Besuche für mehr Lebensmut
Der Verein Freunde alter Menschen hilft Senioren aus sozialer Isolation und Einsamkeit

Über die Besuchspartnerschaften kommen freiwillige Helfer und alte Menschen zwanglos zusammen wie Hedi (93) und Madleen (28). | Foto: FAMEV
2Bilder
  • Über die Besuchspartnerschaften kommen freiwillige Helfer und alte Menschen zwanglos zusammen wie Hedi (93) und Madleen (28).
  • Foto: FAMEV
  • hochgeladen von Michael Vogt

„Es war eine Werbung im „Berliner Fenster“ der U-Bahn, die mich 2019 zum Verein Freunde alter Menschen (Famev) brachte“, erinnert sich Linh Nguyen. Sie war damals auf dem Weg zur Uni, studierte Internationales Marketing Management.

Das Studium hat sie längst abgeschlossen. Allerdings gab ihr die Erfahrung, die sie alsbald mit ihrem freiwilligen Engagement bei Famev machte, zu denken: „Mir kamen Zweifel an der Sinnhaftigkeit meiner beruflichen Planung, zumal mir die soziale Tätigkeit bei Famev wirklich Spaß machte.“

Der Verein ist Teil der internationalen Organisation „Fédération Internationale des petits frères des Pauvres“, die bei der UNO einen Beraterstatus besitzt. Ihr Anliegen ist die Initiierung von Besuchspartnerschaften zwischen ehrenamt-lichen Freiwilligen und hochbetagten isolierten Menschen mit dem Ziel, diesen aus ihrer Einsamkeit herauszuhelfen. 1991 wurde der erste deutsche Ableger in Berlin gegründet, es folgten Hamburg, Köln, Frankfurt und München. Deutschlandweit halten heute rund 600 Freiwillige mit ungefähr 650 älteren Menschen (ab 75 Jahren) Kontakt in sogenannten Besuchspartnerschaften, telefonisch oder bei gemeinsamen Veranstaltungen. Linh Nguyen, eine von insgesamt 100 Vereinsmitgliedern und 274 Berliner Freiwilligen, ist nach wie vor selbst in einer der momentan 94 Berliner Besuchspartnerschaften aktiv und arbeitet zudem hauptamtlich als Koordinatorin von Freiwilligen in der Hauptstadt.

Ihre Motivation ist dabei wie bei vielen Ehrenamtlichen eine ganz persönliche: „Ich bin bei meiner mittlerweile verstorbenen Oma aufgewachsen, der ich sehr viel in meinem Leben zu verdanken habe. Mit meiner Arbeit bei Famev möchte ich stellvertretend für sie den vielen älteren und einsamen Menschen in unserer Gesellschaft etwas zurückgeben.“ Andere Ehrenamtliche seien zum Beispiel zugezogen und vermissten in Berlin ihre Großeltern, interessierten sich für die Geschichten älterer Bewohner dieser Stadt oder wollen einfach Zeit schenken, um eine Brücke zwischen den Generationen zu schlagen. Dabei, so Nguyen, sei zunächst die große Herausforderung, den oft isolierten Menschen überhaupt näher zu kommen. Viel laufe über die Kontakte im persönlichen Umfeld und der Nachbarschaft sowie über eine intensive Öffentlichkeitsarbeit. „Man findet die Famev-Informationsmaterialen besonders dort, wo sich alte Menschen außerhalb ihrer Wohnung öfter aufhalten, zum Beispiel in Arzt- oder Physiotherapiepraxen“, erklärt Linh Nguyen.

Die Besuchspartnerschaft beginnt mit einem unverbindlichen Termin zum gegenseitigen Kennenlernen, möglichst ohne Druck und in Eigenverantwortung der Beteiligten. Dabei, so Nguyen, sei es wichtig, den Älteren klar zu machen, dass es nicht um die Erbringung einer Dienstleistung gehe, sondern um Begegnungen und Austausch auf Augenhöhe, aus der im besten Fall eine Freundschaft erwachse. Die Resonanz und der Erfolg der Idee, die auch die Pandemie gut überstanden hat, macht Linh Nguyen Lust auf mehr: „In unseren Stadtteil-Anlaufpunkten wollen wir über die Besuchspartnerschaften hinaus verstärkt Freiwilligenteams aufbauen und suchen dafür dringend Interessierte. Die Teams sollen nicht nur an der Vermittlung der Kontakte mitarbeiten, sondern das Projekt kreativ mitgestalten.“ Den Lohn dieses Engagements kennt Linh Nguyen aus eigener Erfahrung: „Es ist schön zu sehen, wie einsame alte Leute bei neuen Kontakten und Aktivitäten wieder Spaß und Lebensmut entdecken und in kurzer Zeit regelrecht aufblühen.“

Kontakt: Freunde alter Menschen e.V., Tieckstraße 9, Telefon 691 18 83 und im Internet auf www.famev.de.

Über die Besuchspartnerschaften kommen freiwillige Helfer und alte Menschen zwanglos zusammen wie Hedi (93) und Madleen (28). | Foto: FAMEV
Linh Nguyen leitet die Famev-Anlaufstelle in Kreuzberg. | Foto:  Famev
Autor:

Michael Vogt aus Prenzlauer Berg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

5 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Hüft- und Knieschmerzen müssen nicht sein.  | Foto: AdobeStock_197992483

Infoabend für Patienten
Schluss mit Hüft- und Knieschmerzen!

Leiden Sie unter Hüftschmerzen, die Ihr Leben dauerhaft beeinträchtigen? Oder schmerzt das Knie bei jedem Schritt? Dann lassen Sie sich nicht länger quälen! Wir laden Sie herzlich zu unserem Infoabend ein, bei dem Sie die neuesten Wege zur Befreiung von Hüft- und Knieschmerzen entdecken können, ohne sich vor dem Eingriff fürchten zu müssen. Unser renommierter Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums, Tariq Qodceiah, wird Sie durch die modernsten Methoden...

  • Westend
  • 26.03.24
  • 220× gelesen
Jobs und KarriereAnzeige
Foto: VEAN TATTOO
4 Bilder

Tattoo-Kurse
Ausbildung für Topberuf des letzten Jahrzehnts

Eine Frage, die immer aktuell ist, auch wenn man schon vor langer Zeit erwachsen ist. Sehr oft entscheiden wir uns aufgrund des sozialen Drucks für einen Beruf. Wie oft haben Sie sich gefragt, was aus Ihnen geworden wäre, wenn Sie auf sich selbst gehört hätten? VEAN TATTOO hat diese wichtige Frage vor zwölf Jahren ehrlich für sich selbst beantwortet und reicht daher ohne Zweifel allen, die über ihren ersten oder neuen Beruf nachdenken, eine helfende Hand. Es liegt an Ihnen, zu entscheiden,...

  • Mitte
  • 25.03.24
  • 406× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Seinen Füßen sollte man sehr viel Aufmerksamket schenken.

Infos für Patienten
Thema: „Rund um den ganzen Fuß"

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Doch wenn Probleme auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen einen tiefen Einblick in die Anatomie des Fußes und beschäftigen sich gezielt mit Problemen wie Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen für diese häufig auftretenden Probleme....

  • Pankow
  • 06.03.24
  • 1.374× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Mit zunehmendem Alter stellen sich oft auch Fragen zur Sicherheit von Narkosen. Wir beantworten Ihre Fragen gern. | Foto: Volkmar Otto

Sicherheit während der OP
Wie sicher sind Narkosen im Alter?

Im Laufe unseres Lebens steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir eine Operation benötigen. Doch mit zunehmendem Alter stellen sich oft auch Fragen zur Sicherheit von Narkosen. Zum Beispiel können Herz-Kreislauf-Erkrankungen, schwere Lungenkrankheiten oder Demenz die Narkoseverträglichkeit beeinflussen. Wir laden Sie herzlich ein, Ihre Fragen und Bedenken mit uns zu teilen. Unser Ziel ist es, Ihnen die Angst vor der Narkose zu nehmen und Ihnen ein Verständnis dafür zu vermitteln, wie wir Ihre...

  • Reinickendorf
  • 13.03.24
  • 1.200× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.