Fallzahlen 2019 weiter gestiegen
Mehr rechtsextreme Vorfälle in Lichtenberg

Neonazi-Schmiererei an einer Hauswand in Alt-Lichtenberg - auch solche Vorfälle dokumentiert das Lichtenberger Register. | Foto: pad gGmbH
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„Es ist nicht selbstverständlich, dass sich ein Bezirk so hinter das Register stellt“, sagt Michael Mallé von der Fach- und Netzwerkstelle LichtBlicke. Der Öffentlichkeitsarbeiter der Sozialgesellschaft pad GmbH ist für das Lichtenberger Register zuständig – eine jährliche Dokumentation extrem rechter und diskriminierender Vorfälle. Erste Zahlen aus dem Jahr 2019 hat er jetzt vorgestellt.

Am 5. Januar 2019 eine rassistische Bedrohung in der Weitlingstraße, am 8. Januar zwei „Schutzzone“-Aktionen an den S-Bahnhöfen Friedrichsfelde und Lichtenberg, am gleichen Tag ein Rechtsrock-Aufkleber im U-Bahnhof Tierpark, einen Tag später eine antisemitische Beleidigung in Friedrichsfelde – und es geht so weiter: Insgesamt 13 Vorfälle mit rechtsextremem und/oder diskriminierendem Hintergrund listet das Lichtenberger Register allein für den Januar 2019 auf.

Obwohl die Zahlen des vergangenen Jahres noch nicht ganz fertig ausgewertet sind, kann Michael Mallé schon eines sagen: „Lichtenberg ist ein Bezirk mit hohen Fallzahlen, und die Tendenz bleibt steigend.“ Es sei daher wichtig, dass das Bezirksamt das LichtBlicke-Netz unterstütze.

Im ersten Halbjahr 2019 listet das Lichtenberger Register 118 Vorfälle auf – fast ein Viertel mehr als im Vorjahr. „Der Europawahlkampf sorgte für ein Ansteigen der Vorfälle im April und Mai, weil zu dieser Zeit auch die Aktivitäten extrem rechter Akteure zunahmen“, erklärt Mallé und nennt einen zweiten Grund für die gestiegenen Registerzahlen: „Wir konnten noch weitere Melder aktivieren.“ So würden die Opferberatungsstelle ReachOut und die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus rias inzwischen regelmäßig die ihnen bekannten Übergriffe melden. Auch der Bezirk habe neue Kommunikationswege und Anlaufstellen geschaffen.

95 Prozent rassistisch motiviert

Von einem Großteil der Vorfälle erfahren die Register-Macher aber aus den Polizeistatistiken. Notiert werden sie nach Art, Ort und Motiv. Das Register unterscheidet Bedrohungen, Beleidigungen, Pöbeleien, Angriffe, Sachbeschädigungen sowie Veranstaltungen mit rechtsextremen, diskriminierenden Inhalten. Inzwischen werden auch entsprechende Äußerungen in den sozialen Netzwerken aufgenommen.

Erkenntnis der aktuellen Dokumentation: 95 Prozent aller Vorfälle sind rassistisch motiviert. „Das ist eine Tendenz, die sich fortsetzt“, so Michael Mallé. „Wir mussten aber auch eine deutliche Steigerung bei antisemitischen Angriffen feststellen.“ Unter dem Kürzel LGBTIQ sammelt das Register Vorfälle, die sich gegen Lesben, Schwule, Transgender, kurz: die queere Community richten. Auch hier sind die Zahlen eindeutig. Es gibt immer mehr verbale und körperliche Attacken. Und auch Obdachlose werden immer häufiger zur Zielscheibe von Beschimpfungen oder Übergriffen.

Insgesamt zeigen die vorläufigen Zahlen des Lichtenberger Registers, dass rechtsextreme, rassistische und andere diskriminierende Vorfälle von 2018 auf 2019 um fast 15 Prozent gestiegen sind. Im Schnitt gab es im vorigen Jahr jeden Monat zwei Angriffe und drei Pöbeleien. Nach Treptow-Köpenick und Mitte liege Lichtenberg vorn in der gesamtberliner Statistik und etwa gleichauf mit Pankow und Neukölln, sagt Mallé.

Zivilbevölkerung gefragt

Bürgermeister Michael Grunst (Die Linke) nennt das Register einen Seismographen, der zeige, wo die Entwicklung hingehe – mit aktuell erschreckender Erkenntnis. „Es ist schlimm, dass wir den Anstieg der Fallzahlen trotz aller Bemühungen nicht verhindern konnten“, so der Lichtenberger Rathauschef. Er stelle auch selbst fest, dass die Verrohung im manchen Teilen der Bevölkerung zunehme. „Ich bekomme Briefe mit Klarnamen, deren Verfasser sich in teils erschütternder Weise gegen Obdachlose äußern.“ Politik, aber auch die Zivilbevölkerung müssten sich noch viel stärker gegen diesen nicht hinnehmbaren Trend engagieren.

Die endgültigen Zahlen des Berliner Registers für 2019 mit den Dokumentationen aus allen Bezirken werden im März vorgestellt. In den kommenden Tagen gibt es zwei Veranstaltungen, die Interessierte über das Lichtenberger Register informieren: am Sonntag, 9. Februar, um 18 Uhr im WB13 Am Berl 13 und am Montag, 10. Februar, um 20 Uhr in der Magda19, Magdalenenstraße 19. Mehr Informationen gibt es im Netz unter www.berliner-register.de

Autor:

Berit Müller aus Lichtenberg

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