„Die Bezirke brauchen mehr Einfluss“
Interview mit Bürgermeister Helmut Kleebank über große Verwaltungsreform

Helmut Kleebank: „Die Stadträte sollten nicht vor allem ein Parteibuch haben“.   | Foto: Ulrike Kiefert
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Das Modernisierungspaket für Berlins Verwaltung soll bald öffentlich diskutiert werden. Wie sich damit das Bezirksamt verändert, und was die Reform den Spandauern bringt, darüber sprach Bürgermeister Helmut Kleebank (SPD) mit Reporterin Ulrike Kiefert.

Wie weit ist das Reformpaket des rot-rot-grünen Senats?

Helmut Kleebank: Die Stellungnahmen aus dem Rat der Bezirksbürgermeister zum Abschlussbericht der Expertenkommission liegen seit Oktober vor. Bis jetzt haben Senat und Bezirke an einer abschließenden Fassung gearbeitet, die am 20. November auf einer gemeinsamen Sitzung vorgestellt wurde. Was nun folgen wird, ist eine mehrmonatige öffentliche Diskussion über das Reformpaket zur Verwaltungsmodernisierung. Was ist wie und bis wann umsetzbar, wie hoch sind die Kosten? Wenn das feststeht, werden Senat und Bezirke im kommenden Mai einen Verwaltungspakt abschließen, der so schnell wie möglich umgesetzt wird.

Was sind die zentralen Punkte der Reform?

Kleebank: Die Berliner Verwaltung soll moderner, schneller und besser werden. Dafür müssen die Strukturen in den Bezirksämtern geändert werden. Der Bürger merkt ja täglich, dass er auf manche Dienstleistung lange warten muss oder etwas nicht so klappt, wie er es sich vorgestellt hat. Eine moderne Verwaltung sollte sich aber mehr an den Bedürfnissen der Menschen orientieren. Dafür muss sie teilweise neu organisiert und besser gesteuert werden – auch politisch.

Haben Sie deshalb die Debatte über das „politische Bezirksamt“ neu belebt?

Kleebank: Das politische Bezirksamt ist eine wichtiges Anliegen, das ich seit Jahren vertrete, aber nicht Teil der gegenwärtigen Debatte um ein besseres Funktionieren der Verwaltung. Konkret geht es um die Frage, ob nicht nur die Bürgermeister, sondern auch die Stadträte von den politischen Mehrheiten in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) gewählt werden. Bislang werden die Bezirksämter nach Parteienproporz besetzt, also entsprechend dem Wahlergebnis der einzelnen Parteien. Das hat in den Bezirksämtern zu vielfarbigen „Zwangsgemeinschaften“ geführt, in der jeder Stadtrat nach Parteibuch seine eigenen politischen Ziele verfolgt. Die Bezirke sollten aber besser nach politischen Mehrheiten regiert werden. Das schafft klare Strukturen, mehr Kontrolle und Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger.

Künftig sollen die Stadträte für ihren Job nachweislich geeignet sein. War das nicht längst nötig?

Kleebank: Die Kommission aus Verwaltungswissenschaftlern hat das jedenfalls klar gefordert. Stadträte sollten nicht vor allem ein Parteibuch haben, sondern eine fachliche Eignung nachweisen. Meiner Meinung nach muss ein studierter Mediziner nicht unbedingt ein guter Gesundheitsstadtrat sein, oder ein Architekt der bessere Baustadtrat. Stadträte brauchen vor allem Führungs- und Leitungserfahrung und ein Grundverständnis für Verwaltungsarbeit. Das setzt natürlich gewisse intellektuelle Fähigkeiten und Persönlichkeit voraus. Das gilt auch für den Bürgermeister, in besonderer Weise sogar.

Die Bürgermeister sollen mit der Reform mehr Macht bekommen?

Kleebank: Macht ist der falsche Begriff. Die zwölf Bürgermeister sollen eine Art Richtlinienkompetenz erhalten. Wie das genau aussehen kann, wird in den kommenden Monaten diskutiert. Bislang sind die Bürgermeister nicht weisungsbefugt. Der Rathauschef sollte aber die große Linie vorgeben, das erwarten auch die Bürger. Die Reform erleichtert außerdem die Abwahl inkompetenter Stadträte. Und damit die stark gestiegenen Aufgaben in einer wachsenden Stadt gut bewältigt werden können, habe ich im Rat der Bürgermeister einen sechsten Stadtratsposten vorgeschlagen.

Wo ist der Handlungsdruck noch hoch für eine bessere Verwaltung?

Kleebank: Die Bezirke brauchen deutlich mehr Kompetenzen und mehr Einfluss. Dazu müssen vor allem die Zuständigkeiten zwischen Senat und Bezirken sauber getrennt werden. Die Kommission fordert hier verbindliche Zielvereinbarungen, damit sich Senat und Bezirke bei ungelösten Problemen nicht mehr gegenseitig die Verantwortung zuschieben. Das hemmt schnelle Entscheidungen, gerade bei großen Bauvorhaben wie der Insel Gartenfeld, wo der Senat mit einem Verkehrskonzept auf sich warten lässt. Damit die Zusammenarbeit zwischen den Bezirken und mit dem Senat besser und schneller funktioniert, habe ich wiederholt eine einheitliche Struktur der Geschäftsbereiche im Bezirksamt vorgeschlagen. Der Baustadtrat in Spandau sollte die gleichen Geschäftsbereiche haben wie sein Kollege in Marzahn-Hellersdorf. Das macht das Bezirksamt nicht nur für den Bürger überschaubarer, sondern erleichtert auch die Zusammenarbeit mit der jeweiligen Senatsverwaltung in den Fachgremien.

Wie wird die Reform für die Spandauer greifbar?

Kleebank: Über das Serviceversprechen einer leistungsstärkeren und schnelleren Verwaltung, die ihre Ergebnisse transparent und vergleichbar macht. Dazu werden auf meinen Vorschlag hin Kriterien entwickelt, mit denen sich Qualität und Schnelligkeit der Verwaltung messen lassen. Zum Beispiel wird dann festgelegt wie lange die Bearbeitung von Sterbeurkunden oder Elterngeldanträgen dauern darf, und wie die Realität dazu aussieht. Das Ganze nennt sich dann „Outputorientierung“. Mit der Umsetzung des E-Government-Gesetzes schreitet endlich auch die Digitalisierung voran. So sollen stark nachgefragte Dienstleistungen ab 2021 online verfügbar sein. Das spart den Gang ins Bezirksamt. Eine Idee könnte auch sein, Verwaltungsmitarbeiter in große Autohäuser zu setzen, damit es mit den Fahrzeug-Zulassungen schneller geht, oder die Aufgabe der KfZ-Zulassung wieder zu dezentralisieren.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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