Barrierefreiheit für alle: Bericht zu Lebenslagen von Menschen mit Behinderungen
Charlottenburg-Wilmersdorf. Ende 2015 hatten 53.433 Menschen im Bezirk eine anerkannte Behinderung. Bisher war wenig bekannt, unter welchen Bedingungen sie leben, welche Probleme sie haben. Nun liegt eine repräsentative Umfrage vor.
Zwei Drittel der Befragten sind mit ihrer Wohnsituation zufrieden, vor allem die Älteren. Trotzdem ist eine behindertengerechte Anpassung der Wohnungen insbesondere in Charlottenburg-Nord, Mierendorffplatz und Grunewald notwendig. Vielfach gab es auch den Wunsch nach alternativen Wohnformen.
Im Verhältnis zu anderen Teilen der Bevölkerung haben Menschen mit Behinderungen im Bezirk niedrigere Bildungs- und Ausbildungsabschlüsse, im Berliner Durchschnitt liegen sie darüber. Die Erwerbsquote beträgt 58 Prozent, in der Gesamtbevölkerung sind es 78 Prozent. Fast zwei Drittel der Befragten beziehen eine Altersrente, acht Prozent eine Erwerbsminderungsrente.
Mehr Beratung gewünscht
Mehr als jeder zehnte Mensch mit Behinderungen beansprucht Assistenz- und Mobilitätsdienste. Für die Betroffenen sind die Kostensenkung und die Angebotserhöhung von großer Bedeutung. Deutlich wurde, dass die Ausbildung ambulanter Pflegedienstleister besser werden muss. Pflegende Angehörige möchten mehr Beratung und Begleitung.
Fast 20 Prozent wünschen sich mehr soziale Kontakte, insbesondere die 18- bis 49-Jährigen. Diese Gruppe ist auch mit den kulturellen, Freizeit- und Sportangeboten unzufrieden, 45 Prozent aller Befragten finden sie ausreichend. Insgesamt zeigen 55,5 Prozent eine hohe Lebenszufriedenheit, 38,3 Prozent sind teilweise und sechs Prozent nicht zufrieden.
Problematisch für alle ist aber die in weiten Bereichen des Alltags fehlende Barrierefreiheit. Das schlägt sich auch in den Schlussfolgerungen der Befragung nieder: Der senioren- und behindertengerechte Wohnungsneu- und ausbau sowie alternative Wohnformen müssen gefördert werden. Deshalb soll die zentrale Anlaufstelle für betreute Wohnformen „Lotse Berlin“ bei Menschen mit Behinderungen noch bekannter gemacht werden. Überlegenswert ist auch die Erweiterung des Beratungsangebots für Menschen mit Behinderung, aber ohne Betreuungsbedarf. Stärker sollen zudem Ordnungswidrigkeiten, die die Barrierefreiheit einschränken, geahndet werden. Um eine den Bedürfnissen entsprechende Gesundheits- und Pflegeversorgung zu gewährleisten, ist das Hilfesystem für pflegende Angehörige zu verbessern. Das geht nicht ohne zusätzliches Personal.
Aktionsplan umsetzen
Um eine vollständige soziale Inklusion zu erreichen – das bedeutet, dass jeder Mensch ganz natürlich dazugehört –, muss es mehr Angebote zur gesellschaftlichen Teilhabe geben und ein breiteres soziales Hilfenetzwerk. Das bedeutet aber auch, den bezirklichen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention konsequent weiterzuführen. Oder wie die Aktion Mensch es ausdrückt: gemeinsam verschieden sein. ReF
Autor:Regina Friedrich aus Wilmersdorf |
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