Oliver Schulz mit einer Investition am Weißen See

Der Theaterwissenschaftler Oliver Schulz ist seit 2003 der Betreiber des Strandbads. | Foto: BW
  • Der Theaterwissenschaftler Oliver Schulz ist seit 2003 der Betreiber des Strandbads.
  • Foto: BW
  • hochgeladen von Bernd Wähner

Weißensee. Am 9. November 1989 wurde die Berliner Mauer geöffnet. Seitdem entwickelte sich nicht nur Berlin rasant, in den vergangenen 25 Jahren veränderte sich auch das Leben vieler Menschen in dieser Stadt. Die Berliner Woche stellt einige von ihnen vor.

Dass er einmal ein Strandbad betreiben würde, hätte Oliver Schulz vor 25 Jahren nicht gedacht. Er war seinerzeit ein junger, aufstrebender Theatermacher. Der Weißenseer hatte in Leipzig Theaterwissenschaften studiert. Im Herbst 1989 war er gerade dabei, in der Brotfabrik am heutigen Caligariplatz als Gastregisseur ein Stück zu inszenieren. "Das Stück hieß ,Unter dem Milchwald‘ von Dylan Thomas", erinnert er sich. "Ich hatte am 9. November lange gearbeitet. Deshalb war ich noch draußen unterwegs. Auf der Straße kamen mit zwei junge Frauen entgegen. Sie hatten eine geöffnete Flasche Sekt in der Hand. Ich sollte mit ihnen darauf trinken, dass die Mauer geöffnet wurde."

Oliver Schulz konnte das nicht glauben. Aber dann hielt ein Taxi neben den dreien. "Der Fahrer sagte: Ich fahr jetzt in den Westen. Wollt ihr mitkommen? Wir stiegen ein. An der Bornholmer Straße ging’s dann rüber." Es verschlug den damals 29-Jährigen schließlich nach Kreuzberg. Am nächsten Morgen ging es dann zurück nach Weißensee.

Die Premiere in der Brotfabrik wurde wegen der aktuellen Ereignisse verschoben. "Als sie dann stattfand, war Professor Walter Nickel unter den Zuschauern", erinnert sich Schulz. "Er sprach mich an, ob ich nicht Lust hätte, mich für den Masterstudiengang an der Hochschule der Künste (HdK) einzuschreiben. Offenbar hatte ihm gefallen, was ich inszeniert hatte. Ich dachte mir: Wer weiß, wie sich das alles entwickelt. Wenn man neben dem Ost- einen Westabschluss in der Tasche hat, wäre das ja nicht schlecht."

Gleich im Sommersemester begann Oliver Schulz an der HdK. Anfang der 90er-Jahre war der Theaterwissenschaftler dann Mitarbeiter beim Kulturamt Weißensee. "Ich leitete das soziokulturelle Zentrum am Solonplatz, bis der Vermieter 1994 die Räume kündigte. Die stehen heute immer noch leer", sagt er. Danach war Schulz einige Zeit in der Brotfabrik beschäftigt. Ende der 90er-Jahre begann Berlin, in den Verwaltungen kräftig Personal einzusparen. Schulz kam in den Personalüberhang. Man schickte ihn nach Marzahn. Dort leitete er einige Zeit eine Jugendkultureinrichtung. "Ich merkte aber: Das ist nicht mein Ding", erinnert er sich. Deshalb schlug er ein, als das Land Berlin seinen Überhangmitarbeitern den "goldenen Handschlag" anbot.

Die große Wende in seinem Leben nach dem Mauerfall gab es 2003. Die Berliner Bäderbetriebe suchten per Ausschreibung einen Betreiber für das Strandbad Weißensee. "Mir war klar, das Strandbad kann man nur wirtschaftlich betreiben, wenn man mehr als den Badebetrieb anbietet", so Schulz. Er schrieb ein Konzept. "Von Anfang an wollten ich auch kulturelle und gastronomische Angebote am Strand machen: Konzerte, Lesungen, Tanz, Party." Er erhielt den Zuschlag. "Ich habe dann das Geld, das ich beim goldenen Handschlag erhielt, investiert."

Im Spätsommer 2003 war Strandbad-Wiedereröffnung. Ein Rückschlag folgte 2004. Ein Brandanschlag beschädigte die Gebäude. "Danach meldeten sich sofort viele Unterstützer aus Weißensee. Alle ermunterten uns, weiterzumachen", so Schulz. "Man wird mit dem Strandbad nicht reich. Wir investieren hier jedes Jahr aufs Neue. Es macht aber Spaß hier zu arbeiten, weil wir ein dankbares Publikum haben", sagt der Betreiber. In der Hochsaison bietet das Strandbad Weißensee inzwischen übrigens bis zu 70 Leuten einen Job.

Rückblickend sagt Oliver Schulz: "Der Mauerfall war aus meiner Sicht das Beste, was passieren konnte. Ein Strandbad privat betreiben: Das wäre zu DDR-Zeiten gar nicht gegangen."

Bernd Wähner / BW
Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

83 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Spezialitätenrestaurant "Yummy Kitchen" in der Zossener Straße ist imer einen Besuch wert.
6 Bilder

Yummy Kitchen
Köstlichkeiten aus der südindischen und sri-lankischen Küche

Seit 2021 existiert das Spezialitätenrestaurant "Yummy Kitchen" im angesagten Kreuzberger Kiez und lädt Liebhaber der südindischen und sri-lankischen Küche zum ausgiebigen Schlemmen und Genießen ein. So wundert es nicht, dass sich die Location, die über Innenplätze auf zwei Ebenen sowie einen gemütlichen Außenbereich verfügt, zu einem geschätzten Treffpunkt gemausert hat, der zahlreiche Berliner Stammgäste, aber auch Touristen aus dem In- und Ausland regelmäßig begrüßt. Verkehrsgünstig und...

  • Kreuzberg
  • 26.04.24
  • 72× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Vernachlässigen Sie nicht Ihre Füße. Dieses wichtige Körperteil trägt uns durchs Leben.

Probleme und ihre Lösungen
Probleme rund um den ganzen Fuß

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Sobald Beschwerden auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen Einblicke in die Anatomie des Fußes und behandeln gezielt Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen. Erfahren Sie mehr über Fußprobleme wie Achillessehnenbeschwerden,...

  • Hermsdorf
  • 25.04.24
  • 204× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Veggie & Vega in der Gneisenaustraße 5.
6 Bilder

Veggie & Vega Restaurant
Gesundes Essen mit exzellentem Geschmack

Seit Frühjahr 2023 existiert das Restaurant Veggie & Vega in Kreuzberg, das eine Vielzahl an vegetarischen sowie veganen Speisen aus der (süd)indischen Küche anbietet. "Gesund" lautet hier dementsprechend das Motto, wobei alle Gerichte durch die spezielle Komposition von frischen Zutaten und den ganz passenden Gewürzen zu einem wahren Gaumenschmaus fusionieren. Die vegetarische oder vegane Ernährungsform ist seit Langem nicht nur ein Trend, sondern vielmehr eine Lebenseinstellung, der immer...

  • Kreuzberg
  • 25.04.24
  • 190× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Hüftschmerzen beeinträchtigen Ihr Leben? Lassen Sie sich nicht länger quälen! | Foto: milangucic@gmail.com

Schonende OP-Methode
Patienteninfo: Wenn die Hüfte schmerzt

Hüftschmerzen beeinträchtigen Ihr Leben? Lassen Sie sich nicht länger quälen! Entdecken Sie die neuesten Wege zur Befreiung von Hüftschmerzen auf unserem Infoabend. Unser renommierter Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums, Tariq Qodceiah, führt Sie durch die modernsten Methoden bei Hüftoperationen. Erfahren Sie, wie die schonende AMIS-Methode eine minimalinvasive Implantation von Hüftprothesen ermöglicht und die Fast-Track-Behandlung eine rasche...

  • Hermsdorf
  • 26.04.24
  • 42× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 256× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 614× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.