Polizei verzichtete auf Warnung
Linken-Politiker Ferat Koçak kritisiert Verhalten der Sicherheitsbehörden

Der Neuköllner Abgeordnete Ferat Koçak (Die Linke) erhebt Vorwürfe gegen die Berliner Polizei. Sie habe ihn nicht über Drohbriefe gegen seine Person informiert, so der Landespolitiker.

Ähnliches hat Ferat Koçak schon einmal erlebt. Er ist eines der Opfer der rechten Anschlagserie, die es seit Jahren im Bezirk Neukölln gibt. In der Nacht vom 31. Januar zum 1. Februar 2018 steckten Täter sein Auto in Brand. Es stand direkt neben dem Rudower Wohnhaus seiner Eltern. Er wachte vom Feuerschein auf und konnte seine Eltern und sich in Sicherheit bringen. Seine Mutter erlitt einen Herzinfarkt. Erst nach dem Anschlag erfuhr er, dass das Landeskriminalamt (LKA) im Vorfeld Hinweise darauf gehabt hatte, dass er von Neonazis verfolgt und ausgespäht wurde.

Am 17. März hat Ferat Koçak nun als Zeuge beim sogenannten NSU-2.0-Prozess am Frankfurter Landgericht ausgesagt. Dort ging es unter anderem um Drohbriefe des „Nationalsozialistischen Untergrunds“. Zwei von drei Schreiben, in denen Koçak namentlich bedroht wird, waren ihm bis zur Gerichtsladung unbekannt. Eines stamme aus dem Jahre 2019 und sei an das LKA gerichtet gewesen, so Koçak. Es enthalte seine vollständige Adresse, rassistische Schmähungen und Drohungen. Außerdem behaupte der Verfasser, hinter dem Rudower Brandanschlag zu stecken.

Obwohl es mehrere Gespräche mit dem LKA gegeben habe, sei ihm nichts von dem Schreiben erzählt worden, so der Politiker. „Die Unterlassung fand in einer Zeit statt, in der ich im intensiven Kontakt mit dem LKA stand und gerade erst der Skandal aufgeflogen war, dass ich nicht über meine Beobachtung durch Neonazis informiert wurde“, so Koçak. „Müssen mir Nazis erst die Waffe an die Schläfe halten, bevor das LKA tätig wird?“ Das Landeskriminalamt schätzt die Lage offenbar anders ein. Eine „tatsächliche Gefährdung“ von Koçak habe sich nicht ergeben, teilte die Behörde dem Fernsehsender rbb mit.

Der Linken-Politiker setzt nun Erwartungen in den parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der in Kürze seine Arbeit aufnehmen und sich mit den Neuköllner Anschlägen beschäftigen soll. „Das darf keine nette Gesprächsrunde sein. Der Ausschuss muss einen echten Aufklärungswillen zeigen, wenn es um die Verstrickungen von rechtem Terror und Sicherheitsbehörden geht.“

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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