Wie funktioniert Wählen?
Das Projekt Mobiles Wahllokal will zur aktiven politischen Mitbestimmung animieren
„Freie Wahlen sind praktisch das wichtigste Instrument der politischen Meinungsbildung“, sagt Cornelia Brinkmann, die Gründerin der gemeinnützigen Organisation Steps for Peace und Initiatorin des Mobilen Wahllokals.
Die Idee dazu kam der seit 1999 ehrenamtlich tätigen Wahlhelferin bereits im Jahre 2005. „Mein mittlerweile 40-jähriges Engagement in aktiver Friedensarbeit hatte mich damals nach Afghanistan geführt. Während ich dort Seminare in Friedensförderung und Konfliktmanagement für afghanisches Personal internationaler Hilfsorganisationen durchführte, fanden die ersten Parlamentswahlen, begleitet durch die internationale Gemeinschaft, statt.“ Für Cornelia Brinkmann wurde schnell klar, dass diese so einfach nicht funktionieren konnten. „Freie Wahlen für Menschen ohne Demokratieerfahrung und ohne Angebote zur politischen Bildung im Vorfeld sind riskant. Zwar haben sich viele an der Wahl beteiligt, aber in einem Land mit einem hohen Anteil an Analphabeten und dicken Stimmzetteln ist es fraglich, ob die Wahlberechtigten die Wahlen verstanden haben.“
Mit der Flüchtlingswelle 2015 kamen viele Migranten nach Deutschland, denen freie Wahlen unbekannt waren. An diese richtete sich zunächst das Angebot des Mobilen Wahllokals, das erstmals im Vorfeld der Bundestagswahl 2017 startete. „Wir haben uns in kurzer Zeit organisiert und mit einem Trolli losgelegt, in den alles hineinpasste“, erinnert sich Brinkmann. „Das Mobile Wahllokal wird durch drei Komponenten getragen, nämlich persönliche Informationsgespräche im Vorfeld, die Simulation einer Stimmabgabe für fiktive Parteien, die sich thematisch unterscheiden, sowie die Präsentation von leicht verständlichem Infomaterial und Broschüren zur politischen Bildung.“ 2017 zeigte sich, dass die persönlichen Gespräche eher angenommen wurden als zum Beispiel die Simulation einer Stimmabgabe im aufgebauten Wahlpavillon. Brinkmann: „Als die zunächst sehr aufgeschlossenen Menschen schließlich selbst den Wahlvorgang durchspielen sollten, schlug uns oft plötzlich Angst und Ablehnung entgegen – zu groß war vermutlich das gewachsene Misstrauen in staatlich kontrollierte Vorgänge wie Wahlen.“
Projektwochen an Schulen
Diese Erfahrung zeigte Cornelia Brinkmann und ihrem Team einmal mehr, dass die Gespräche mit den Menschen über die parlamentarische Demokratie und ihre Wahlprinzipien ausschlaggebend für das Projekt Mobiles Wahllokal sind. Nun finden im Vorfeld Workshops zu den Aufgaben von Wahlhelfern und Wahlmultiplikatoren, also Wahlhelfern mit Leitungs- und Organisationsfunktionen, sowie zur Organisation von Wahlen selbst statt, um den Teilnehmern zu zeigen, was hinter den Kulissen dieses demokratischen Akts abläuft. Dieses Angebot startete allerdings aufgrund der Pandemie mit einigen Schwierigkeiten. „Die Beteiligung liegt unter unseren Erwartungen. Hier hat uns Corona leider einen Strich durch die Rechnung gemacht“, sagt Cornelia Brinkmann. Derzeit gibt es zwei buchbare Wahlpavillons, die unter anderem bereits am Rathaus Schöneberg und auf dem Rütli-Campus eingesetzt wurden. Am 18. September ist das Mobile Wahllokal auf dem 3. Buckower Nachhaltigkeitsfest, das von 14 bis 17 Uhr vor der Christoph-Ruden-Straße 5-9 gefeiert wird, vertreten. Und auch in der Woche vor den Wahlen sowie danach kann es zum Beispiel für Projektwochen an Schulen gebucht werden.
Das Angebot richtet sich übrigens nicht nur an Geflüchtete, sondern an alle, die sich über das Wahlsystem informieren oder auch aktiv bei dem Projekt mitmachen wollen. „Denn unser Ziel ist es, Handlungskompetenzen zu bilden und Lust auf eine aktive Teilnahme an unserem demokratischen System zu wecken“, sagt Cornelia Brinkmann. „Ein System, das für mich immer noch das praktikabelste von allen ist!“
Kurzfristige Buchungsanfragen werden über den E-Mail-Kontakt mowa@steps-for-peace.org entgegengenommen. Weitere Informationen gibt es auf steps-for-peace.org/projekte/mobiles-wahllokal.
Autor:Michael Vogt aus Prenzlauer Berg |
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