DDR-Flucht in WhatsApp-Nachrichten
Stiftung Berliner Mauer holt reale Ereignisse von 1961 in die Gegenwart

Noch bis Anfang November kann man quasi in Echtzeit per WhatsApp, Telegram oder iMessage bei der DDR-Flucht des damals 13-jährigen Michael Synowzik 1961 am Checkpoint Charlie dabei sein. „Nachricht von Micha – meine Flucht am Checkpoint Charlie“ heißt das Mediaprojekt der Stiftung Berliner Mauer.

Als sich 1961 am Checkpoint Charlie, dem Grenzübergang in der Friedrichstraße, sowjetische und US-Panzer bedrohlich gegenüberstanden, wagte der 13-jährige Michael Synowzik unterirdisch die Flucht durch die Kanalisation in den Westen. Seit August verfolgen mittlerweile über 2600 Menschen Michas Nachrichten, die er quasi in Echtzeit über seine Flucht verschickt. Wer sich anmeldet, kann Michas Flucht live auf seinem Handy mitverfolgen und so die Zeit des Mauerbaus erleben. Micha schickt regelmäßig Nachrichten mit seinen Gedanken, Überlegungen und Gefühlen, die durch Anmerkungen der Redaktion zu historischen Hintergründen und weiteren Informationen ergänzt werden.

Die Flucht gab es wirklich. Das Projekt wurde gemeinsam mit dem Zeitzeugen Michael Synowzik, genannt Micha, entwickelt. Er wurde am 10. Oktober 1948 in Ost-Berlin geboren und lebte damals mit seinem Vater in der Reinhardtstraße 47. Als die Mauer am 13. August 1961 gebaut wurde, war er zwölf Jahre alt. Die Text- und Sprachnachrichten des Projektes „Nachricht von Micha“ werden vom Redaktionsteam gemeinsam mit Synowzik verfasst. Dazu gibt es Fotos und Videos aus Archiven sowie aus dem Privatbesitz des Zeitzeugen. Die Sprachnachrichten wurden vom Redaktionsteam verfasst und von einem 13-jährigen Sprecher eingesprochen.

Hätte es damals schon Handys gegeben, wäre der Mitteilungsdrang des chattenden Flüchtlings für die Stasi sicher das Beste gewesen, um ihn zu schnappen. Aber Michas WhatsApp-Flucht ist nur ein Bildungsprojekt der Mauerstiftung. „Wir wollen so einen unkomplizierten und innovativen Zugang zu einem historischen Thema möglich machen, das gerade für viele junge Leute erstmal weit weg erscheint“, sagt Susanne Muhle. Die Leiterin des Projekts Erinnerungsort Checkpoint Charlie will Jugendliche dort „abholen, wo sie sich täglich mehrmals bewegen: in den Messenger-Diensten“. Der biografische Ansatz würde Brücken ins Heute schlagen. „Mit dem Projekt erproben wir eine neue Art, Geschichten von Zeitzeugen und Zeitzeuginnen in der Vermittlungsarbeit einzusetzen“, sagt Muhle.

Bisher folgen über 2600 Leute Michas Nachrichten. Man kann sich immer noch anmelden und die Flucht verfolgen. Wer später eingestiegen ist, kann auch alle Chats nachlesen. Alle Nachrichten, die per Messenger verschickt wurden, können sortiert und nach Datum gefiltert werden. Am letzten Wochenende im Oktober lädt die Stiftung Berliner Mauer zu Führungen am Checkpoint Charlie ein. Dort kann man auch den echten Michael Synowzik beim öffentlichen Zeitzeugengespräch kennenlernen, wenn er über seine Flucht im Oktober 1961 zusammen mit seinem Vater und dessen Lebensgefährtin durch die Kanalisation berichtet.

Alles zum Projekt findet sich im Internet unter https://www.stiftung-berliner-mauer.de/de/checkpoint-charlie/nachricht-von-micha.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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