Ein Traum vom hölzernen Rund
Globe Theater spielt "Der Sturm"
Das Globe Ensemble Berlin spielt seit über einem Jahr im Provisorium. Der runde Theaterbau liegt noch in Einzelteilen zerlegt auf der Mierendorff-Insel. Geschauspielert wird trotzdem. Gerade läuft Shakespeares Zauberkomödie „Der Sturm“ – neu inszeniert.
Der Visionär trägt sein Credo auf dem T-Shirt: „Ein Leben ohne Theater ist möglich, aber sinnlos.“ Also macht Christian Leonard Theater. Nicht irgendeins. Es ist Theater nach Shakespeare’schem Vorbild. Und das hat Geschichte. Als 1597 der Londoner Grundstücksbesitzer Giles Allen die Miete für den Standort, wo Shakespeare mit seinen „Chamberlain’s Men“ das „The Curtain“ bespielte, drastisch erhöhte und damit drohte, das hölzerne Baumaterial zu verkaufen, sah sich die Schauspieltruppe gezwungen zu reagieren. In einer Winternacht zerlegten sie das Theater in seine Einzelteile, trugen es über die Themse, bauten es auf der anderen Seite wieder auf und nannten es „The Globe“. Der unfreiwillige Umzug geschah damals teils unter Waffengewalt. „Das haben wir heute aber nicht mit Ihnen vor“, beruhigt Theaterleiter Leonard die Zuschauer. Die sind zur zweiten Hauptprobe von Shakespeares „Der Sturm“ gekommen, der bis zum 11. September auf dem Spielplan steht.
Theater auf ehemaligem Parkplatz
Gezeigt wird das Stück open air. Der Clou: Die sieben Schauspieler spielen ums Publikum herum. Das Prinzip des Globe Theaters ist gewissermaßen auf links gezogen. Denn die ringförmige Freilichtbühne, die auf dem alten Parkplatz an der Sömmeringstraße unweit der Spree auf der Mierendorff-Insel steht, ist nur ein Provisorium. Es besetzt den Platz, bis das neue Theater errichtet wird: ein hölzernes Rundtheater wie zu Shakespeares Zeiten – das Globe Theatre Berlin.
Puzzle aus 5000 Einzelteilen
Damit dieser Traum wahr wird, hat Christian Leonard das ehemalige Schwäbisch Haller Globe 2019 gekauft. Das liegt zerlegt in 5000 Einzelteilen bereits auf der Mierendorff-Insel. Davor lagerte es in Mariendorf zwischen. Bühnenbildner Thomas Lorenz-Herting baut es mit seinem Team gerade wieder auf.
„Das wird eine Punktlandung, wie immer“
Unterdessen hat Christian Leonard das Publikum begrüßt, die Probe beginnt. Im Zuschauerrund, wegen Corona dürfen es nur 100 sein, sitzt auch Regisseur Jens Schmidl. Christian Leonard bleibt entspannt. „Das wird eine Punktlandung, wie immer.“ Bei der Premiere ist er trotzdem nicht dabei. Während es vorn auf der Bühne „sturmt“ und sich alle an die Gurgel oder unter den Rock wollen, zieht sich Leonard lieber mit einem 14 Jahre alten Single-Malt-Whisky dezent zurück. Das macht er bei Premieren immer so. „Ich fiebere viel zu sehr mit, das würde das Publikum nur stören.“
Noch ein weiter Weg durch die Instanzen
Seine Vision von einem Globe Berlin mit dann über 600 Sitzplätzen hatte der Schauspieler, Regisseur, Theaterleiter und Shakespeare-Übersetzer Christian Leonard schon 1999 verkündet. Überall hatte er auf der Suche nach einem geeigneten Platz hingeschrieben. Berlins damals Regierender Klaus Wowereit wollte das Globe Theater zunächst an die East Side Gallery holen, doch Pläne zerschlugen sich wegen fehlender Sponsoren. Dann aber sagte Charlottenburg-Wilmersdorf zu – als einziger Bezirk. Seit 2018 durchläuft das Bauvorhaben ein dreistufiges Genehmigungsverfahren zur B-Planänderung. Im Mai dieses Jahres hat der Senat der Umwidmung des Grundstücks an der Sömmeringstraße 15 für kulturelle Zwecke zugestimmt. Nach der Sommerpause muss jetzt noch das Abgeordnetenhaus sein Okay geben, danach wird der Bauantrag gestellt, damit die Lottomittel fließen. Wann haben die Berliner dann endlich ihr Globe Theatre nach Shakespeare’schem Vorbild? Christian Leonard: „Wenn es nach mir geht, ist im Juni 2021 Eröffnung.“
„Der Sturm“ ist die erste Eigenproduktion des Globe Ensembles Berlin in diesem Jahr. Nächste Vorstellung ist am 30. Juli um 19.30 Uhr. Tickets ab 15 Euro können unter www.globe.berlin reserviert werden. Dort finden sich alle weiteren Termine der zweiten Prolog-Saison des Theaters.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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