Mehrheit für Bankenrettung
"Die Partei" punktet mit einem Sitzmöbel

Partei-Werbung im neuen Bankenviertel. | Foto: Thomas Frey
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Die Entscheidung war denkbar knapp. 15 Bezirksverordnete stimmten für das Anliegen, 14 dagegen. Dazu gab es sechs Enthaltungen.

Riza Cörtlen war mit dem Ergebnis sehr zufrieden. "Wie schon in meiner Rede festgestellt, mit dem Antrag habe ich mehr erreicht, als die gesamte BVV in den vergangenen zwei Jahren." Was ebenso überspitzt war, wie das meiste, was Cörtlen als Vertreter der Satirepartei "Die Partei" im Bezirksparlament zum Besten gibt. Aber manchmal verbirgt sich hinter den Aussagen ein wahrer Kern oder ein wirkliches Problem. Auch bei seinem ersten mehrheitlich angenommen Vorstoß bei der Sitzung am 26. September.

Unter dem Titel "Europäisches Bankenviertel für Kreuzberg" kündigte er das Aufstellen eines Sitzmöbels auf dem Heinrichplatz drei Tage später an. Die Bankkosten werde "Die Partei" tragen. Was Cörtlen forderte, war eine Duldung des Bankwesens im Zentrum von SO36. Zumindest so lange, bis die Seniorenvertretung festgestellt habe, dass es unverzichtbar sei beziehungsweise der Bezirk eigene Bänke aufstellt.

Natürlich wurde das mit Argumenten unterfüttert. Bisher müssten die Bürger auf Betonpollern sitzen, was schon aus Sicherheitsgründen inakzeptabel wäre. An mangelnden Bankkunden würde es ohnehin nicht fehlen. Etwa Raucher, die zum Zigarettenzug oder -dreh auf die Straße getrieben würden. Ebenso biete sich die Bank für Ordnungsamtsmitarbeiter bei einer Pause zwischen ihren Kontrollgängen an. Dass sich Frauen, "aufgrund ihrer unfassbar kurzen Harnröhren" auf den Pollern in der kühleren Jahreszeit Blasenentzündungen holen, war zunächst ein weiteres Postulat für die neue Bankverbindung. Es tauchte allerdings in der Endfassung des Antrags nicht mehr auf.

"Die Partei" will wieder ins Europaparlament einziehen

Was das alles mit Europa zu tun hatte? Zum einen liege der Heinrichplatz in der Mitte Europas, rezitierte Riza Cörtlen. "Zumindest von Wedding aus gesehen." Außerdem klinge das einfach besser. Visuell werde die Begeisterung für den Kontinent dadurch unterfüttert, dass die Bank in Europa-Blau gehalten werde. Inklusive der gelben Sterne.

Der wahrscheinlich wichtigste Grund für die "Europäische Bank" fand dagegen zunächst nur beiläufig Erwähnung. Im Mai 2019 sind Wahlen zum Europäischen Parlament. "Die Partei" sitzt dort seit 2014, vertreten durch ihren Obersatiriker Martin Sonneborn. Und will weitere fünf Jahre bleiben. Anders als vielleicht bei der SPD solle das nicht ihr letzter Wahlkampf werden, erklärte der Friedrichshain-Kreuzberger Repräsentant.

Soll man ihm und der Spaßtruppe diese Reklame für den Wiedereinzug nach Europa durchgehen lassen? Gleichzeitig zu seiner Bankenrettung beitragen? Solche Fragen betrafen auch das eigene Humorreservoir.

Bankfrage spaltet sogar Familie

Die Antworten fielen in mehreren Fraktionen unterschiedlich aus. Geschlossen zeigten die Linken Zustimmung für den neuen Bankverkehr. Ebenso einige Grüne wie Berna Gezik, Taina Gärtner, Wolfgang Lenk oder Manuel Sahib. In den Reihen der Sozialdemokraten fand John Dahl Gefallen am schrägen Statement zum Sichern einer Sitzgelegenheit. Familien- und damit auch parteiinterne Meinungsverschiedenheiten gab es bei der zweiköpfigen FDP-Gruppe, bestehend aus dem Ehepaar Heihsel. Frau Heihsel war für den Bankbetrieb, Herr Heihsel dagegen.

"Die Partei" feierte ihren Erfolg am 29. September mit einem Happening am Heinrichplatz. Dabei wurden sogar gleich drei Bankverbindungen eingeweiht. Neben dem Hauptstück, der "Europäischen Zentralbank“, auch zwei etwas weniger bequeme Angebote zur sitzenden Rast, genannt „Bad Banks“. Gleichzeitig diente die Eröffnung der massiven Partei-Werbung. Vor allem durch das Sammeln von Unterstützerunterschriften für die Teilnahme an der Europa-Wahl. Motto: Wir brauchen eure Stimmen. Euer Geld bekommen wir sowieso.

Und nicht nur Riza Cörtlen gab seinem Wunsch Ausdruck, dass das Bank-Ensemble kein ähnliches Schicksal erfährt wie andere Sitzplätze im öffentlichen Raum und schnell wieder verschwindet. Zu der ganzen Aktion passt deshalb sogar Bertolt Brecht: Was ist der Raub einer Bank gegen das Gründen einer Bank?

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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