Alles kann, nichts muss
Einstimmen auf die Testphase für die Begegnungszone Bergmannstraße

Die aktuelle Situation an einem Nachmittag in der Bergmannstraße. | Foto: Thomas Frey
4Bilder
  • Die aktuelle Situation an einem Nachmittag in der Bergmannstraße.
  • Foto: Thomas Frey
  • hochgeladen von Simone Gogol-Grützner

Nach drei Stunden hatten sich die Reihen stark gelichtet. Befanden sich zu Beginn rund 100 Personen im Raum, blieben bis zum Schluss noch etwa 30. Es war auch irgendwann so ziemlich alles gesagt.

Was nicht bedeutet, dass beim Thema Begegnungszone Bergmannstraße alles geklärt wäre. Genauer gesagt zu deren Testphase, die im Oktober beginnt. Die Bürgerinformation am 27. September im Columbia-Theater ergab dazu einmal mehr ein unterschiedliches Meinungsbild.

Ein Jahr testen. Ab 8. Oktober wird das Testmobiliar aufgebaut, was gut zwei Wochen dauern wird. Einige Zutaten kommen auch erst im nächsten Jahr. Im Mittelpunkt stehen 19 sogenannte Aufenthaltsmodule und neun Querungsmodule. Bei ihnen handelt es sich vorwiegend um Parklets in verschiedener Form und Anordnung: Bänke mit und ohne Tische, Liegeplätze, auch barhockerartige Sitzgelegenheiten. Ebenfalls Teil der Testphase sind Veränderungen an Kreuzungen, neue Markierungen, 232 Fahrradabstellflächen. Dafür reduziert sich die Anzahl das Autoparkplätze von aktuell rund 100 auf nur noch 17. Parallel dazu tritt die Parkraumbewirtschaftung in Kraft.

Was erreicht werden soll. Das Testprojekt läuft ein Jahr. Die Bürger, nicht zuletzt die Anwohner, sollen dabei feststellen, was funktioniert und welche Nebenwirkungen es gibt. Alle Elemente der Testphase wären deshalb "reversibel", wurde mehrfach betont. Bis zu der, aber wahrscheinlich eher theoretischen Möglichkeit, das gesamte Vorhaben zu beenden. Das alles sei auch Ergebnis der Erfahrungen mit der Begegnungszone in der Schöneberger Maaßenstraße, wie Horst Wohlfarth von Alm von der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz einräumte.

Was bisher geschah. Der Testphase war seit März ein Probelauf mit zwei Parklets an der Kreuzung Nostitzstraße vorausgegangen (wir berichteten). Sie werden jetzt abgebaut. Vor allem betroffene Anwohner konnten diesem Versuch wenig abgewinnen. Mehrere beklagten sich über nächtlichen Lärm wegen Menschenansammlungen an den Sitzgelegenheiten. Auch dass sich dort Drogenabhängige breit gemacht hätten, wurde negativ angemerkt. Dazu wäre die Pflege der Parklets vernachlässigt worden. Nicht einmal Graffitischutz habe es gegeben, wusste ein Redner. Weiterer Einwand: Die beiden Sitzmöbel seien viel zu massiv gewesen. Erklärung dafür: Sie waren eigentlich gar nicht für die Bergmannstraße, sondern die Schönhauser Allee in Prenzlauer Berg gedacht. Ihre Nachfolger werden schmaler ausfallen.

Was zu beachten ist. Was als Begleitumstände der Probe-Parklets kritisiert wurde, gilt auch für die Testphase. Wie lassen sich etwa Ruhestörungen in der Nacht ausschließen? Eine befriedigende Antwort gibt es darauf bisher nicht. Das Ordnungsamt ist aktuell bis höchstens 22 Uhr im Einsatz. Die Polizei rückt wahrscheinlich nicht bei jedem etwas höherem Geräuschpegel in die Bergmannstraße aus. "Am Ende fühlt sich niemand verantwortlich", befürchtete ein Besucher.

Um den Unterhalt kümmere sich natürlich das Straßen- und Grünflächenamt, beteuerte Baustadtrat Florian Schmidt (Bündnis90/Grüne). Aber auch die Bürger könnten selbst Hand anlegen, etwa durch eine Art Patenschaft. Apropos konkretes Engagement: Wie wäre es, wenn während der Testphase die vorgesehenen Module durch Ideen der Bürger ersetzt werden? Ein Vorschlag, der als Anmerkung auf den ausgestellten Planskizzen hinterlassen wurde.

Was ist, was soll werden? Den Straßenraum in der Bergmannstraße neu ordnen ist das Ziel der Begegnungszone. Schon durch die Module, die gleichzeitig Hindernisse für Autos bedeuten, soll eine Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer hergestellt werden. Als Höchstgeschwindigkeit gilt künftig 20 Stundenkilometer. Nebenwirkungen seien Erschwernisse für Gewerbetreibende und eine weitere Gentrifizierung, befürchten die Gegner. Auch Details sorgten für Bauchschmerzen. So böten die vorgesehenen Module wenig Schutz und würden sich als Klettergerüst für Kinder eignen, was entsprechende Gefahren berge. "Die Zeit der Testphase ist die Zeit einer umfassenden Bürgerbeteiligung", appellierte wiederum Hans-Jürgen Hubert von der Initiative "Leiser Bergmannkiez". Diese Chance sollte genutzt werden.

Der Terminplan. Nach der Auftaktveranstaltung soll es im Frühjahr eine weitere Versammlung geben, die erste Ergebnisse und Erfahrungen zum Thema hat, und am Ende im November 2019 natürlich ein Abschlusstreffen mit entsprechendem Resümee. Dazu gibt es eine Online-Begleitung über die Website www.mein.berlin.de. Ebenfalls im Angebote sind Spaziergänge entlang der Module im nächsten Jahr sowie ein Informationstag. Drei Termine mit Info-Ständen wird es bereits im Oktober geben.

Ein Verbesserungsvorschlag aus der Auftaktveranstaltung fand bereits Widerhall. Der Ampelübergang an der Kreuzung Nostitzstraße sollte eigentlich stillgelegt werden. Er sei aber wichtig vor allem für Schulkinder. Deshalb werde das jetzt noch einmal überlegt, versprach Horst Wohlfarth von Alm.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

50 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 250× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 1.008× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 659× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.150× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 2.034× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.