Gedenktafel für ehem. Zwangsarbeiter des Bezirksamtes Wilmersdorf
26.11.2020: Die erste Hürde ist genommen

Abb. 1 - Die provisorische Gedenktafel vom Dezember 2017* neben dem Eingang zu Wilhelmsaue 40, am 9. Mai 2020
4Bilder
  • Abb. 1 - Die provisorische Gedenktafel vom Dezember 2017* neben dem Eingang zu Wilhelmsaue 40, am 9. Mai 2020
  • hochgeladen von Michael Roeder

In der Sitzung der Gedenktafelkommission lagen die bereits bekannten** drei Entwürfe vor. Die Behandlung der Vorschläge begann (und endete) mit dem weitestgehenden: dem der Historiker.

Text
Schwerpunkt der Diskussion war die Frage, wie die Herkunftsländer derjenigen Zwangsarbeiter, die aus der Tschechoslowakei und Jugoslawien stammten, bezeichnet werden sollten: ob mit dem selbstgewählten Namen, den diese Länder vor und dann wieder nach dem Zweiten Weltkrieg trugen, oder mit dem Namen der Staaten, die infolge des deutschen Eroberungskriegs entstanden waren. Man entschied sich gegen die erzwungenen Teilstaatsbezeichnungen.
Bei der Frage, ob das Lager als vom Bezirksamt „geleitet“ oder „betrieben“ zu nennen sei, einigte man sich auf ersteres – zweifelsfrei belegt durch mehrere Dokumente.
Ein abschließender Satz, daß mit dieser Tafel an das Unrecht erinnert werden solle, das den Zwangsarbeitern angetan wurde, damit es nie wieder geschehe, wurde als zu pädagogisch abgelehnt.
Die Abstimmung zugunsten des Historikervorschlags war einstimmig. Der Text der Gedenktafel wird somit lauten:

An diesem Ort befand sich im Zweiten Weltkrieg
ein vom Bezirksamt Wilmersdorf geleitetes Zwangsarbeiterlager.
Über 50 Menschen aus Polen, Jugoslawien, der Tschechoslowakei,
Frankreich und den Niederlanden waren hier untergebracht.

[Ausschnitt aus der amtlichen Karte 1931-1947; Abb. 2]

Die Bezirksverwaltung Wilmersdorf setzte sie bei der
Trümmerbeseitigung und anderen kommunalen Aufgaben ein.

[Ausschnitt aus einem Schreiben des Bezirksamt mit der Adresse des Lagers; Abb. 3]

Zwangsarbeit war Teil der nationalsozialistischen Kriegswirtschaft
und im Berliner Alltag unübersehbar.

Gestaltung der Tafel
Die Aufteilung in Text und Abbildungen wurde als noch nicht befriedigend empfunden; der Text würde durch die Anordnung der Abbildungen zerrissen und drohe unterzugehen. Auch würden im Text nicht erwähnte Begriffe wie „Kinderheim“ und „Strafgefängnis“ in den Abbildungen erscheinen, die einer Erläuterung bedürften. Es ging daher an die Museumsleiterin der Auftrag, die dortige Grafikerin um mehrere Entwürfe zu bitten, wobei ein QR-Code als Zugang zu weiteren Informationen integriert werden soll.

Kosten
Nach Ansicht der Kommission besteht kein Zweifel daran, daß die in der Septembersitzung von BzStRin Frau Schmitt-Schmelz zugesagte Kostenübernahme durch das Bezirksamt*** gelte.

Zeitpunkt der Enthüllung
Es wurde allgemein mit einem Termin erst im Frühjahr (Mai) 2021 für die Enthüllung der Gedenktafel gerechnet.

Anmerkungen
Somit hat die Gedenktafelkommission im November 2020 diejenigen Fakten anerkannt und zur Grundlage ihres Textes gemacht, die seit der Veröffentlichung eines Dokuments (Abb. 4) vor 70 Monate im Januar 2015 bekannt sind: die genaue Lage des Zwangsarbeiterlagers in der Wilhelmsaue 40 und die Zuständigkeit des Bezirksamtes Wilmersdorf. Eine erste Hürde ist genommen, weitere stehen noch bis zur Enthüllung bevor.

Der Beschluß vom März bzw. April (Drucksache 1438/5) enthält einen weiteren Auftrag: „Für Charlottenburg ist der Ort für eine Gedenktafel noch festzulegen.“ Ist der Dokumenten-Hinweis auf das bezirkliche Zwangsarbeiterlager in der Eosander-Schinkel-Grundschule, Nithackstraße 8-10 (damals Oranienstraße 13/15), der im Juni d.J. in der Fußnote des Beitrags „Wie war es eigentlich, Zwangsarbeiter des Bezirksamtes Wilmersdorf zu sein?“ enthalten war, derweilen weiterverfolgt worden? Beziehungsweise wann wird das dann geschehen?

_____________________
* Siehe "Einweihung einer provisorischen Gedenktafel für Zwangsarbeiter"
** Siehe hier Anmerkungen ** und **** und 2. Kommentar.
*** Siehe Protokoll der 14. Sitzung vom 10.9.2020, zu TOP 7.

Autor:

Michael Roeder aus Wilmersdorf

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

16 folgen diesem Profil

1 Kommentar

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 829× gelesen
WirtschaftAnzeige
JRB DER HEIMWERKER hat alles, was Ihr Weihnachtsfest schöner macht. | Foto: JRB DER HEIMWERKER

JRB DER HEIMWERKER
Alles für Advent und Weihnachten

JRB DER HEIMWERKER hat ein stimmungsvolles und umfangreiches Angebot im Weihnachtsmarkt für Sie, liebe Kunden, zusammengestellt. Im EG. und 1. OG, das Sie bequem mit Rolltreppe oder Aufzug erreichen können, erwartet Sie eine große Auswahl an Weihnachtsdekoration. Christbaumkugeln und Spitzen in vielen Farben und Formen sowie viele Deko-Artikel, Figuren sind in großer Auswahl vorhanden. Das wichtigste ist ein guter Weihnachtsbaumständer und natürlich die Beleuchtung. Wir führen Lichterketten,...

  • Köpenick
  • 27.11.24
  • 818× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 514× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.010× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 1.901× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.