Unermüdlich und unbeugsam
Eine Fotoschau würdigt Helmut Schmidt
Helmut Schmidt wäre am 23. Dezember 100 Jahre alt geworden. Grund genug, um erneut an ihn zu erinnern.
Die SPD ehrt ihren Ex-Kanzler mit einer Fotoausstellung, die bis 6. Januar im Willy-Brandt-Haus, Stresemannstraße 28, zu sehen ist. Die Bilderschau wurde bereits 2014 vom Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" in Auftrag gegeben. Also noch zu Lebzeiten von Helmut Schmidt, der im November 2015, kurz vor seinem 97. Geburtstag, starb.
Als "weiser alter Mann" und Deutschlands letzter öffentlicher Raucher war er bis kurz vor seinem Tod auch medial sehr präsent. Gerade diese Lebensphase machte ihn zu einer Art gesellschaftlichem Über-Ich. Sie währte insgesamt rund 30 Jahre und damit genauso lang wie die Zeit des aktiven Politikers Helmut Schmidt. Die ist vor allem wegen seiner Jahre als Bundeskanzler zwischen 1974 und 1982 im öffentlichen Bewusstsein – oder eben auch nicht mehr. Deutlich wird das beim Betrachten der Aufnahmen dieser Epoche. Schmidt zusammen mit internationalen Staatsgrößen, deren Namen für eine schon ziemlich weit zurückliegende Vergangenheit stehen: Ronald Reagan und Leonid Breschnew, Mao Zedong und Deng Xiaoping, Margaret Thatcher, Valery Giscard d'Estaing. Auch das Treffen mit Erich Honecker Ende 1981 steht für einen anderen Abschnitt der Weltgeschichte.
"Hanseat – Staatsmann – Weltbürger" ist die Ausstellung betitelt. Was für den geborenen und zeitlebens bekennenden Hamburger ebenso steht wie für den pflichtbewussten und seine Ämter ausfüllenden Parlamentarier, Fraktionsvorsitzenden, Minister, Kanzler. Und schließlich für der Mann mit dem Blick über den Tellerrand, die Figur auf der internationalen Bühne.
Dieses Grobbild wird mit weiteren Überschriften über den Fotos schärfer gestellt. Auch durch beistehende Schmidt-Zitate. "Der Unermüdliche" heißt eine, die auf den Workaholic hindeutet. "Der Unbeugsame" steht vor allem für die Herausforderungen durch den RAF-Terrorismus, gipfelnd im sogenannten "Deutschen Herbst" 1977. "Der Zerriebene" verweist auf das Ende seiner Kanzlerschaft, als sein bisheriger Koalitionspartner FDP 1982 die Seiten wechselte und die 16-jährige Amtszeit von Helmut Kohl begann.
Schon viel früher war er "Der Senkrechtstarter", als der junge Abgeordnete Schmidt in den 1950er-Jahren im Bundestag mit scharfen Reden ("Schmidt-Schnauze") von sich reden machte. "Der Wehrhafte" steht für die Zeit als Verteidigungsminister, aber auch die Jahre als Wehrmachtssoldat im Zweiten Weltkrieg. Nicht zu vergessen "Der Vater, der Partner": Helmut und Ehefrau Hannelore (Loki), manchmal mit Tochter Susanne. Die Spanne reicht vom ersten gemeinsamen Kinderbild des Paars bis zu einem der letzten vor Lokis Tod 2010.
Die Ausstellung ist eine Hommage, aber nicht durchgehend mit Weichzeichner. "Der Abkanzler" erinnert an manche Auseinandersetzungen, etwa mit der Studentenbewegung von 1968 und ihren Epigonen, "Der dritte im Bunde" an das nicht spannungsarme Verhältnis zwischen dem einstigen SPD-Führungstrio, bestehend aus Schmidt, dem Parteivorsitzenden und Kanzlervorgänger Willy Brandt und dem Fraktionsvorsitzenden Herbert Wehner. Bei allem Streit und unterschiedlichen Charakteren sorgte diese Troika zu ihren Hochzeiten für Wahlergebnisse jenseits der 40-Prozent-Marke. So gesehen ist die Helmut-Schmidt-Ausstellung auch ein Rückblick in eine bessere Vergangenheit.
Und welche Motivation können seine heute gebeutelten Genossen aus seinem Leben und Wirken ziehen? Vielleicht die, dass auch Helmut Schmidt einst nur selten mit großer Liebe aus ihren Reihen überschüttet wurde. Aber solche Art von Zuneigung, so ein Zitat von ihm, sei eine Emotion, "von der ich in der Politik nicht viel halte".
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 12 bis 18 Uhr. Geschlossen ist am Heiligen Abend und den beiden Weihnachtsfeiertagen sowie an Silvester und Neujahr. Eintritt frei. Für den Zugang ist ein Ausweis erforderlich.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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