Zwölf Fälle noch in der Schwebe
Neuköllner Stadtrat Jochen Biedermann über die Auswirkungen des Vorkaufsrecht-Urteils

Anfang November hat das Bundesverwaltungsgericht das kommunale Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten in Teilen gekippt. Was das für Neukölln bedeutet, erklärte Stadtentwicklungsstadtrat Jochen Biedermann (Bündnis 90/Die Grünen) auf der jüngsten Sitzung der Bezirksverordneten.

Die Urteilsbegründung liege noch nicht vor, er fürchte aber, das Vorkaufsrecht könne höchstens noch in Einzelfällen greifen, sagte Biedermann. Keine Sorgen müssten sich Mieter machen, deren Häuser – statt an Privatinvestoren – bereits an Wohnungsgesellschaften oder Genossenschaften gefallen sind. Diese 19 Vorkaufsfälle, die insgesamt 710 Wohnungen und 44 Gewerbeeinheiten umfassen, seien rechtskräftig.

Wie es bei den laufenden Verfahren weitergehe, sei noch ungewiss. Betroffen sind acht Objekte: Laubestraße 4, Fuldastraße 21/Weserstraße 178, Weichselplatz 7, Hermannstraße 150, Schierker Straße 4/Wittmannsdorfer Straße 5, Richardstraße 83, Bürgerstraße 43 und Jonasstraße 68. Hinzukommen vier Fälle, bei denen erwerbswillige Investoren gegen den Vorkauf klagen: Sanderstraße 11, Hermannstraße 48, Boddinstraße 8 und Weserstraße 164/Wildenbruchstraße 85. Ob Abwendungsvereinbarungen von dem Urteil berührt sind, werde sich ebenfalls noch zeigen. Mit einer solchen Vereinbarung verpflichtet sich ein Käufer, den Milieuschutz zu respektieren und beispielsweise auf Luxussanierungen zu verzichten. So kann er den Vorkauf „abwenden“.

Die Entscheidung des Gerichts sei eine sehr schlechte Nachricht, so Stadtrat Jochen Biedermann. Einerseits habe der Vorkauf dämpfend auf die Mietenentwicklung gewirkt: Häuser wurden der Spekulation entzogen, Wohnungen blieben günstig. „Andererseits war es ein deutliches Zeichen an die Akteure auf dem Markt, dass Geschäftsmodelle, die auf horrende Mieten, Entmietung und Umwandlung in Eigentum abzielen, auf entschiedenen Widerstand im Bezirk stoßen.“ Auch die Abwendungsvereinbarung sei ein wichtiges Instrument. „Mieten von 18 Euro pro Quadratmeter lassen sich nicht einfach aufrufen, wenn im Papier auch die Mietpreisbremse geregelt ist“, so Biedermann. Um die Bewohner in Milieuschutzgebieten weiter zu schützen, hält er es für dringend notwendig, das Baugesetzbuch zu ändern. Hier sei jedoch der Bundesgesetzgeber am Zuge.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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