Konter im Schilderkampf
Stadtrat Andy Hehmke und seine Version zur Radspur an der Tamara-Danz-Straße

Das durchgestriche Radspurschild könnte zumindest als Erlaubnis zum Parken interpretiert werden, findet Andy Hehmke.  | Foto: Thomas Frey
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  • Das durchgestriche Radspurschild könnte zumindest als Erlaubnis zum Parken interpretiert werden, findet Andy Hehmke.
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Er würde sich gerne zu einem Vor-Ort-Termin treffen, regte Andy Hehmke (SPD) an. Dort könne er seine Sicht, beziehungsweise die des Ordnungsamts, am besten darstellen.

Also ein Treffen an der Tamara-Danz-Straße. Sie stand zuletzt im Zentrum heftiger Auseinandersetzungen. Denn auf der dort vorhandenen Radspur parken regelmäßig Autos, ohne dass das in den meisten Fällen Konsequenzen hat. Weder in Form von Strafzetteln, erst recht nicht werden sie abgeschleppt. Was dem Ordnungsstadtrat den Vorwurf der Untätigkeit einbrachte. Wobei Angriffe dieser Art noch ziemlich harmlos waren. Vor allem im Netz wüteten wirkliche oder vermeintliche Fahrradenthusiasten. Höhepunkt der Tiraden war ein Tweet vom 24. Februar, dessen Verfasser durchspielte, wie es wäre, wenn Andy Hehmke "einen Unfall hätte" (wir berichteten).

Zwei Tage später entzündete sich an diesem Hasstweet eine erregte BVV-Debatte. Auch die Situation in der Tamara-Danz-Straße spielte eine Rolle. Hehmke verwies darauf, dass die Schilder am Radweg teilweise unvollständig und fehlerhaft seien und zitierte dabei aus einem Schreiben des Straßen- und Grünflächenamtes. Dessen Dienstherr, Baustadtrat Florian Schmidt (Bündnis90/Grüne), stellte das einen Tag später in Abrede. Die unzureichende Beschilderung habe sich auf eine Baustelle bezogen. Nicht auf die Radspur. Was Hehmke wiederum zu seinem Vorschlag einer direkten Inaugenscheinnahme veranlasste.

An diesem Tag bietet sich das übliche Bild. Es stehen viele Fahrzeuge auf der Radspur, obwohl die als durchgezogene Linie klar zu erkennen ist. Außerdem befinden sich entlang des Streifens mehrere Schilder mit dem bekannten Radfahrer-Signet. Auch dem Stadtrat entgeht das nicht und er hat in diesem Bereich erst einmal keine Einwände. Schwieriger, so meint er aber, werde es an zwei anderen Stellen. Sie befinden sich am Ende der Tamara-Danz-Straße unter der Warschauer Brücke. Dort wird die Straße zur Sackgasse, ein Zaun verhindert jede Weiterfahrt. Einst war geplant, sie in Richtung Ehrenbergstraße zu führen, woraus aber bisher nichts geworden ist.

Tempo-30-Zone falsch ausgeschildert

Den Radfahrern wird der abrupte Schluss durch ein durchgestrichenes Fahrradstreifenschild einige Meter vor dem Zaun angezeigt. Es sei natürlich als solcher Hinweis gemeint, könne aber auch anders gelesen werden, findet Andy Hehmke. Nämlich keine Radspur mehr, also ist Parken dort erlaubt. Würden in diesem Bereich Knöllchen verteilt oder gar abgeschleppt, hätten die Betroffenen, nach Einschätzung des Ordnungsamtes, wahrscheinlich sehr große Chancen, mit einem Einspruch durchzukommen.

Der Stadtrat hat noch ein weiteres, in seinen Augen sogar gravierenderes Problem ausgemacht. Wenn Autofahrer vor dem Zaun landen, können sie dort wenden und wieder zurückfahren. Sie kommen dann zunächst an eine Kreuzung von der nach rechts eine Straße in den nördlichen Bereich des Anschutz-Areals abgeht. An der Kreuzung befindet sich ein Schild mit dem Signet "Tempo-30-Zone". Es weist nicht, wie eigentlich angenommen werden könnte, auf die Stichstraße, sondern auf die Tamara-Danz-Straße.

Wann, warum und von wem es dort angebracht wurde, war zumindest bisher nicht zu ermitteln. Das Schild macht auch keinen Sinn, denn in der Tamara-Danz-Straße gibt es aktuell keine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Stundenkilometer. Gäbe es sie, hätte das Konsequenzen. Und genau hier hakt Hehmke ein.

Tempo 30 bedeute nämlich, dass es an solchen Straßen keine Radstreifen geben darf. Eine Autofahrer, der dieses Schild sieht, könne zu der Ansicht kommen, die durchgezogene Linie und die Schilder spielten keine Rolle mehr. Zumindest biete das eine einigermaßen tragfähige Argumentation, sollte er als Falschparker angezeigt werden. Und hätte damit ebenfalls gute Karten bei einem Verfahren.

Prioritäten setzen, weil Personal fehlt

Die mit dem Schilderwirrwarr verbundenen juristischen Grauzonen seien für ihn deshalb ein entscheidender Grund, weshalb dort nicht ständig die Kontrolleure des Ordnungsamts patroullieren, betont der Stadtrat. Etwas anzuordnen, was vor Gericht wahrscheinlich keinen Bestand hätte, gehe auch gegen seine Auffassung von Rechtsstaat. In diesem Zusammenhang sei auch seine DDR-Anspielung zu sehen, die in der Bezirksverodnetenversammlung (BVV) vor allem die Grünen auf die Palme brachte. Aber er macht auch keinen Hehl daraus, dass es ihm im Fall der Tamara-Danz-Straße um die Verhältnismäßigkeit gehe. Denn die Straße stehe, bei allem Ärger über freche Falschparker, nicht im Zentrum der Friedrichshain-Kreuzberger Verkehrsprobleme.

Da gebe es ganz andere Hotspots, etwa die Oranienstraße. Oder das allmorgendliche Chaos vor den Grundschulen, wo das Ordnungsamt im vergangenen Jahr mit Sondereinsätzen an fast allen Standorten vorstellig geworden sei, was Hehmke besonders herausstreicht. Bei nur 34 Mitarbeitern im Außendienst müssten nun einmal Prioritäten gesetzt werden. Würden nur einige davon ständig für die Tamara-Danz-Straße abgestellt, bedeute das ein Ausdünnen an anderen wichtigen Stellen.

Zu einer ähnlichen Einschätzung kam auch die Polizei, was vor allem Bürgermeisterin Monika Herrmann (Bündnis90/Grüne) sehr erzürnte. Es könne keine Straßen erster und zweiter Klasse geben, wetterte sie. Auch von einem anderen Vorschlag des zuständigen Abschnitts hielt die Rathauschefin nichts. Der hätte nämlich gerne in der Tamara-Danz-Straße jene Tempo 30-Zone, auf die bereits aktuell ein Schild verweist.

Aber natürlich soll auch dort das illegale Abstellen des Autos wenn schon nicht ständig sanktioniert, dann wenigstens verhindert werden. Die Lösung sollen jetzt sogenannte Leit-Boys bringen, also Hindernisse, um motorisierte Fahrzeuge vom Parken auf der Radspur abzuhalten.

Die Anzahl der Pedaltreter in der Tamara-Danz-Straße scheint übrigens im umgekehrten Verhältnis zu den vielen Posts in den sogenannten sozialen Netzwerken zu stehen. Zumindest ist das ein weiterer Eindruck bei dem Vor-Ort-Termin. Er fand gegen Mittag statt und dauerte eine gute halbe Stunde. "Wie viele Radfahrer haben Sie während dieser Zeit gezählt? Mir ist keiner aufgefallen", sagt Andy Hehmke danach. Dem konnte nicht widersprochen werden.

Das durchgestriche Radspurschild könnte zumindest als Erlaubnis zum Parken interpretiert werden, findet Andy Hehmke.  | Foto: Thomas Frey
Ein Schild Tempo 30-Zone verweist auf die Tamara-Danz-Straße, die aber gar keine Tempo 30-Zone ist. | Foto: Thomas Frey
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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