Beratungen aus dem Homeoffice
Ausschüsse sammeln erste Erfahrungen mit Videositzungen

Teilnehmer des Videoausschusses, vom Bildschirm abfotografiert: Marlene Heihsel (FDP), Werner Heck und Julan Schwarze (beide Bündnis90/Grüne). | Foto: Thomas Frey
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  • Teilnehmer des Videoausschusses, vom Bildschirm abfotografiert: Marlene Heihsel (FDP), Werner Heck und Julan Schwarze (beide Bündnis90/Grüne).
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"Schön, dass Sie so zahlreich hochgeladen haben", begrüßt Tobias Wolf (Bündnis90/Grüne) die Kolleginnen und Kollegen. Ein Einstieg, passend zur Szenerie und wahrscheinlich noch einige Wochen gültig.

Seit Anfang Mai haben mehrere Ausschüsse der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) ihre Sitzungen per Video- beziehungsweise Telefonkonferenz abgehalten. Zum Beispiel der für Personal, Haushalt und Investitionen, dem Wolf vorsteht, zuvor schon die Gremien für Stadtentwicklung sowie Schule und Sport, Kultur und auch Umwelt und Verkehr folgten. Per Bild und Ton waren zwar die meisten, aber längst nicht alle anwesend. Einigen reichte der Kontakt per Fernsprecher. Der Überblick, wer wie zugeschaltet ist, obliegt den Vorsitzenden. "Frau Heihsel habe ich schon gesehen", sagt John Dahl (SPD), der dem Stadtplanungsausschuss vorsteht. "Moment, Herr Müller, Sie sind gleich dran."

Videoteilnehmer, die etwas sagen möchten, können sich per Chat melden. Bei den Telefonisten muss das abgefragt werden. Auch Nebengeräusche sind möglichst zu vermeiden. Im Schul- und Sportausschuss machte das teilweise Probleme. Dabei ging es gerade dort um sehr Konkretes. Etwa um die Vorbereitungen der Schulen auf den nach und nach folgenden Restart und die Lage bei den Sportvereinen. Auch das Baerwaldbad spielte eine Rolle. Der Haushaltsausschuss hatte sich mit den finanziellen Folgen von Corona auseinanderzusetzen und damit ebenfalls ein weitreichendes Thema.

Bei den Stadtplanern war es dagegen, anders als sonst, eher ruhig. Das lag auch daran, dass dieser Bereich gerade weniger im Fokus steht und die Tagesordnung beim ersten interaktiven Treffen vor allem organisatorische Fragen behandelte. Baustadtrat Florian Schmidt (Bündnis90/Grüne) stand während der Ausschusssitzung zwar manchmal Kopf, aber nur als Videobild. So entspannt war ein Termin in dieser Runde für ihn schon lange nicht mehr. Dazu trug auch bei, dass Volker Härtig, SPD-Bürgerdeputierter und normalerweise einer seiner Hauptkontrahenten, mit Tonproblemen zu kämpfen hatte.

Manko: Öffentlichkeit bleibt außen vor

Insgesamt habe der Ablauf ganz gut geklappt, so John Dahls Resümee. Etwas Schwierigkeiten bereite, dass manche nur als Hörer teilnehmen. Das mache bereits das Feststellen der Anwesenheit mühsam. Und bei den Chatmeldungen ließen sich phantasievolle Mailadressen nicht immer den jeweiligen Absendern zuordnen.

Was den inhaltlichen Ablauf angehe, hätten solche interaktiven Sitzungen natürlich Nachteile gegenüber persönlichen Zusammenkünften, räumt Dahl ein. Interaktion, Diskussion, erst recht Konfrontation findet eher dosiert statt. Wobei er glaubt, dass kontroverse Themen künftig auch zu entsprechenden digitalen Auseinandersetzungen führen werden. Ein weiteres Manko sei, dass die Öffentlichkeit weitgehend ausgeschlossen bleibe.

Das ließe sich durch entsprechende Plattformen ändern, meint Marlene Heihsel (FDP). Sie ist eine große Verfechterin digitaler Volksvertretertreffen, zumindest so lange, wie das Leben weitgehend von Corona diktiert wird. Als wichtigstes Argument nennt sie den Gesundheitsschutz. Dazu komme eine gewisse Vorbildfunktion. Parlamentarier dürften sich zwar in größerem Rahmen treffen, aber sei das unbedingt nötig, wenn gleichzeitig für die Bevölkerung noch Kontaktbeschränkungen gelten? "Man muss nicht alles machen, was man machen kann". Und selbst eine disziplinierende Wirkung schreibt Marlene Heihsel den Video- und Telefonkonferenzen zu. Nach ihren ersten Erfahrungen habe es weniger lange Fensterreden gegeben.

Mittel zum Zweck

So zustimmend wie bei der Liberalen klingt das nicht bei allen. Er wolle noch einmal seine Ablehnung klarstellen, machte der CDU-Fraktionsvorsitzende Timur Husein per Telefon im Haushaltsausschuss deutlich. Nicht nur für ihn müssen zumindest einige Möglichkeiten rein analoger Mitwirkung gewährleistet sein.

Die sind auch teilweise weiter gegeben. Der Jugendhilfeausschuss tagte am 12. Mai wie gehabt im Rathaus Kreuzberg, selbstverständlich unter den aktuell gültigen Vorgaben. Auch andere Gremien werden manchmal nicht um ein direktes Treffen herumkommen. Etwa der Stadtplanungsausschuss, der einen neuen stellvertretenden Vorsitzenden wählen muss. Das soll jetzt am 27. Mai in einer Sondersitzung vor der an diesem Tag stattfindenden BVV passieren. Ob die digitale Präsentation eines Bauvorhabens möglich ist, wird sich dort am 20. Mai zeigen. Wer das nur am Telefon verfolgt, ist auf jeden Fall im Nachteil.

Die interaktiven Treffen seien eben der Lage geschuldet, "und wir müssen uns noch daran gewöhnen", befand der Grünen-Fraktionsvorsitzende Julian Schwarze. "Wir sollten diese Möglichkeit während der Pandemie nutzen, aber sie danach nicht zur Regel machen", lautete die Einordnung von Oliver Nöll, Fraktionschef der Linken.

Auch John Dahl sieht vor allem das Mittel zum Zweck. Auf einige Einblicke könne er auch gerne verzichten, fügt er ebenfalls an. "Ich muss nicht sehen, wer vor seinem Computer isst oder raucht."

Dabei kann nicht nur das auch interessant sein. Gerade, wenn der Sitzungsverlauf weniger spannend ist, geht der Blick mehr auf die Beteiligten und ihr Wohnumfeld. Eine weiße Wand als Hintergrund, aber auch Bilder sind zu erkennen, Bücherregale, Couchgarnitur oder eine Zimmerpflanze. Einige sitzen die ganze Zeit am Bildschirm, andere stehen manchmal auf. Beobachtungen, die aber in den kommenden Wochen ihren Reiz verlieren könnten..

Teilnehmer des Videoausschusses, vom Bildschirm abfotografiert: Marlene Heihsel (FDP), Werner Heck und Julan Schwarze (beide Bündnis90/Grüne). | Foto: Thomas Frey
Digitale Moderation: John Dahl (SPD), Vorsitzender des Stadtplanungsausschusses.  | Foto: Thomas Frey
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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