Der "abgebrochene Riese" wankt
Bürger und Politiker erörtern Rückbau der Autobahnbrücke über den Breitenbachplatz

Laut, hässlich, Platz fressend, nicht mehr zeitgemäß. Kann die Autobahnbrücke über den Breitenbachplatz weg oder platzt der Verkehr dann aus allen Nähten?  | Foto: Matthias Vogel
4Bilder
  • Laut, hässlich, Platz fressend, nicht mehr zeitgemäß. Kann die Autobahnbrücke über den Breitenbachplatz weg oder platzt der Verkehr dann aus allen Nähten?
  • Foto: Matthias Vogel
  • hochgeladen von Matthias Vogel

Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Es zeichnet sich der Abriss der am Breitenbachplatz fehl wirkenden Autobahnbrücke ab. Zeit, mit den Bürgern über ihre Meinungen zu reden, fand der SPD-Abgeordnete Florian Dörstelmann, und lud zur Podiumsdiskussion ein.

Randvoll war sein Bürgerbüro am Rüdesheimer Platz am Abend des 4. November. Mitunter, weil in Bürgermeister Reinhard Naumann (SPD) und Ulrich Rosenbaum, Kopf der Bürgerinitiative Breitenbachplatz, interessante Gäste mit von der Partie des „Wilmersdorfer Gesprächs“ waren. Aber die große Resonanz war auch Beleg dafür, dass die Menschen aus Steglitz-Zehlendorf und Charlottenburg-Wilmersdorf wie gebannt der Dinge harren, die da bezüglich Umbauten von Relikten der autogerechten Stadt auf sie zukommen mögen.

Unmittelbar betroffen sind sie von der Idee, die Brücke abzureißen, die sich nach dem Tunnel unter der Wohnbebauung Schlangenbader Straße hindurch anschließt, sich in ihrer baulichen Wucht gerade noch so über den Breitenbachplatz schleppt und dann, völlig unspektakulär, den Verkehr in die Schildhornstraße in Richtung Bierpinsel leitet. Von den Dimensionen her fühlen sich aus dem Norden kommende Autofahrer wegen des Bruchs zwischen brettbreiter Autobahn und 30er-Zone etwa so wie Lewis Hamilton, der in die Box muss.

„Der abgebrochene Riese“, wie Dörstelmann den Brückenstummel nannte, ist das abrupte Ende der geplanten, aber nie realisierten Westtangente. Das Bauwerk ist nicht mehr zeitgemäß, das sehen die Bezirksverordnetenversammlungen der beiden betroffenen Bezirke und auch das Abgeordnetenhaus so. Letzteres forderte den Senat Anfang Juni auf, eine Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben, unter welchen verkehrlichen, ökologischen, städtebaulichen und finanziellen Bedingungen ein Rückbau der Brücke und eine Neugestaltung des Platzes möglich wären. Die Zustimmung zur „Ob-Frage“ nach einem Rückbau halte er für vorstellbar, sagte Naumann. Zumal bei deren Verneinung ordentlich „Knete“ in die Hand genommen werden müsste, um die 1980 eingeweihte Brücke zu sanieren. Aber es gelte eben, Chancen und Risiken gründlich abzuwägen, zur „Wie-Frage“ käme man erst dann.

Durch den Rückbau würde etwa ein halber Hektar Stadtraum frei werden, vorwiegend in Charlottenburg-Wilmersdorf. Gut denkbar wären dort Studentenwohnungen, so ein lauter Gedanke des Rathauschefs. Was ihn, die Bürgerinitiative und die Bürger hauptsächlich umtreibt, sind die zu erwartenden Verkehrsströme. Nicht nur nach dem Wegfall der Brücke, sondern auch nach dem Umbau des Autobahndreiecks Funkturm, der Rudolf-Wissell-Brücke, der Fertigstellung des Flughafens BER und auch nach der Realisierung der Arbeitswelt „Go West“ auf dem ehemaligen Reemtsma-Gelände in Schmargendorf.

In Dörstelmanns Runde gab es deshalb große Zweifel an der Sinnhaftigkeit eines Abrisses. Ein Bürger befürchtete bei derzeit täglich 15.000 Fahrzeugen pro Fahrtrichtung einen „Rückstau an der Schildhornstraße bis zum Hohenzollerndamm“. Einer fragte, was man denn von diesem Platz überhaupt erwarte. Er jedenfalls werde ihn sicher nicht genießen können, wenn rund herum der Verkehr tose. Eine Bürgerin pochte in Zeiten des Klimawandels auf den Rückbau, es brauche Platz für Fahrradfahrer. Für Ulrich Rosenbaum und seine Initiative geht es um mehr Lebensqualität auf und rund um den Platz. Potenzial habe der Breitenbachplatz ein ähnliches wie der Rüdesheimer Platz, auch wenn bereits einige Chancen vertan seien. „Viele der ehemaligen Ladengeschäfte dort sind nun in Besitz von Arztpraxen oder Apotheken.“ Trotzdem, ein baulicher Abschluss im Norden, ein Zebrastreifen im Süden, die Erneuerung des Spielplatzes und eine Neugestaltung des Platzes an sich würden schon viel bewirken. „Und Aufgeben ist nicht, das wäre ja die Kapitulation vor der Trostlosigkeit.“ Ein Bürger äußerte seine Schwierigkeiten, sich ohne belastbare Zahlen eine Meinung zu bilden. Naumann sagte, mit dem Ergebnis der Machbarkeitsstudie sei im Mai kommenden Jahres zu rechnen. Er schlug ein Treffen mit den Experten nach der Sommerpause 2020 vor. „Wie sich die Verkehrsströme quantitativ und qualitativ verändern werden, wird den Ausschlag dafür geben, wie revolutionär Lösungen sein können.“

Autor:

Matthias Vogel aus Charlottenburg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

7 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 233× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 993× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 651× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.140× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 2.030× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.