Wo es brennt, sagt der Bürger
Charlottenburg-Wilmersdorf. Mit vielen Stimmen gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung: Leon Friedel spinnt als Leiter eines in Berlin einmaligen Projekts verschiedenste Fäden zu einem Ganzen.
Anlässlich der ersten Demokratie-Konferenz sprach er mit Reporter Thomas Schubert. Und zeigt statt Fertiglösungen Offenheit für Ideen.
Frage: Was ist die „Partnerschaft für Demokratie“ und wie funktioniert sie?
Leon Friedel: Es handelt sich um ein Projekt, das in Charlottenburg-Wilmersdorf Anfang 2015 gestartet ist und vom Bundesfamilienministerium gefördert wird – und zwar für fünf Jahre. Innerhalb dieser Partnerschaft wollen wir verschiedenste Ziele erreichen. Zum einen soll das vielfältige Miteinander im Bezirk gefördert werden. Dabei lautet die Frage: Wie können wir diese positive Ressource mehr nutzen? Gleichzeitig wollen wir das Engagement gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus und andere menschenfeindliche Phänomene stärken. Und es geht dabei auch um ganz lokale Problemlagen im Bezirk – zum Beispiel Orte, an denen eine Verdrängung stattfindet. Diese Ziele verfolgen wir, indem wir aus einem Topf mit 20 000 Euro pro Jahr Projekte fördern. Selbst einfache Bürgerinnen und Bürger können sich melden und zum Beispiel Vorschläge liefern, wie sie ein themenbezogenes Nachbarschaftsfest feiern wollen. Oder wie ein Café aussehen könnte, in dem sich Flüchtlinge und Einheimische ihre Lebensgeschichten erzählen. Wir unterstützen demokratische Vorhaben zudem durch Netzwerkarbeit, indem wir verschiedene Bevölkerungsgruppen verbinden. Und wir werden aktiv im Bereich Schulung und Förderung.
Frage: Was war der Ausgangspunkt der ersten Demokratie-Konferenz und was ist das Ziel?
Leon Friedel: Es handelt sich um den Auftakt einer Serie. In den nächsten fünf Jahren wird es jeweils zwei Konferenzen geben. Also insgesamt zehn an der Zahl. In der Aufbauphase ist es das Ziel, interessierte Bürgerinnen und Bürger erstmals zusammenzubringen und eine Bestandsanalyse zu liefern. Die Fragen heißen: Wie sieht es bei den Problemthemen derzeit im Bezirk aus? Und was braucht Charlottenburg-Wilmersdorf für die Zukunft? Die nächsten Konferenzen knüpfen an die erste an, können sich aber anders gestalten und besondere Schwerpunkte setzen. Da sind wir offen und experimentierfreudig.
Frage: Was sind die nächsten Schritte im Anschluss an die Konferenz?
Leon Friedel: Im Steuerungsgremium, dem Begleitausschuss unter dem Vorsitz von Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann, werden sich die Mitglieder in Kürze beraten. Bis dahin liegen voraussichtlich auch die ersten Projektanträge vor, bei denen im Ausschuss darüber entschieden wird, ob sie gefördert werden oder nicht. Und man wird sich in dieser Runde Gedanken machen über die strategische Ausrichtung der Partnerschaft. Die zweite Demokratie-Konferenz 2015 soll dann im Oktober folgen.
Frage: Das „Register Charlottenburg-Wilmersdorf“ hat festgestellt, dass rechtsextreme Übergriffe deutlich zunehmen. Wie kann sich die Partnerschaft diesem Problem widmen?
Leon Friedel: In unserer Partnerschaft ist das Register eine treibende Kraft und ist auch im Begleitausschuss vertreten. Zur Bekämpfung von deutsch-völkischem Rechtsextremismus gibt es leider kein Allheilmittel. Projekte gegen braune Gewalt und menschenfeindliche Ideologien müssen immer auf die jeweilige Gegend, Wohnbevölkerung und die Art der Vorkommnisse zugeschnitten sein. Daher wollen wir gerade nicht von oben herab etwas durchsetzen, sondern sind auf Menschen aus Charlottenburg-Wilmersdorf angewiesen, die mit ihren Ideen zu uns kommen. Es geht uns darum, Lösungen aus der Zivilgesellschaft heraus zu entwickeln. Das kann in Vereinen und Organisationen geschehen oder auf unseren Konferenzen. Und es wird ein längerfristiger Prozess.
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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