Trauer um Riza Baran
Ehemaliger BV-Vorsteher Riza Baran starb mit 78 Jahren

Riza Baran (1942-2020). | Foto: Thomas Frey
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Auch nach seinem Ausscheiden aus der aktiven Politik blieb Riza Baran präsent. Und wenn ihm ein Anliegen wichtig war, meldete er sich zu Wort. Jetzt nicht mehr. In der Nacht zum 4. Mai ist Riza Baran gestorben, wie die Grünen mitteilten. Zwei Wochen nach seinem 78. Geburtstag.

Die Bündnispartei war seine politische Heimat, seit er vor rund 40 Jahren zu den Mitbegründern ihres Vorgängers, der Alternativen Liste, gehört hatte. Als Mitglied der Grünen-Fraktion saß er zunächst von 1992 bis 1995 im Kreuzberger Bezirksparlament. Es folgten vier Jahre als Mitglied des Abgeordnetenhauses. Und danach zwischen 2001 und 2006 das höchste Amt seiner politischen Karriere: als Vorsteher der BVV von Friedrichshain-Kreuzberg und damit protokollarisch ranghöchster Repräsentant des Bezirks.

Er wäre trotz mancher Schwierigkeiten privilegiert gewesen, sagte Riza Baran bei einem Gespräch vor einigen Jahren. Umso wichtiger sei es ihm, auch anderen eine Stimme zu geben. Das machte er als Interessenvertreter, Kümmerer, Netzwerker verschiedener Vereine und Initiativen, etwa dem kurdischen Zentrum oder der Aziz-Nesin-Europaschule. Auch die Städtepartnerschaft mit dem Istanbuler Bezirk Kadiköy geht auf sein Engagement zurück. Und als Vorsteher brachte er die Senioren-BVV auf den Weg.

Riza Barans Biografie war typisch für viele Menschen aus der ersten Zuwanderergeneration. Und auch wieder nicht. Deutlich wurde das bei einem Treffen im Jahr 2013. Der Anlass war der 50. Jahrestag seiner Ankunft in Deutschland. Zum Termin brachte Riza Baran seinen Pass mit. Er war voll von Stempeln. Der erste datierte vom 18. März 1963 und markierte sein Ausreisevisum aus der Türkei. Ein weiterer, zwei Tage später ausgestellt, stand für die Einreiseerlaubnis in seine neue Heimat. Danach folgten eine Menge Vermerke, die die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis anzeigten.

Wie viele andere in jenen Jahren habe er eigentlich nicht daran gedacht, hier Wurzeln zu schlagen, resümierte Riza Baran im Rückblick. "Ich wollte studieren und nach meinem Abschluss als Bauingenieur wieder zurück."

Nicht nur bei ihm kam das dann anders. Und daraus ergab sich auch sein Engagement für andere, damals sogenannte Gastarbeiter – gerade um das, was erst viel später unter dem Begriff Integration zusammengefasst wurde. Etwa Spachkurse, die er mit anderen in Kreuzberg bereits in den 70er-Jahren organisierte, denn ihm sei sehr schnell klargeworden, dass die meisten Menschen hier bleiben werden, auch wenn sie das zunächst nicht geplant hätten. Als Beispiel und Erklärung dafür diente sein eigener Lebensweg.

Er arbeitete als Lehrer und Dolmetscher. Und sehr früh erkannte er, dass manchen Zielen und Forderungen durch aktive politische Mitarbeit eher Gehör verschafft werden kann.

Für sein Engagement um die Stadtgesellschaft wurde Riza Baran im Oktober 2019 vom Senat mit dem Berliner Landesorden ausgezeichnet. "Ich brachte meine Herkunft mit und habe mich hier verändert, ebenso wie das Land", stellte er nach 50 Jahren in Deutschland fest.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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