Unfall ohne Urteil
Ermittlungen zum Horrorcrash auf der Invalidenstraße vor einem Jahr laufen noch

Blumen und Kerzen erinnern an den Unfall auf der Invalidenstraße am 6. September 2019.  | Foto: Dirk Jericho
2Bilder
  • Blumen und Kerzen erinnern an den Unfall auf der Invalidenstraße am 6. September 2019.
  • Foto: Dirk Jericho
  • hochgeladen von Dirk Jericho

Auch über ein Jahr nach dem verheerenden Unfall auf der Invalidenstraße am 6. September ist nicht geklärt, welche Schuld der Fahrer an der Tragödie mit vier Toten hat.

Blumen und Kerzen stehen an der Kreuzung Ackerstraße in einem Hochbeet. Am Bauzaun vier stilisierte Figuren der getöteten Fußgänger, die an dem sonnigen Septembernachmittag an der Fußgängerampel standen und plötzlich von einem Porsche Macan in den Tod gerissen wurden. Ein mächtiger Knall war zu hören, als der SUV den Ampelmast umknickte und in der Baustelle landete, wo heute ein Neubau in den Himmel wächst. Die Kreuzung bot ein Bild des Schreckens – viele Menschen mussten die Tragödie miterleben, die zwei Touristen (28, 29) und eine 64 Jahre alte Frau mit ihrem dreijährigen Enkel das Leben kostete.

Nach bisherigen Ermittlungen soll der Fahrer (42) des zwei Tonnen schweren SUV einen epileptischen Anfall erlitten und die Kontrolle über seinen Wagen verloren haben. Ohne zu bremsen beschleunigte er auf über 100 km/h und raste in die Fußgängergruppe. Der Mann soll regelmäßig Medikamente genommen haben.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt ein Jahr nach dem Horrorcrash noch immer gegen den Fahrer wegen fahrlässiger Tötung und anderer Delikte. Hätte er überhaupt Autofahren dürfen? Hat er Symptome nicht richtig eingeordnet? Bei dem Unfall gab es zahlreiche Zeugen, die auch ausgesagt haben, dass der Fahrer plötzlich auf die Gegenfahrbahn gezogen und am Stau vorbeigefahren sei. Das zeigt auch die Dash-Cam eines Autos, das im Stau vor ihm fuhr. Ist der Fahrer verkehrswidrig auf die Gegenfahrbahn gezogen, um am Stau vorbei vor der Ampel nach links in die Ackerstraße abzubiegen? Hat er erst dann den Krampfanfall bekommen? Hätte der SUV-Fahrer aus irgendeinem gesundheitlichen Grund im Stau das Gaspedal durchgedrückt, wäre er „nur“ auf das vor ihm stehende Auto aufgefahren und hätte nie auf 100 km/h beschleunigen können. Auf all diese Fragen gibt es nach einem Jahr immer noch keine abschließenden Antworten.

Bundesweite Diskussion über SUV

Die Ermittlungen dauern an und seien aufwändig, sagt die Sprecherin der Generalstaatsanwaltschaft, Mona Lorenz. „Um den konkreten Unfallhergang hinsichtlich aller Aspekte – hier sind diverse technische als auch menschliche Einflüsse zu berücksichtigen – zu ermitteln, waren mehrere technische und medizinische Gutachten einzuholen“, so Lorenz. Abschließende Gutachten stünden noch aus. Erst dann könne der Unfall rechtlich eingeordnet werden. „Sollte sich nach Abschluss aller Ermittlungshandlungen der Tatverdacht wegen fahrlässiger Tötung und anderer Delikte gegen ihn erhärten, wird gegen ihn Anklage erhoben“, sagt die Sprecherin.

Der Unfall hatte bundesweit eine Diskussion über große Fahrzeuge wie die sogenannten SUV-Geländewagen ausgelöst. Auch heute betont Bürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) bei seinem Gedenkpost auf Twitter zum Jahrestag des Unfall den „außer Kontrolle geratenen SUV“. Dabei ist doch mutmaßlich verkehrswidriges Verhalten des Fahrers und ein medizinischer Notfall Ursache für den Unfall.

Anwohner hatten kurz nach dem tödlichen Crash eine Initiative für mehr Verkehrssicherheit auf der Invalidenstraße gestartet. Nach 50 Tagen wurden Ende Oktober 2019 zwischen Nordbahnhof und Brunnenstraße Tempo-30-Schilder montiert. Wie die Verkehrsverwaltung mitteilt, sollen noch im Oktober die Arbeiten für gesicherte Radwege beginnen. Zwischen Gartenstraße und Elisabethkirchstraße werden beidseitig mit Pollern abgegrenzte, 2,35 Meter breite Radwege gebaut. Alle Parkplätze in dem etwa 600 Meter langen Abschnitt fallen weg. Weitere Planungen zur Verkehrssicherheit für Fußgänger und Radfahrer wie Gehweg-Vorstreckungen oder durchgehende Bürgersteige an den Einmündungen sind in Planung. Die Maßnahmen wurden gemeinsam mit Anwohnern und Verkehrsplanern in der „Projektgruppe Invalidenstraße“ erarbeitet.

Blumen und Kerzen erinnern an den Unfall auf der Invalidenstraße am 6. September 2019.  | Foto: Dirk Jericho
Hinter dem Bauzaun am Unglücksort entsteht ein Neubau. | Foto: Dirk Jericho
Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

47 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 844× gelesen
WirtschaftAnzeige
JRB DER HEIMWERKER hat alles, was Ihr Weihnachtsfest schöner macht. | Foto: JRB DER HEIMWERKER

JRB DER HEIMWERKER
Alles für Advent und Weihnachten

JRB DER HEIMWERKER hat ein stimmungsvolles und umfangreiches Angebot im Weihnachtsmarkt für Sie, liebe Kunden, zusammengestellt. Im EG. und 1. OG, das Sie bequem mit Rolltreppe oder Aufzug erreichen können, erwartet Sie eine große Auswahl an Weihnachtsdekoration. Christbaumkugeln und Spitzen in vielen Farben und Formen sowie viele Deko-Artikel, Figuren sind in großer Auswahl vorhanden. Das wichtigste ist ein guter Weihnachtsbaumständer und natürlich die Beleuchtung. Wir führen Lichterketten,...

  • Köpenick
  • 27.11.24
  • 831× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 528× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.024× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 1.916× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.