Graveur Horst Bratke aus Tegel klärt auf
Woher kommen eigentlich die Verdienstmedaillen?

Die Verdienstmedaillen werden mit dem Bezirkswappen geprägt und in einem blauen Etui mit einer Anstecknadel zusammen übergeben. | Foto: Philipp Hartmann
2Bilder
  • Die Verdienstmedaillen werden mit dem Bezirkswappen geprägt und in einem blauen Etui mit einer Anstecknadel zusammen übergeben.
  • Foto: Philipp Hartmann
  • hochgeladen von Philipp Hartmann

Für ihr besonderes ehrenamtliches Engagement verleiht der Bezirk jedes Jahr Bürgern die Verdienstmedaille. Im Rahmen der vergangenen Verleihung – Mitte Juni im Rathaus Schöneberg – fragten wir Angelika Schöttler nach deren Herkunft und Herstellung. Diese waren der Bürgermeisterin nicht bekannt. Wir begaben uns auf Spurensuche.

Dafür fragten wir zunächst beim Ehrenamtsbüro des Bezirks, das sich um die jährliche Preisverleihung kümmert, nach. Das ergab: Der Hersteller der Medaillen ist eine gewisse Firma Bratke aus Tegel. Ansonsten verfüge man lediglich über ein paar Angaben zur Beschaffenheit der Medaillen: hergestellt aus massivem Messing, Farbton „Altsilbern“, Durchmesser 55 Millimeter. Wir wollten es genauer wissen und riefen bei der genannten Firma an. Wenige Tage später empfing uns Horst Bratke in seinem Reich. In einem kleinen und ruhig gelegenen Weg in Tegel, wo sich Einfamilienhäuser aneinanderreihen, hat sich der 73-Jährige in seiner Garage eine Werkstatt eingerichtet.

Bereits am Telefon reagierte Horst Bratke verblüfft auf die Frage, ob er die Verdienstmedaillen herstelle. Das sei natürlich nicht der Fall, wie er bei unserem Treffen nochmals betont. In Wahrheit würden diese weit entfernt produziert, in einer großen Metallwarenfabrik in der Eifel. Dort durchlaufen sie zahlreiche Stationen, bevor sie lieferungsfertig vom Band gehen, wie Bratke erklärt. Die Medaillen werden dafür zunächst aus dem gewünschten Materialblock ausgestanzt und dann unter hohem Druck beidseitig reliefgeprägt. Auf die Vorderseite kommt das Bezirkswappen, bestehend aus einem schwebenden Kreuz und einem schreitenden Hirsch, auf die Rückseite der Schriftzug „Für besondere Verdienste um den Bezirk Tempelhof-Schöneberg von Berlin“. Anschließend werden sie laut Bratke galvanisch versilbert, dann geschwärzt, danach wieder hell gebürstet und zum Schluss gegen Anlauf lackiert.

Er selbst, so berichtet Bratke, habe mit der Herstellung und auch mit der Gravur nichts zu tun. Durch seine Kontakte zur Metallwarenfabrik sei er eine Art Zwischenhändler, der die Medaillen im Auftrag des Bezirksamts in der gewünschten Stückzahl bestellt und weiterleitet. Zuletzt habe der Bezirk 2011 insgesamt 70 von ihnen geordert. Hinzu kommen passende, dunkelblaue Etuis, die Bratke von einen Bekannten bezieht, sowie in Handarbeit hergestellte Anstecknadeln, die jedoch ebenfalls von außerhalb kommen. Neben Tempelhof-Schöneberg zählten auch die Bezirke Charlottenburg-Wilmersdorf und Reinickendorf über viele Jahre zu seinen Kunden. Die meisten würden heute jedoch kaum noch auf eine deutsche Produktion setzen und stattdessen übers Internet Billigware aus dem asiatischen Raum einkaufen, so Bratke.

Ihn selbst hat die große Konkurrenz 2010 zur Aufgabe seines Betriebs gezwungen. In der Schlieperstraße in Tegel führte er seit 1967 ein Einzelhandelsgeschäft, das sein Vater bereits 1925 gegründet hatte. Der Laden war spezialisiert auf Sport- und Ehrenpreise, Stempel und Schilder, die Horst Bratke nach individuellen Kundenwünschen gravierte. Obwohl er längst in den Ruhestand gehen könnte, arbeitet er auch heute noch 40 Stunden die Woche. Alles Nötige hat er in seiner Garage aufgebaut, darunter auch drei 20 Jahre alte Graviermaschinen, die er mit dem Computer steuert und die per Tastatur eingegebene Schriften auf Glocken, Teller und vieles mehr gravieren. „Ich arbeite, weil es mir noch Spaß macht und mich die Kunden noch haben wollen“, sagt er.

Wie zum Beweis klopft genau in diesem Moment ein älterer Herr an der Tür. Er hatte einen Zinnteller mit einer Jubiläumsschrift zum 20. Hochzeitstag für seine Frau in Auftrag geben. Horst Bratke packt das gute Stück in Papier und verabschiedet den Herrn und dann auch uns. Er müsse schließlich noch einiges erledigen. Dieser Mann hat immer noch alle Hände voll zu tun.

Die Verdienstmedaillen werden mit dem Bezirkswappen geprägt und in einem blauen Etui mit einer Anstecknadel zusammen übergeben. | Foto: Philipp Hartmann
Horst Bratke mit einem von ihm gravierten Teller in seiner Garage.  | Foto: Philipp Hartmann
Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

49 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 133× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 917× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 587× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.086× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 1.976× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.