedete indes einstimmig einen Dringlichkeitsantrag. Der fordert das Bezirksamt auf, alles Notwendige zu tun, um die gesperrten Räume zu ertüchtigen und eine weitere Ausbreitung des Schimmels zu verhindern. Bis zum Herbst sollte außerdem ein Gesamtkonzept für eine „umfassende Schimmelsanierung“ vorliegen.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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