Planschen auf dem Mars
Marodes Becken an der Singerstraße wird zu modernem Wasserspielplatz umgebaut

Die historischen Bogenduschen werden rekonstruiert.  | Foto:  Levin Monsigny Landschaftsarchitekten
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  • Die historischen Bogenduschen werden rekonstruiert.
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Das Bezirksamt hat sich in einem zweistufigen Gutachterverfahren, an dem auch Anwohner beteiligt waren, aus fünf Entwürfen für den vom Planungsbüro Levin Monsigny entschieden.

Die Plansche an der Singerstraße war wie auch die Plansche an der Weydemeyerstraße der Hit im modernen Wohngebiet beidseits der Karl-Marx-Allee, das die DDR in den 1960er-Jahren errichtet hat. Zigtausende Kinder konnten mitten in der City ein kühles Bad nehmen. Doch seit Jahrzehnten sind die DDR-Planschen marode und wurden nur noch notdürftig geflickt.

Das Bezirksamt lässt seit ein paar Jahren alle Planschen zu modernen Wasserspielplätzen umbauen. Die jahrelang gesperrte Weydemeyerplansche wurde vergangenen Sommer nach denkmalgerechter Neugestaltung eröffnet. Das Bezirksamt ist vor kurzem für den Umbau der zwei DDR-Planschen in einen Wasserspielplatz im Förder- und Erhaltungsgebiet Karl-Marx-Alle II beim Bundeswettbewerb „Europäische Stadt: Wandel und Werte“ ausgezeichnet worden.

Jetzt ist die trostlose Plansche an der Singerstraße dran. Die Landschaftsarchitekten vom Büro Levin Monsigny machen unter dem Motto „Auf zum Mars“ die historische Anlage auf gleichem dreieckigen Grundriss zum Weltraumabenteuer. Schon die DDR-Architekten hatten 1962 das Thema Weltraum; inspiriert vom sowjetischen, weltweit ersten Satelliten Sputnik, der 1957 das Zeitalter der Weltraumfahrt einläutete. Der Künstler Baldur Schönfelder schuf an der Singerstraße in Erinnerung an den Sputnikflug und den Traum der Menschheit von einem Leben im Weltall ein faszinierendes Spielobjekt. Die Mondstation ist längst verschwunden.

Ganzjährig nutzbar

Martina Levin hat das Weltraumthema weiterverfolgt und knüpft inhaltlich an das damalige Konzept an. Gibt es Wasser auf dem Mars?, so ihre Frage. Ja, lautet die Antwort. Das Becken bekommt marsmäßig eine rostrote Farbe. Der Clou: Aus dem breiten Planschebereich ragen sechs kleine Hügel bis zu 90 Zentimeter Höhe wie Vulkane aus der Marsoberfläche. Wenn die Plansche voll Wasser ist, wirken sie wie Inseln. In den kalten Jahreszeiten lassen sich die Spielhügel perfekt mit BMX-Fahrrädern oder Inlineskates befahren. So ist die zukünftige Plansche ganzjährig nutzbar. Alle Wasserelemente werden nach historischem Vorbild platziert. So werden auch die über drei Meter hohen Bogenduschen wieder rekonstruiert. Die „geschwungenen Sprühmasten mit Duschfunktion“, wie sie im Levin Monsigny-Konzept heißen, wurden vor Jahren abgebaut. Das Besondere an der Singerplansche: Der Betrieb ist so konzipiert, dass das Becken immer mit etwa 30 Zentimeter Wasser gefüllt ist. Das ist anders als in den bereits umgebauten DDR-Planschen an der Eichendorffstraße, Weydemeyerstraße und im Weinbergspark. Dort spritzen verschiedene Sprühelemente auf Knopfdruck. An der Singerstraße werden über elektronische Steuerungen der Zufluss aus den Bogenduschen und der Abfluss geregelt, so dass immer ein Wasserpegel im Becken bleibt. Von den Wasserkosten dürfte die Singerplansche dadurch wohl die kostspieligste werden. „Wir überlegen noch, wie man das Wasser besser nutzen kann“, so Martina Levin.

Zur Sanierung gehört der Umbau des gesamten Areals. Die kaputten Wege werden neu gemacht. Östlich der Plansche gibt es zukünftig einen Spielplatz mit einer Marsstation. Daneben ist ein Outdoorfitnesspark mit Trainingsgeräten und Bewegungsangeboten für Senioren sowie Pumpstationen für Bodybuilder geplant. Die Liegewiese westlich der Plansche wird hergerichtet und bekommt, wie bei der ersten Anwohnerpräsentation im Oktober gewünscht, Liegenetze, extra breite Liegestühle und Picknicktische.

Anwohner gegen Baumfällungen

Trotz Bürgerbeteiligung sorgt der Siegerentwurf von Levin Monsigny derzeit für Proteste. Anwohner Stephan Giering verschickt ein Flugblatt und spricht von „(un)heimlichen Baumtötungsaktionen“. In dem Schreiben der Anwohnerinitiative steht, dass 16 Bäume gefällt werden sollen, „der gesamte! Baumbestand“. Tatsächlich hat Martina Levin vorgeschlagen, 16 Bäume, davon zwei auf der Liegewiese, rauszunehmen, „um Licht und Luft“ in die Grünanlage zu bringen. Es sei stellenweise sehr eng, „da wächst kein Rasen mehr“. Martina Levin wehrt sich gegen „die Darstellung der Anwohnervertreter, dass wir als Landschaftarchitekten unkritisch mit der Entfernung von Bäumen umgehen würden.“ Es werde nicht der „gesamte Baumbestand“ entfernt, sondern es sollen „im Sinne der bessere Nutzbarkeit lediglich einzelne Bäume gefällt werden“. Entschieden ist noch gar nichts. Bei einem Rundgang gemeinsam mit dem Grünflächenamt und den Anwohnern sollen gegebenenfalls sinnvolle Fällungen besprochen werden.

„Bäume dürfen nur gefällt werden, wenn sie nicht mehr standsicher sind oder andere Bäume in ihrer Entwicklung behindern“, teilt das Bezirksamt zum aufgeflammten Baumstreit mit. „Die Untersuchungen der Fachleute zum Gesundheitszustand der Bäume laufen derzeit“, so Christian Zielke von der Pressestelle. Auch zu den Kosten und zum Zeitplan gibt es keine konkreten Aussagen.

Das Koordinationsbüro für das Fördergebiet Karl-Marx-Allee II wird den Vorplanungsentwurf des Büros Levin Monsigny im Zuge eines Bürgerbeteiligungsverfahrens der Öffentlichkeit vorstellen. Laut Projektangaben auf der Website der Landschaftsarchitekten soll die Singerplansche im Dezember 2021 fertig sein. Die Kosten werden vermutlich, ähnlich wie bei der Sanierung der Weydemeyerplansche, um die eine Million Euro liegen.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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