Von der Bezirkspolitik in die Senatskanzlei
Ana-Maria Trăsnea aus Köpenick ist jetzt Staatssekretärin
Bis Ende Dezember war Ana-Maria Trăsnea für die SPD in der Bezirksverordnetenversammlung aktiv. Als Vorsitzende ihrer Fraktion handelte sie dort sogar noch die rot-rot-grüne Kooperationsvereinbarung aus. Doch statt weitere fünf Jahre in der Kommunalpolitik zu verbringen, kam plötzlich alles ganz anders.
Seit dem 23. Dezember ist die erst 27-Jährige Bevollmächtigte des Landes Berlin beim Bund und Staatssekretärin für Engagement-, Demokratieförderung und Internationales. Von der Bezirkspolitik direkt in die Senatskanzlei, das ist ein beachtlicher Karrieresprung für die gebürtige Rumänin. Nur einen Tag habe sie zum Nachdenken gehabt. „Es war eine sehr große Ehre, als Franziska Giffey mich gefragt hat“, erzählt sie. Kennengelernt hätten sie sich 2018. Bei der neuen Regierenden Bürgermeisterin hatte sich Ana-Maria Trăsnea damals erfolgreich für ein Praktikum beworben. Anschließend arbeitete sie als studentische Hilfskraft im Leitungsstab des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Die beiden aufstrebenden SPD-Politikerinnen lernten sich schätzen und unterstützen sich seitdem. Als Bundestagskandidatin für Treptow-Köpenick hatte Trăsnea mehrere gemeinsame Wahlkampfauftritte mit Franziska Giffey und sogar ein Zukunftsgespräch mit ihr und dem später zum Kanzler gewählten Olaf Scholz am Haus Zenner im Treptower Park.
„Ich bin nicht in die Partei eingetreten, um eine Politikkarriere zu machen. Ich wäre aber auch nicht in die Politik gegangen, wenn ich keine Lust hätte zu gestalten“, betont die Sozialdemokratin. Deshalb habe sie gern diese Chance ergriffen. Ihr Mandat in der BVV Treptow-Köpenick, der sie seit 2016 angehörte, legte sie dafür nieder. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge sei sie dort verabschiedet worden. Einerseits würden sie ihre Parteikollegen aus dem Bezirk vermissen. Andererseits hätten sie sich aber auch sehr gefreut, dass mit ihr eine echte Treptow-Köpenickerin jetzt im Roten Rathaus Politik macht und die Interessen des Landes Berlin vertritt. „Man darf nicht vergessen, wo man herkommt“, sagt Berlins jüngste Staatssekretärin, die ihrem Heimatbezirk auch in ihrem neuen Amt fest verbunden bleiben wird.
Leicht hatte es Ana-Maria Trăsnea auf dem Weg in die Landesregierung nicht. 2007 kam sie im Alter von 13 Jahren aus Rumänien nach Deutschland. Gemeinsam mit ihrer Schwester zog sie zu ihrer alleinerziehenden Mutter nach Berlin, direkt ins beschauliche Köpenick. Vor allem wegen der schönen Natur in unmittelbarer Nähe gefällt es ihr dort. Gern geht sie am Müggelsee spazieren. Auch heute wohnt sie noch in der Gegend. Die deutsche Sprache zu lernen, war eine große Herausforderung. Vor ihrem Umzug bekam sie vier Monate privaten Deutschunterricht, doch in der Schule fiel es ihr anfangs trotzdem ziemlich schwer mitzukommen. „Das war ein echter Cut. In Rumänien hatte ich einen Notenschnitt von 1,1. Hier habe ich auf einmal nur noch Dreien und Vieren geschrieben“, erinnert sie sich. Ein Wörterbuch Deutsch-Rumänisch hatte sie immer griffbereit. Die Lehrkräfte seien jedoch tolerant gewesen und hätten sie unterstützt. Bei den Mitschülern habe das allerdings anders ausgesehen. „Ich war das einzige ausländische Kind in der Klasse.“ Sie habe einige Diskriminierungen, Mobbingversuche und Hänseleien erlebt, sich in ihrem Jahrgang nicht gut aufgehoben gefühlt.
Dennoch habe sie sich schon damals engagiert, unter anderem im Netzwerk „Schule gegen Rassismus“. „Ich habe trotz allem versucht, fair zu sein. Man kann nicht Respekt verlangen, ohne Respekt zu zollen.“ 2013 machte Ana-Maria Trăsnea am Emmy-Noether-Gymnasium schließlich ihr Abitur – mit 1,5. Manche hätten sie später um Entschuldigung für ihr Verhalten ihr gegenüber gebeten. Nach der Schulzeit studierte sie von 2013 bis 2018 Kulturwissenschaften an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder), absolvierte anschließend bis 2021 dort auch noch einen Master in European Studies. Parallel dazu arbeitete sie von 2020 bis 2021 als persönliche Referentin der damaligen Staatssekretärin für Jugend und Familie, Sigrid Klebba, und engagierte sich seit Jahren in der Kommunalpolitik.
Jetzt also der nächste Schritt. In den kommenden fünf Jahren will sie unter anderem daran arbeiten, das ehrenamtliche Engagement in Berlin zu stärken und unterschiedliche Perspektiven zusammenzubringen. „Wenn ich alleinerziehend bin oder zwei Jobs brauche, weil ich wenig verdiene, dann ist es schwer, Zeit für ein Ehrenamt zu finden“, gibt sie zu bedenken. Außerdem will sie in der internationalen Städtediplomatie daran mitwirken, dass Berlin und andere Metropolen die globalen Herausforderungen und Zukunftsfragen zu grünen und nachhaltigen Städten, Mobilität, Wirtschaft und künstlicher Intelligenz gemeinsam anpacken.
Zeit für Hobbys bleibt ihr bei den vielen langen Arbeitstagen kaum. Dennoch hat sich Ana-Maria Trăsnea, die früher fünf Jahre lang Theater gespielt hat, vorgenommen, irgendwann Tanztheater auszuprobieren. Außerdem möchte sie mit ihrer Schwester gern wieder häufiger zum Kickboxen. Dabei kann auch sie einmal komplett abschalten.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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