Zoff um die Wiese
Senat streitet über Grünstreifen auf der Karl-Marx-Allee

So soll der zehn Meter breite Grünstreifen auf der Karl-Marx-Allee aussehen.  | Foto: SenUVK/Eve Images
  • So soll der zehn Meter breite Grünstreifen auf der Karl-Marx-Allee aussehen.
  • Foto: SenUVK/Eve Images
  • hochgeladen von Dirk Jericho

Eine bunte Blümchenwiese mit kleinen Sträuchern – so soll die Grünschneise auf der neuen Karl-Marx-Allee aussehen, wie die jetzt veröffentlichte Visiualisierung zeigt. Doch die plötzliche Planungsänderung durch Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) sorgt für schlechtes Klima in der Regierung.

Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) hatte sich als erster über die „Weisung der Senatorin Günther zur Umplanung der im Bau befindlichen Karl-Marx-Allee“ aufgeregt. Die Entscheidung, jetzt trotz des langen Abstimmungs- und Beteiligungsprozesses auf dem zehn Meter breiten Mittelstreifen alle rund 160 Parkplätze zu streichen und eine grüne Schneise zu bauen, „widerspricht den Leitlinien zur Bürgerbeteiligung des Bezirkes und des Landes. Derart große Umplanungen sind der Bürgerschaft vorab transparent zu kommunizieren“, so Gothe. Nach seiner Attacke gegen den Alleingang Günthers kocht das Thema. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) sagte auf der Senatspressekonferenz am 10. Dezember, dass das die Senatorin nicht allein entscheiden könne. Bevor das Projekt nicht mit allen Verwaltungen abgestimmt ist, „kann da auch nichts passieren“, so Müller. Er kritisiert auch Günthers Ignoranz des Anwohnervotums von 2015 gegen den Grünstreifen und für de Erhalt der Parkplätze. Man könne nicht Bürgerbeteiligung durchführen und dann andere Ideen als Beschluss kommunizieren, sondern man müsse vorher darüber reden.

Entscheidung für Parkplätze bereits 2015

Auch Kultursenator Klaus Lederer vom Koalitionspartner Die Linke, der für das Landesdenkmalamt zuständig ist, ärgert sich über Günthers Alleingang. Denn die Karl-Marx-Allee ist Teil des Denkmalensembles „Karl-Marx-Allee zweiter Bauabschnitt“, für das ein Antrag auf Aufnahme in die Unesco-Welterbeliste läuft. Man könne über die Änderungen reden, „aber mit den Leuten und den Behörden und nicht über deren Köpfe hinweg“, so Lederer.

Regine Günther begründet die Planungsänderung hin zum Grünstreifen mit dem Berliner Mobilitätsgesetz und den Klimaveränderungen. „Langanhaltende Hitze und zunehmende Starkregenereignisse stellen immer wieder große Herausforderungen für die Infrastruktur dar. Vor allem ein gutes Mikroklima mit deutlich mehr Grün und zusätzliche Versickerungsflächen schaffen hier Entlastung“, schreibt Günther in einem Anwohnerschreiben.

Die Senatsbauverwaltung wollte bereits 2014 einen Grünstreifen statt Parkplätze auf der Karl-Marx-Allee. Bausenator war damals Michael Müller. Seine Verwaltung hatte nach Anwohnerprotesten darauf verzichtet und war 2015 dem Wunsch der Anwohner gefolgt, den Mittelstreifen weiterhin als Parkplatzfläche zu erhalten. 2015 gab es auch mal Forderungen von der Bezirks-CDU, dass der Mittelstreifen so ausgebaut wird, dass er für Veranstaltungen wie beispielsweise die Fashion-Week und Sportevents genutzt werden kann. Die Pläne, den Mittelstreifen zu begrünen, hatte 2014 der damalige CDU-Baustadtrat Carsten Spallek auch mit Verweis auf die Folgekosten abgelehnt. Der Bezirk würde die Einnahmen aus den Parkautomaten verlieren und müsste die zusätzliche Grünfläche auf der Mittelpromenade pflegen, hieß es damals aus dem Rathaus.

Baustadtrat distanziert sich von Günthers Vorgehen

Baustadtrat Ephraim Gothe hat sich am 5. Dezember per Presseinfo „deutlich von diesem Vorgehen der Senatorin distanziert“ und „die Übergehung der Bürgerinteressen in diesem Stadion des Bauens ausdrücklich in Frage gestellt“. In einem Gespräch hat Gothe Günther gesagt, dass „nur eine Hauswurfsendung im Quartier keine Akzeptanz erzeugt“. Wie er der Berliner Woche sagt, habe er mit der Senatorin vereinbart, „dass eine größere Anwohnerversammlung im Quartier stattfinden soll, um die Argumente offen diskutieren zu können“. Der Bezirk begrüße grundsätzlich "Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel“, so Gothe. „Die klimapolitischen Argumente, die Erhitzung der Straße im Hochsommer, die Niederschlagsversickerung und die Biodiversität, haben Gewicht“, sagt der Stadtrat.

Die Karl-Marx-Allee wird seit Mitte 2018 zwischen Alexanderplatz und Strausberger Platz komplett neu gestaltet. Radfahrer bekommen bis zu vier Meter breite Fahrstreifen auf beiden Seiten, grün markiert und mit einem eineinhalb Meter breiten Sicherheitsstreifen von den Längsparkspuren daneben sicher abgetrennt. Dafür wird es zukünftig statt drei Fahrspuren nur noch zwei pro Richtung geben.

Ob die Umplanung zu Berlins breitesten Grünstreifen auf einer Fahrbahn zu Termin- oder Kostenänderungen führt, hat Günthers Sprecher Jan Thomsen nicht beantwortet. Auf der Website werden nach wie vor Gesamtkosten von 13,2 Millionen Euro und eine Fertigstellung für Sommer 2020 angegeben. Alle Informationen unter https://www.berlin.de/senuvk/bauen/strassenbau/karl-marx-allee.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

48 folgen diesem Profil

1 Kommentar

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 21× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 500× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn auch Sie mehr über Ihre Schulterbeschwerden erfahren möchten und sich über mögliche Behandlungsansätze informieren möchten, kommen Sie zum Informationsabend am 23. Mai. | Foto: B. BOISSONNET / BSIP

Wir informieren Sie
Schmerzen in der Schulter – Ursachen und Behandlungen

Schmerzen in der Schulter können vielfältige Ursachen haben – sei es durch Unfälle oder Verschleißerscheinungen. Diese Ursachen können die Beweglichkeit beeinträchtigen und die Lebensqualität stark einschränken. Unsere Experten, Dr. med. Louise Thieme und Robert Tischner, Teamchefärzte des Caritas Schulter- und Sportorthopädiezentrums, werden bei unserem Informationsabend speziell auf die Problematik von Schulterbeschwerden eingehen – vom Riss der Rotatorenmanschette bis zur Arthrose. Sie...

  • Pankow
  • 18.04.24
  • 466× gelesen
Gesundheit und Medizin
Wenn Hüfte oder Knie schmerzen, kann eine Arthrose die Ursache sein.

Infos für Patienten
Spezialthema: Arthrose in Hüft- und Kniegelenken

Sie leiden unter Schmerzen im Knie- und Hüftgelenk? Diese Beschwerden können verschiedene Ursachen haben, wie beispielsweise Unfälle, Verschleißerscheinungen, angeborene oder erworbene Fehlstellungen. Die Auswirkungen beeinflussen nicht nur die Beweglichkeit, sondern auch die Lebensqualität entscheidend. An diesem Infoabend möchten wir speziell auf die Arthrose in Knie- und Hüftgelenken eingehen. Die Behandlung von Arthrose erfolgt individuell aufgrund der vielfältigen Ursachen und...

  • Pankow
  • 19.04.24
  • 419× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Langanhaltende Schmerzen können ein Anzeichen für Gallensteine sein.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wann ist eine OP sinnvoll?
Infos zu Gallensteinen und Hernien

Leiden Sie unter belastenden Gallensteinen oder Hernien (Eingeweidebruch) Langanhaltende Schmerzen begleiten viele Betroffene, unabhängig des Lebensalters, bevor sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können jedoch häufig Komplikationen vermeiden. Wir sind auf die Behandlung dieser Probleme spezialisiert und bieten Ihnen erstklassige allgemein- und viszeralchirurgische Expertise. Von Diagnostik bis Nachsorge: Wir kümmern uns individuell um Ihre...

  • Reinickendorf
  • 17.04.24
  • 449× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.