Als Berlin nur noch ein Trümmerfeld war
Erinnerung an das Kriegsende vor 75 Jahren

Kaum noch vorhanden: das nördliche Kreuzberg, hier die Gegend um die Ritterstraße nach Kriegsende.  | Foto: Friedrichshain-Kreuzberg Museum
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  • Kaum noch vorhanden: das nördliche Kreuzberg, hier die Gegend um die Ritterstraße nach Kriegsende.
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Am 2. Mai 1945 kapitulierte Berlin. Sechs Tage später war der Zweite Weltkrieg zu Ende. Nach fünf Jahren, acht Monaten und rund 55 Millionen Toten.

Daran sollte eigentlich aus Anlass der 75. Wiederkehr mit zahlreichen Veranstaltungen erinnert werden. Auch dadurch, dass der 8. Mai in diesem Jahr ausnahmsweise zum Feiertag erklärt wurde. Wegen Corona findet das Gedenken jetzt fast ausschließlich online statt. Es sollte bei allen aktuellen Problemen, nicht ganz vergessen werden.

Dem Kriegsende vorausgegangen waren in Berlin heftige Kämpfe. Am 16. April begann die Rote Armee von der Oder aus mit ihrem Vormarsch auf die Reichshauptstadt. Drei Tage später hatte sie bereits die östliche Stadtgrenze erreicht. Die sowjetischen Truppen kämpften sich über die Landsberger und Frankfurter Allee in Richtung Stadtzentrum vor. Ein letztes Aufgebot von Wehrmachtseinheiten und Volkssturmmännern sollte sie aufhalten.

Teile von Friedrichshain waren bereits am 22. April eingenommen worden, in Kreuzberg dauerte das für manche Gebiete bis zum Ende des Monats. Eine der letzten Hauptkampflinien verlief entlang des Landwehrkanals.

Die letzte Phase des Krieges war bereits seit Jahresbeginn mit schweren Bombenangriffen eingeleitet worden. Bei dem am 3. Februar 1945 wurden weite Teile der Innenstadt zerstört, einschließlich des nahezu gesamten nördlichen Kreuzbergs.

Mehr als die Hälfte der Häuser zerstört

Drei Sprengbomben fielen beim Angriff am 26. Februar auf den damaligen U-Bahnhof Memeler Straße, heute Bahnhof Weberwiese. Mehr als 100 Menschen sind dabei gestorben. Viele von ihnen hatten in dem Bahnhof Schutz gesucht. Gebäude, die danach noch standen, wurden während der Kämpfe bei der "Schlacht um Berlin" zerstört. Im heutigen Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg waren im Mai 1945 mehr als die Hälfte aller Häuser nicht mehr vorhanden oder nur noch Ruinen.

Die Zivilbevölkerung verbrachte diese Tage weitgehend in den Bunkern. Verlassen wurden die meist nur, um etwas Essbares zu organisieren. Teilweise kam es auch zu Plünderungen, wie im Osthafen. Es dominierte die Angst um das eigene Leben und die Furcht vor der Zukunft. Auch die Übergriffe und Vergewaltigungen der Roten Armee nach dem Sieg über Nazideutschland ließ bei vielen zunächst nicht das Gefühl von Befreiung aufkommen. Eher sah man sich in der Opferrolle und vergaß Ursache und Wirkung.

Vergessene Retterin

Das galt nicht für alle. Zu denen, die diese Tage als eine, wenn auch "gefährliche Befreiung" erlebt haben, gehörte Ludwig von Hammerstein. Der Offizier gehörte zum Kreis der Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944. Als einer der wenigen Beteiligten konnte er danach untertauchen. Aufnahme fand er in der Wohnung der Drogistin Hertha Kerp in der Oranienstraße 33. Sie hatte dort zuvor bereits Juden versteckt.

Am 26. April 1945 beobachtete Hammerstein den Abzug der letzten deutschen Truppen aus der Gegend. Kurz darauf erschienen die ersten sowjetischen Soldaten. Ihnen klar zu machen, dass er kein "Faschist" sei, war zunächst nicht ganz einfach.

Ludwig von Hammerstein machte im Nachkriegsdeutschland Karriere, war unter anderem Intendant des Rias. Seine Retterin Hertha Kerp ist heute ziemlich vergessen. Nicht einmal eine Gedenktafel erinnert an sie.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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