Tempohomes in Tempelhof
Wer wohnt auf dem Tempelhofer Feld?

Vor einem Jahr wurden die Tempohomes auf dem Tempelhofer Feld in Berlin wieder neu bezogen. Im Februar 2022 sollten rund 280 Geflüchtete aus Afghanistan, Syrien, Somalia, Serbien, Iran und Burkina Faso in den Containern unterkommen. Heute leben knapp 900 Menschen in den Wohncontainern, vorrangig aus der Ukraine. Ein Überblick, wie sich die Wohnsituation im Laufe des letzten Jahres verändert hat.


Das Containerdorf musste nach zwei Jahren Leerstand bezugsfertig gemacht werden


Die Tempelhofer Gemeinschaftsunterkunft wurde Anfang Dezember 2017 für rund 17 Millionen Euro errichtet. Obwohl im Gesetz zum Erhalt des Tempelhofer Feldes (ThF-Gesetz) die Nutzung der Anlagen auf drei Jahre begrenzt war, wurden diese Ende 2019 nicht abgebaut, sondern lediglich wieder frei gezogen und die Küchen ausgebaut. Zwei Jahre lang standen die Wohncontainer, in denen zuvor knapp 1.000 Menschen untergebracht waren, leer.

Anfang letzten Jahres berichteten mehrere Medien, dass Berlin das Containerdorf reaktivieren wolle. Zuerst musste es aber wieder bezugsfertig gemacht werden. „Das Gesundheitsamt sah die Trinkwasserversorgung schon immer als kritisch. Die Wasserleitungen mussten damals aufgrund des Denkmalschutzes oberirdisch verlegt werden. Das Amt war der Meinung, dass sich die Rohre im Sommer zu sehr aufheizen würden, weshalb Legionellengefahr bestehen würde”, erklärt Monika Hebbinghaus, Pressereferentin des Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF). Im Februar 2022 sind Medienberichten zufolge zwar einige Geflüchtete in die Tempohomes eingezogen. Diese wurden aber bald in andere LAF-Unterkünfte verlegt, damit in den Unterkünften die technischen Anforderungen des Gesundheitsamtes nachgerüstet und neue Küchen eingebaut werden konnten.

Durch den Russland-Ukraine-Krieg brauchte es ein neues System und mehr Unterkünfte

Die Unterkünfte auf dem Tempelhofer Feld mussten wieder vollständig bezugsfertig gemacht werden, weil die Stadt Berlin durch den russischen Angriffskrieg in kürzester Zeit mehr Unterkünfte brauchte, als zu dem Zeitpunkt zur Verfügung standen. Außerdem mussten im März neue Abläufe der Registrierung geschaffen werden, denn die Ukrainer:innen müssen aufgrund der Massenzustrom-Richtlinie keinen Asylantrag stellen und erhalten bei Registrierung sofort einen Aufenthaltstitel.

Deshalb wurde am 1. März das Ukraine-Ankunftszentrum im ehemaligen Flughafen Tegel errichtet, in dem sich geflüchtete Ukrainer:innen melden konnten. Dort wurden sie entweder erfasst und in andere Städte weitergeleitet, oder für Berlin registriert – vorausgesetzt, sie erfüllten bestimmte Bedingungen, wie das Vorhandensein einer Ausbildungs- oder Arbeitsstelle oder in Berlin lebende Familienmitglieder ersten Grades. Von den rund 70.000 Menschen, die dort eingetroffen sind, ist rund die Hälfte in der Hauptstadt geblieben. Hinzu kamen diejenigen, die bis zum 1. Juni nach Berlin gekommen waren und sich selbst organisieren konnten. Viele Ukrainer:innen sind bei Verwandten, Freund:innen oder Freiwilligen unterkommen und mussten sich deshalb nicht in dem Ankunftszentrum registrieren. Es war lediglich eine Online-Registrierung beim Landesamt für Einbürgerung nötig.

Mit dem sogenannten Rechtskreiswechsel am 1. Juni – durch den nicht mehr die Sozialämter der Länder die leistenden Stellen waren, sondern die Jobcenter, die aus Bundesmitteln Leistungen bereitstellen – mussten sich schließlich auch diejenigen beim Amt melden, die sich zuvor nur online registriert hatten. Denn die Jobcenter benötigten eine biometrische Datenerfassung von allen Leistungsbezieher:innen, um sicherzustellen, dass es zu keinem Sozialbetrug kommt. „Insgesamt wurden durch das LAF rund 64.000 Menschen aus der Ukraine in Berlin registriert – entweder bei der Ankunft in Tegel oder später auf Einladung zur biometrischen Datenerfassung”, sagt Hebbinghaus.

Berlin verzeichnete 2022 auch einen hohen Anstieg an Asylsuchenden

Im vergangenen Jahr hat die Hauptstadt neben den Ukrainer:innen rund 15.000 Asylsuchende aufgenommen, 2021 waren es rund 10.000 Menschen – also ein Drittel weniger. Asylsuchende durften sich bis vor kurzem nicht privat organisieren, denn für sie galt die sogenannte Wohnverpflichtung: Sie müssen bis zu dem Bescheid über ihren Asylantrag in einer staatlichen Erstaufnahmeeinrichtung (AE) untergebracht werden. Dafür sollten die Unterkünfte auf dem Tempelhofer Feld im Februar 2022 genutzt werden. In dieser Phase werden neben der Unterkunft Sachleistungen wie Verpflegung und Versorgung von Hygieneprodukten sowie ein Taschengeld für den persönlichen Bedarf ausgegeben. Ende Januar 2023 wurde wegen der Platznot nun auch für Asylsuchende die Wohnverpflichtung aufgehoben, sodass eine private Unterbringung ab sofort möglich ist. Die Geflüchteten erhalten dann auch die Barleistungen in voller Höhe, sodass sie sich selbst versorgen können.

„In Berlin gibt es viel weniger Aufnahmeeinrichtungsplätze, in denen diese gesetzlich vorgeschriebene Wohnverpflichtungsphase abzuwohnen ist, als Gemeinschaftsunterkünfte. Aus diesem Grund war die Vorgabe, dass jeder Asylsuchende bis zum Bescheid über seinen Asylantrag – maximal jedoch sechs Monate bei Einzelreisenden und 18 Monate bei Familien – hier nicht umsetzbar. Weil so viele neue Menschen nachziehen, die alle einen AE-Platz brauchen, werden diejenigen, die schon in der AE sind, auf die Gemeinschaftsunterkünfte weiterverteilt”, so Hebbinghaus.

Auf dem Tempelhofer Feld leben aktuell rund 800 Geflüchtete

Die Tempohomes auf dem Tempelhofer Feld dienten von 2017 bis 2019 als Gemeinschaftsunterkunft. Drei Container bilden jeweils eine Wohneinheit, in der sich zwei Schlafräume, eine Küche und ein Bad mit Dusche befinden. Weil diese Ende 2019 aber leer gezogen und die Küchen ausgebaut werden mussten, konnten sie im Frühjahr 2022 nicht sofort wieder als solche genutzt werden. Im Juli 2022 waren die Nachrüstungen abgeschlossen und die Container durften wieder neu bezogen werden. Seither werden sie vorrangig als Gemeinschaftsunterkünfte für ukrainische Geflüchtete genutzt. „In den Duschen wurden Legionellenfilter eingebaut und Koch- und Trinkwasser wurde im Sommer zunächst in Kanistern ausgegeben. Parallel ist die Verlegung der Wasserleitungen in den Boden erfolgt, die Anfang Dezember abgeschlossen wurde”, erklärt Hebbinghaus. Wie die Verlegung mit dem Denkmalschutz vereinbart werden konnte, ist der Pressesprecherin nicht bekannt.

Die Unterkünfte, die im Februar 2022 kurzzeitig als Erstaufnahmeeinrichtung reaktiviert wurden, werden aktuell also wieder als Gemeinschaftsunterkünfte genutzt, in denen Geflüchtete sich selbst versorgen können. Insgesamt leben aktuell knapp 800 Geflüchtete in dem Containerdorf. In zwei von drei Bauabschnitten wohnen ukrainische Geflüchtete, vor allem alleinstehende Mütter mit ein oder zwei Kindern. In dem dritten Abschnitt sind alleinreisende Asylsuchende in Wohngemeinschaften untergebracht. „Damit sich das auch wirtschaftlich darstellen lässt, werden die Unterkünfte jetzt bis 2025 geduldet. Streng genommen verstößt die Inbetriebnahme gegen das Tempelhof-Gesetz, daher nur die Duldung”, heißt es von der Pressestelle. Auch in zwei Hangars des ehemaligen Flughafens Tempelhof wurden Ende letzten Jahres wieder Notunterkünfte für 800 Menschen eingerichtet. Anders als früher, als die Geflüchteten in Messebaukabinen untergebracht waren, stehen nun Wohncontainer in den Hangars, zunächst für ein Jahr.

Autor:

Pia Senkel aus Tempelhof

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