Spandaus Geschichten sind lang
Stadtführung am 24. Juli 2021 durch die Carl-Schurz-Straße

Foto: Bernd S. Meyer
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Bei meinem 190. monatlichen Stadtspaziergang lade ich Sie rund um die Carl-Schurz-Straße in Spandaus Altstadt ein.

Am Südende nah dem Bahnhof steht das Rathaus mit dem 80-Meter-Turm. 1913 eingeweiht, endete schon sieben Jahre später seine Funktion als Verwaltungssitz des selbstständigen Stadtkreises. Als nach Gründung Groß-Berlins der Bezirk Nr. 8, Spandau, gegründet wurde, soll Oberbürgermeister Dr. Kurt Woelk (DDP) bei der feierlichen Schlüsselübergabe geklagt haben, daß die über 700-jährige Geschichte Spandaus nunmehr zu Ende sei.

Hinterlassenschaften aus acht Jahrhunderten

Spandaus Altstadt hat nicht nur die Bauwut der Gründerzeit, sondern auch die Bombardements des Krieges einigermaßen glimpflich überstanden. Bis heute ist viel von Spandaus Eigenständigkeit geblieben. Nirgendwo sonst in Berlin findet man so viele Hinterlassenschaften aus nunmehr acht Jahrhunderten, mögen es nun Räume der städtischen „Galerie Historischer Keller“, freigelegte Klosterfundamente oder die Keller des Gotischen Hauses sein. Manch renovierte Fassade lässt immer noch mittelalterlichen Ursprung erahnen. Mit Stolz verzeichnet das Altstadt-Denkmalsverzeichnis im Hof Breite Straße 35 wie auf weiteren Grundstücken bis heute intakte Feldsteinbrunnen des 14. Jahrhunderts.

Spandauer Volksblatt gehört zum Bezirk

Ein anderes Kapitel sind jene 75 Jahre, die das „Spandauer Volksblatt“ existiert. Sie umfassen nur den Zeitraum eines durchschnittlichen Menschenlebens – aber was für eines: In alten Fotoalben finden sich Bilder mit Konrad Adenauer, auch der spätere Nobelpreisträger Günter Grass mit Volksblatt-Verkäufer-Mütze. Sogar Alice, Tochter des legendären Filmproduzenten Atze Brauner und heutige Chefin der Haselhorster CCC-Filmstudios, ist als jugendliche Volontärin der Redaktion im Bilde.

Repliken aus dem "Spandauer Kreuz" gegossen

Wussten Sie, dass sich im Neuen Museum auf der Berliner Museumsinsel die tönerne Gußform eines christlichen Radkreuzes befindet, die 1982 zwei Kilometer südlich der Altstadt in der Nähe der Straße Spandauer Burgwall ausgegraben wurde? Zusammen mit den Resten einer Holzkirche wurde sie auf das Jahr 980 datiert. Damals hatten die Slawen schon seit 200 Jahren auf einer Havelinsel gesiedelt, dem ersten Spandauer Burgplatz. "Spandauer Kreuz" heißen die aus der Form gegossenen Repliken. Die heutige Altstadt ist erst nach dem Sieg Albrechts des Bären über die Heveller im 12. Jahrhundert neu auf trockenen Boden begründet worden. Die alte Klosterstraße hieß seit Mitte des 18. Jahrhunderts Potsdamer Straße. Im März 1939 ist sie nach Carl Schurz benannt worden. Der junge Student kam im November 1850 mit Freunden nur deshalb in die Havelstadt, um den Märtyrer der 1848er Revolution, Professor Gottfried Kinkel, in halsbrecherischer Aktion aus dem Spandauer Zuchthaus zu befreien. Die preußische Justiz hatte Kinkel wegen seiner Teilnahme am Badischen Aufstand zu lebenslanger Haft verurteilt. Den beiden gelang die Flucht nach Frankreich und England. Schurz ging später in die Vereinigten Staaten. Im amerikanischen Bürgerkrieg kämpfte er als General auf Seiten der Unionstruppen für die Sklavenbefreiung. Später war er Innenminister der USA.

Der Spaziergang beginnt am 24. Juli 2021, 11 Uhr. Treffpunkt ist Carl-Schurz-Straße 13 vor der Bezirkszentralbibliothek. Verkehrsverbindung: U-Bahnhof Rathaus Spandau (U7) oder Bahnhof Spandau (S3, S9, Regional- und Fernverkehr).

Die Führung ist für Leser der Berliner Woche kostenlos. Allerdings ist eine Anmeldung erforderlich: am Freitag, 23. Juli 2021, von 10 bis 12 Uhr anrufen unter der Nummer 887 277 100.

Autor:

Bernd S. Meyer aus Mitte

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