Unter Wahlkampfverdacht: Muss man über jeden Auftritt der Parteien berichten?

Wahlplakate sind ein Anreißer im Wahlkampf. Dazu werben die Parteien mit vielen, auch besonderen Veranstaltungen. Bei denen stehen aber natürlich immer die eigenen Interessen im Vordergrund. | Foto: Thomas Frey
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Friedrichshain-Kreuzberg. Die Einladung klang interessant. Sie versprach einen Blick von oben auf die Arbeiten am Freudenberg-Areal. Danach folgte eine Schifffahrt über die Spree, ebenfalls mit besonderen Einsichten.

Bestimmt spannend, aber vor allem dem aktuellen Wahlkampf geschuldet. Denn bei der Baustellenbesichtigung und Bootstour handelte es sich um einen Termin der SPD. Mit an Bord waren nicht nur Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel, sondern auch Bundesbauministerin Barbara Hendricks. Schippern mit den Sozis? Derzeit lieber nicht.

Denn wenn Parteien in diesen Tagen nicht nur auf die Stadtentwicklungsprojekte im Spreeraum verweisen wollen, haben sie natürlich dem 18. September im Blick. Was den Sozialdemokraten die Eindrücke zu Wasser und zu Lande sind, ist den Grünen die Fahrradtour oder der Linkspartei ihre Liebe zum Prinzenbad.

Das ist alles völlig in Ordnung und gehört zum Wahlkampf der Parteien, die mit Aufmerksamkeit auf Stimmenfang gehen müssen. Aber soll man über jedes angebotene Stöckchen springen?

Eine Gratwanderung

Natürlich ist das gerade eine Gratwanderung. Denn oft sind die Termine so angelegt, dass sie auf ein Thema oder Problem hinweisen, das Interesse und eine Debatte darüber verdient.

Das galt auch für die Nachtaktion der Jungen Liberalen Mitte August. Am Moritzplatz und am Schlesischen Tor setzte sich der FDP-Nachwuchs für einen durchgehenden U-Bahnverkehr auch an den Wochentagen ein. Zumindest an den zentralen Verbindungen und mindestens halbstündig sollte der angeboten werden. Allemal diskussionswürdig, aber zu diesem Zeitpunkt vor allem eine Wahlkampfaktion.

Auch die Ängste der Linken um das Prinzenbad haben einen realen Hintergrund. Es kursieren Ideen, ob ein Teil der Liegewiesen bebaut werden könnte. Darauf muss aufmerksam gemacht werden, auch die Berliner Woche hat bereits darüber berichtet. Die Protestaktion der Partei gegen solche Pläne am 26. August stand deshalb ebenfalls unter verschärftem Wahlkampfverdacht.

Gleiches gilt umso mehr, wenn sich nicht nur Landes-, sondern sogar Bundesprominenz in die Friedrichshain-Kreuzberger Niederungen begibt. Barbara Hendricks besuchte bereits vor der Bootsfahrt den Bezirk. Auch ihre SPD-Ministerkollegin Andrea Nahles war schon hier. Dabei ging es natürlich um Wohnungsbau oder Arbeitsmarktpolitik, aber gleichzeitig um die Unterstützung der Genossen vor Ort.

Klar ist auch, dass wirkliche oder vermeintliche Erfolgsmeldungen gerade jetzt ebenso gerne veröffentlicht werden wie andererseits auf manche Missstände besonders hingewiesen wird.

Politische Größen

Einige Veranstaltungen lassen sich aber selbst dann nicht schwänzen, wenn ihre Schlagseite von Vornherein ziemlich deutlich wird. In diese Kategorie gehörte auch das symbolische Ende der Bauarbeiten an der Warschauer Straße, das am 1. September gefeiert wurde. Dazu hatte sich ebenfalls Senator Geisel angekündigt. Ebenso wie Baustadtrat Hans Panhoff (Bündnis 90/Grüne). Immerhin zwei Vertreter unterschiedlicher Parteien.

Ohnehin versprechen Veranstaltungen und Diskussionen mit Kandidaten verschiedener politischer Formationen noch den größten Erkenntnisgewinn. Da entfällt auch die Gefahr, einen zu sehr in den Fokus zu stellen.

Die Parteien und ihre Bewerber stehen unter großem Erfolgsdruck. Wie die Stimmen am 18. September verteilt werden, entscheidet über ihre politische und oft auch berufliche Zukunft. Umso wichtiger ist es, bei diesem Kampf möglichst viel Resonanz zu bekommen.

Nur, allen dabei gerechtzuwerden, ist kaum möglich. Und die Grundlage für eine Neu- oder Wiederwahl wird auch nicht nur in diesen Wochen gelegt. tf

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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